Rechtskraft nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung. Verpflichtung zum vorläufigen Tätigwerden. Örtliche Zuständigkeit. Personensorge. Freiwillige Hilfeleistung. Erstattung von Jugendhilfekosten
Leitsatz (amtlich)
Haben die Eltern eines jugendhilfebedürftigen Kindes verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Jugendhilfeträger für die Hilfegewährung zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies gilt auch dann, wenn diesem durch familiengerichtliche Entscheidung wesentliche Teile der Personensorge entzogen sind. Auf den Umfang der bei dem personensorgeberechtigten Elternteil verbleibenden Befugnisse des § 1631 Abs. 1 BGB kommt es nicht an.
Normenkette
SGB VIII § 7 Abs. 1 Nr. 5, §§ 27, 30, 36 Abs. 2, §§ 41, 86 Abs. 2, § 86a Abs. 4, §§ 86d, 89c Abs. 1, § 89f Abs. 1
Verfahrensgang
VG Karlsruhe (Urteil vom 03.02.2003; Aktenzeichen 5 K 2173/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 03. Februar 2003 – 5 K 2173/00 – geändert, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Erstattung von ihr aufgewendeter Jugendhilfekosten für eine am 24.09.1981 geborene Jugendliche bzw. junge Volljährige in der Zeit vom 11.09.1999 bis zum 16.09.2000.
Auf Antrag der damals allein sorgeberechtigten, in Hamburg wohnhaften Mutter der Jugendlichen vom 23.10.1998 bewilligte die Klägerin dieser mit Bescheid vom 02.11.1998 nach §§ 27, 30 SGB VIII Hilfe zur Erziehung in Form von Aufnahme der Jugendlichen in eine Krisenwohnung. Nach Einstellung dieser Hilfe wurde mit weiterem Bescheid vom 22.12.1998 der Mutter der Jugendlichen Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII in Form von Heimerziehung, sonstiger betreuter Wohnform bewilligt. Die Jugendliche wurde ab dem 21.12.1998 in das Kinderheim xxxxxxxxxxxxx in Hamburg aufgenommen.
Mit Schreiben vom 14.01.1999 nahm die Mutter der Jugendlichen den Antrag auf Erziehungshilfe zurück. Unter dem 18./19.01.1999 beantragten die Jugendliche und die Klägerin beim Amtsgericht Hamburg-Bergedorf – Familiengericht –, der Mutter im Rahmen eines Verfahrens nach § 1666 BGB die elterliche Sorge zu entziehen und das Jugendamt Hamburg-Bergedorf zum Vormund zu bestellen. Im Rahmen dieses Verfahrens (Az.: – 415b F 3/99 –) beschloss das Amtsgericht am 20.01.1999, das Aufenthaltsbestimmungs- und Erziehungsrecht sowie die Gesundheitsfürsorge vorläufig dem Bezirksamt Hamburg-Bergedorf – Jugendamt – als Pfleger zu übertragen. In der nichtöffentlichen Sitzung des Amtsgerichts vom 17.02.1999 wurde in allseitigem Einvernehmen beschlossen, dass das Verfahren ruhen solle, bis die Jugendliche volljährig werde. Wegen einer schweren Neurodermitis wurde die Jugendliche vom 10.02.1999 bis zum 18.02.1999 im Krankenhaus xxxxxxxxx stationär behandelt. Ab dem 18.02.1999 war sie wegen einer emotionalen Entwicklungsstörung mit Angst- und Panikattacken und mit psychosomatischen Begleiterscheinungen (Neurodermitis, Heuschnupfen) in dem Katholischen Kinderkrankenhaus xxxxxxxxxxx – Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters – in Hamburg in stationärer kinder- und jugendpsychiatrischer Behandlung. Die Wochenenden verbrachte die Jugendlich zunächst noch im Kinderheim xxxxxxxxxxxx. Zum 01.03.1999 verzog die Mutter der Jugendlichen nach Ettlingen im Landkreis Karlsruhe.
Auf Anfrage der Klägerin vom 14.04.1999 teilte der Beklagte mit Schreiben vom 16.06.1999 mit, dass die Fallübernahme geprüft werde und bat, nach § 86c SGB VIII die erforderliche Jugendhilfeleistung weiterzugewähren und vor Ort die erforderlichen Entscheidungen zu treffen bzw. im Rahmen der Amtshilfe tätig zu werden. Nachdem die Jugendliche zum 20.06.1999 aus dem Kinderheim xxxxxxxxxxxxx entlassen worden war und sich auch an den Wochenenden im xxxxxxxxxxxx aufhielt, stellte die Klägerin mit dem Amtspfleger mitgeteilter Verfügung vom 23.06.1999 die Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII ab dem 20.06.1999 ein. Hiervon wurde auch die Mutter der Jugendlichen mit Schreiben vom 09.07.1999 unterrichtet. Ebenso wurde dies dem Beklagten mit Schreiben vom 13.07.1999 mitgeteilt und ferner, dass sich die Jugendliche weiterhin im Kinderkrankenhaus xxxxxxxxxxxx zur stationären Behandlung befinde. Der Entlassungstermin sei noch nicht absehbar und eine erneute Heimplatzsuche zum jetzigen Zeitpunkt daher nicht sinnvoll. Um schnellstmögliche Übernahme des Falles werde nochmals gebeten. Mit weiterem Schreiben vom 27.07.1999 teilte die Klägerin dem Beklagten im Wesentlichen mit, dass zwischenzeitlich ein Fachgespräch stattgefunden habe. Die Jugendliche befinde sich weiterhin in stationärer Behandlung, ein Entlassungstermin sei nicht absehbar. Die Jugendlic...