Änderungen des Gesellschafterbestands bei grundstücksbesitzenden Personengesellschaften
Der Grunderwerbsteuer unterliegen die in § 1 Abs. 1 bis 3 GrEStG als „Erwerbsvorgänge“ bezeichneten Rechtsvorgänge, die eine Änderung der Zuordnung inländischer Grundstücke vom Veräußerer auf den Erwerber herbeiführen. Diese Rechtsvorgänge sind überwiegend solche des bürgerlichen Rechts und sind regelmäßig auf den Erwerb eines bisher einem anderen gehörenden Grundstücks gerichtet. Ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang setzt daher verschiedene Rechtsträger voraus, zwischen denen der Grundstückswechsel stattfindet.
Besteuerung fiktiver Erwerbsvorgänge
Bei Grundstücken, die zum Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft gehören, ist Rechtsträger die Personengesellschaft. Veränderungen im Gesellschafterbestand erfüllen daher mangels Rechtsträgerwechsel grundsätzlich keinen Erwerbstatbestand. Zur Vermeidung aus seiner Sicht missbräuchlichen Gestaltungen fingiert der Gesetzgeber in § 1 Abs. 2a GrEStG einen grunderwerbsteuerlichen Erwerb. Es handelt sich um Fälle, in denen zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück gehört und der Gesellschafterbestand sich innerhalb von 5 Jahren unmittelbar oder mittelbar ändert. Gehen mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter über, wird ein auf die Übertragung dieses Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft fingiert.
Der Gesellschafterbestand ändert sich unmittelbar, wenn
- ein Mitgliedsrecht einschließlich der anteiligen sachenrechtlichen Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht – derivativer Erwerb oder
- ein neuer Gesellschafter bei gleichzeitiger Kapitalerhöhung beitritt (originärer Erwerb). Dabei muss der Beitritt entsprechend einem vorgefassten Plan erfolgen.
Beispiele Derivativer Erwerb A und B sind zu gleichen Anteilen Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), zu deren Gesellschaftsvermögen das inländische Grundstück G gehört. A veräußert seinen Gesellschaftsanteil mit Wirkung vom 30.6.2013 an Y, B mit Wirkung vom 1.1.2014 an Z. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG sind mit der Anteilsübertragung von B auf Z erfüllt, weil mindestens 95 % der Anteile innerhalb von 5 Jahren übergehen. Es wird daher ein grunderwerbsteuerlicher Erwerb des Grundstücks G durch eine neue GbR fingiert. Originärer Erwerb A und B gründen mit einer Beteiligung von je 5.000 EUR eine GbR. Entsprechend einem vorgefassten Plan erwirbt die GbR ein Grundstück, auf dem ein Bürogebäude für 4 Mio. EUR errichtet werden soll. Anschließend beteiligt sich zunächst Z mit 190.000 EUR. Zwar ist hier das grunderwerbsteuerlich erhebliche Beteiligungsverhältnis von 95 % bereits erfüllt. Da sich der vorgefasste Plan jedoch auf ein Gesamtinvestitionsvolumen von 4 Mio. EUR bezieht, ist im Verhältnis dazu das grunderwerbsteuerlich erhebliche Quantum von 95 % (noch) nicht erreicht. Anschließend treten der Gesellschaft weitere Gesellschafter bei, bis die erforderliche Kapitalerhöhung auf insgesamt 4 Mio. EUR vollzogen ist. Der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG ist jetzt mit Vollzug der dem vorgefassten Plan entsprechenden Kapitalerhöhung i. H. v. 95 %, bezogen auf 4 Mio. EUR verwirklicht, zu der auch der Kapitalbeitrag des Z gehört. Die Steuer ist allerdings nach § 6 Abs. 3 GrEStG i. H. v. 0,25 % (10.000 EUR : 4 Mio. EUR) nicht zu erheben. |
Nichterhebung der Steuer bei Übergang von einer Gesamthand
Nach § 6 GrEStG wird beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand die Steuer nicht erhoben, soweit Anteile der Gesellschafter am Vermögen der erwerbenden Gesamthand den jeweiligen Anteilen dieser Gesellschafter am Vermögen der übertragenden Gesamthand entsprechen. Die Vorschrift ist auf alle steuerbaren Erwerbsvorgänge des § 1 GrEStG anwendbar, auch auf den fiktiven Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a GrEStG. Hieraus folgt, dass die Steuer in den Fällen des fiktiven Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 2a GrEStG nach Maßgabe des § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG nicht erhoben wird, soweit die Gesellschafter der – fiktiv – übertragenden Personengesellschaft an der – fiktiv – aufnehmenden Personengesellschaft beteiligt bleiben.
(Weitere) Regelungen des Erlasses
Neben der Beantwortung allgemeiner Fragen nimmt die Finanzverwaltung insbesondere dazu Stellung, welche Gesellschafter als Altgesellschafter und welche als Neugesellschafter anzusehen sind. Sie stellt in diesem Zusammenhang klar, dass § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG keine Änderungen der Beteiligung der Altgesellschafter im Verhältnis zueinander erfasst.
Des Weiteren zeigt der Erlass – auch anhand zahlreicher Beispiele – auf, wie die 95 %-Grenze zu ermitteln ist. Während bei mittelbaren Beteiligungen der Gesellschafter von Personengesellschaften an einer grundbesitzverwaltenden Personengesellschaft stets auf die jeweiligen Beteiligungsverhältnisse abzustellen und dementsprechend durchzurechnen ist, ist bei Beteiligungen von Kapitalgesellschaften nur auf das erforderliche Quantum von 95 % der Anteile an dieser abzustellen. Gehen bei einer Kapitalgesellschaft mindestens 95 % der Anteile auf neue Anteilseigner über, so ist die Beteiligung der Kapitalgesellschaft in voller Höhe bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes i. S. d. § 1 Abs. 2a GrEStG zu berücksichtigen.
Beispiel Änderung der Beteiligungsverhältnisse bei GmbH & Co. KG Eine GmbH ist als persönlich haftende Gesellschafterin zu 20 % am Gesellschaftsvermögen einer grundbesitzverwaltenden GmbH & Co. KG beteiligt. Alle Kommanditisten übertragen ihre Anteile auf neu hinzutretende Kommanditisten. Außerdem werden 80 % der Anteile an der GmbH an diese neu hinzutretenden Kommanditisten veräußert. Die Übertragung der Kommanditanteile allein erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG. Der Wechsel im Gesellschafterbestand der GmbH ist nicht mit dem unmittelbaren Gesellschafterwechsel zusammenzurechnen, weil sich die Beteiligungsverhältnisse an der GmbH nicht zu mindestens 95 % geändert haben. Der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG ist somit nicht erfüllt. |
Darüber hinaus finden sich im Erlass Ausführungen zur Ermittlung des 5-Jahreszeitraums, wobei die 5-Jahresfrist für jedes Grundstück im Vermögen der Personengesellschaft selbstständig zu beurteilen ist. Zudem wird geregelt, wie in den Fällen zu verfahren ist, in denen die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes von einem Gesellschafter ein Grundstück erworben hat.
Von erheblicher praktischer Bedeutung ist ferner das Verhältnis des § 1 Abs. 2a GrEStG zu anderen Vorschriften (§ 1 Abs. 3, § 3, § 6 Abs. 3 und § 16 GrEStG). Hierzu enthält der Erlass entsprechende Weisungen an die Finanzämter.
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