Immer mehr Alleinstehende von Armut bedroht
Fast jeder dritte Alleinstehende in Deutschland ist von Armut bedroht. Nach den jüngsten Zahlen des europäischen Statistikamts Eurostat waren dies 2016 32,9 Prozent der Alleinstehenden. Zehn Jahre zuvor waren es nur 21,5 Prozent.
Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, die Betroffenen hätten es sich häufig nicht selbst ausgesucht, alleinstehend zu sein. «Das verpflichtet die Gemeinschaft, diesen Menschen strukturell zu helfen.»
Besonders Ältere mit kleinen Renten und Grundsicherung betroffen
Der Anteil der von Armut bedrohten Alleinstehenden nahm laut Eurostat bereits 2007 auf 27,3 Prozent zu und liegt seit 2011 bei über 30 Prozent. Experten gehen davon aus, dass insbesondere Ältere mit kleinen Renten oder Grundsicherung betroffen sind, Jüngere auf dem Weg von einer Ausbildung ins Berufsleben und Niedrigverdiener.
Wer gilt als von Armut bedroht?
Als von Armut bedroht gilt, wer bei unter 60 Prozent des mittleren Einkommens liegt, 2016 waren dies 1.063,75 Euro pro Monat. Alleinstehende mit einer Beschäftigung waren laut Eurostat zu 17 Prozent armutsgefährdet. Zehn Jahre zuvor waren es nur 10,1 Prozent.
Zahl der Alleinstehenden steigt
Auch die Gesamtzahl der Alleinstehenden ist in den vergangenen Jahren in Deutschland mit leichten Schwankungen angestiegen und überschritt 2015 die Marke von 16 Millionen. 2016 waren es 16,43 Millionen alleinstehende Erwachsene ohne Kinder. In mehr als zwei von fünf Haushalten leben Alleinstehende (40,8 Prozent). EU-weit sind nur 32,5 Prozent der privaten Haushalte Alleinstehenden-Haushalte. Auch der Anteil der Armutsgefährdung liegt bei ihnen EU-weit unter dem deutschen Wert, nämlich bei 25,6 Prozent.
Politische Forderungen gegen Armut
Die Linken-Abgeordnete Sabine Zimmermann, die die Eurostat-Zahlen ausgewertet hat, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Armut breitet sich zunehmend in Deutschland aus. Sie ist da und kann sich nicht verstecken.» Im EU-Vergleich habe Deutschland einen ausgeprägten Niedriglohnsektor. «Eine neue Bundesregierung muss hier einen Schwerpunkt setzen», so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Sie forderte unter anderem eine Erhöhung des Mindestlohn auf zwölf Euro, ein Verbot von Leiharbeit und von sachgrundlosen Befristungen.
Soziale Notlage geht oft mit zunehmender Vereinsamung einher
Diakonie-Präsident Lilie machte darüber hinaus darauf aufmerksam, dass viele alleinerziehende Frauen Probleme hätten, mit ihrem Einkommen zurechtzukommen. Alleinerziehende, die zum Beispiel Unterhaltsansprüche nicht durchsetzen könnten und kein Netz von Verwandten hätten, gerieten rasch in eine Abwärtsspirale. «Viele müssen quasi rund um die Uhr arbeiten und sich um die Kinder kümmern», sagte Lilie. «Soziales Leben findet dann kaum noch statt.» Eine soziale Notlage gehe so oft mit zunehmender Vereinsamung einher.
Lilie begrüßte, dass sich Union und SPD im Entwurf ihres Koalitionsvertrags zum Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Deutschland bekannt hätten. «Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.» So seien Kitas heute in vielen Städten mit angespannter Haushaltslage nicht beitragsfrei, während wohlhabende Kommunen beitragsfreie Kitas anböten. Die Politik sei gefordert, beitragsfreie Kitas zu schaffen und Ganztagsbetreuung auch für Schüler auszubauen.
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