Wann müssen Kommunen für Schulbegleiter behinderter Kinder zahlen?
Ein Schulbegleiter für ein behindertes Kind auf einer Regelschule muss von der Kommune bezahlt werden, wenn seine Aufgaben nicht den Kern der pädagogischen Arbeit der Schule berühren. Wenn der Kernbereich betroffen sei, gebe es keinen Anspruch an den Sozialhilfeträger, stellte das Bundessozialgericht (BSG) am 9. Dezember 2016 in Kassel klar (Az: B 8 SO 8/15 R).
Unterstützende Leistungen oder Kernbereich der Schulbildung
Die Sozialhilfe übernehme nur unterstützende Leistungen - jene, wenn ein geistig behindertes Kind «die für das Kind individuell und auf seine Fähigkeiten und Fertigkeiten abgestimmten Lerninhalte ohne zusätzliche Unterstützung nicht verarbeiten und umsetzen kann». Denn dabei handele es sich nicht um den Kernbereich allgemeiner Schuldbildung, für den allein die Schulbehörden aufkommen müssen.
Bundessozialgericht verweist an Landessozialgericht
Den vorliegenden Fall verwies das BSG zurück an das Landessozialgericht Baden-Württemberg, weil dem 8. Senat Feststellungen zum Umfang der Hilfestellungen und Vergütung der Schulbegleiter fehlten. Diese muss das LSG nun treffen und neu entscheiden.
Paradebeispiel für unterstützende Leistungen
In dem Fall geht es um ein 2002 mit Down-Syndrom geborenes Mädchen. Die heute 14-Jährige wurde im Schuljahr 2012/2013 mit Billigung des zuständigen Schulamtes in der ersten Grundschulklasse gemeinsam mit nicht behinderten Kindern unterrichtet. Mittlerweile geht sie auf eine Realschule. Weil das Mädchen aufgrund seiner Behinderung an einer Sprach-, einer motorischen Entwicklungs- und einer Kommunikationsstörung sowie einer Schwäche der Feinmotorik leidet, unterstützte sie für 23 Schulstunden pro Woche ein sogenannter Schulbegleiter.
Der Landkreis Tübingen lehnte die Übernahme der Kosten von 18.200 Euro für das Schuljahr ab. Seiner Ansicht nach handelte es sich bei der Schulbegleitung um eine pädagogische Kernaufgabe der Schule. Demnach sei das Land verpflichtet, die Kosten für den Schulbegleiter zu übernehmen. Der Vorsitzende Richter des BSG sagte allerdings in der Urteilsbegründung, es handele sich im Fall des Mädchens um ein «Paradebeispiel für unterstützende Leistungen».
Verantwortung für Menschen mit Behinderung im Schulbereich
Die Mutter der 14 Jahre alten Klägerin zeigte sich nach dem Urteil unzufrieden, weil sie sich ein eindeutiges Signal und keine erneute Verhandlung vor dem LSG erhofft hatte. «Und ich hätte mir gewünscht, dass die Verantwortung für Menschen mit Behinderungen im Schulbereich deutlich hervorgehoben wird.» Ihr zufolge hatten viele Familien auf eine Entscheidung des BSG gewartet. Wie viele Schulbegleiter es in Deutschland gibt, ist dem Sozialverband vdk zufolge nicht bekannt.
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