Auslegungsfragen zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG

Die Finanzverwaltung wendet sich weiterhin gegen eine nicht streiterhebliche Aussage des BFH zur gewerblichen Infektion (Abfärbetheorie) gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.

BFH-Rechtsprechung Teil I

Der BFH hatte im Urteil v. 12.10.2016, I R 92/12, entschieden, dass negative Einkünfte eines Organträgers i. S. d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG nur dann vorliegen, wenn bei dem Organträger nach der Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft ein Verlust verbleibt. Daraufhin hatte das BMF mit einem Nichtanwendungserlass reagiert (BMF, Schreiben v. 14.1.2022). Zwischenzeitlich hat der Gesetzgeber die betreffende Regelung aufgehoben (Wachstumschancengesetz v. 27.3.2024, vgl. News). Damit entfällt seither auch die verwaltungsseitige Anweisung zur Nichtanwendung des BFH-Urteils.

BFH-Rechtsprechung Teil II

Doch im Urteil v. 12.10.2016, I R 92/12 hatte der BFH – wenn auch nicht streiterheblich – ferner die Auffassung geäußert, dass eine gewerbliche Infektion i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nach dem Wortlaut neben den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Einkünfte einer anderen Einkunftsart voraussetzt. Auch zu diesem Teilaspekt hatte das BMF mit einem Nichtanwendungserlass reagiert (BMF, Schreiben v. 14.1.2022).

Fortgeltende Nichtanwendung

Und dieser zweite Teil des Nichtanwendungserlasses soll auch weiterhin fortbestehen. Dies wurde durch ein – insoweit wiederholendes – neues BMF-Schreiben klargestellt. Demnach ist nach Auffassung der Finanzverwaltung auch dann von einer gewerblichen Infektion auszugehen, wenn die Geschäftstätigkeit einer Personengesellschaft ausschließlich in dem Halten der Anteile an einer anderen Personengesellschaft besteht und die Personengesellschaft über kein weiteres Vermögen verfügt, aus dem Einkünfte erzielt werden könnten.

Hinweis: Das BMF-Schreiben v. 14.1.2022 wird durch das aktuelle BMF-Schreiben v. 10.12.2024 ersetzt.

BMF, Schreiben v. 10.12.2024, IV C 6 - S 2241/21/10004 :001