Umsatzsteuerliche Fragen rund um ökologische Ausgleichsmaßnahmen im Fokus
Ökologische Ausgleichsmaßnahmen
Nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) müssen erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft vermieden werden. Sind diese Eingriffe unvermeidbar, muss der Verursacher zumindest für einen entsprechenden Ausgleich oder Ersatz sorgen (§§ 13, 15 Abs. 2 BNatSchG). Die OFD Karlsruhe hat mit Verfügung vom 13.08.2019 zu umsatzsteuerlichen Fragen rund um ökologische Ausgleichsmaßnahmen Stellung bezogen. Dabei unterscheidet sie zwischen den "reinen" Duldungsleistungen, Leistungen zur Anlage der Ausgleichsmaßnahme und Leistungen zur Pflege der Ausgleichsflächen. Die wichtigsten Aussagen nachfolgend im Überblick:
Ausgangspunkt: Blick in die BFH-Rechtsprechung
Der BFH hat entschieden, dass ein umsatzsteuerbarer und umsatzsteuerpflichtiger Vorgang anzunehmen ist, wenn ein Landwirt einer Stadt ein Grundstück zur Verfügung stellt, damit diese dort ihre naturschutzrechtlichen Verpflichtungen erfüllen kann, diese Überlassung dauerhaft und auf vertraglicher Grundlage gegen Entgelt erfolgt, sowie durch Eintragung einer Dienstbarkeit gesichert ist und der Landwirt gegen Entgelt eine bestimmte erstmalige Ausgleichsmaßnahme auf der Fläche herstellt (BFH Urteil vom 28.05.2013 - XI R 32/11). Dies gilt unabhängig davon, wie viele umsatzsteuerrechtliche Leistungen dieser Vorgang umfasst. Die vertragliche Verpflichtung, nutzungseinschränkende Ausgleichsmaßnahmen zu dulden, ist demnach auch dann eine entgeltliche Leistung, wenn die Zahlung als Entschädigung bezeichnet wird. Zur Auffächerung der einzelnen Leistungen nimmt die OFD wie folgt Stellung:
1. Die Duldungsleistung
Die OFD erklärt, dass die Duldung der Nutzungseinschränkungen umsatzsteuerlich eine sonstige Leistung begründet, die vom Leistungsempfänger nicht zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken eingesetzt wird. Der Umsatz kann nicht in die Durchschnittssatzbesteuerung einbezogen werden und unterliegt der Regelbesteuerung zu einem Steuersatz von 19 %. Die Umsatzsteuerbefreiungen für Vermietungen (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG) und für Einräumungen von Grunddienstbarkeiten (§ 4 Nr. 12 Buchst. c) UStG) sind nicht anwendbar, da keine Gebrauchsüberlassung vorliegt, sondern der wesentliche Inhalt der Leistung die dauerhafte Nutzungseinschränkung ist.
2. Leistungen zur Pflege der Ausgleichsmaßnahme
Für die Pflege der Ausgleichsflächen ist grundsätzlich der Eingriffsverursacher (z.B. die Stadt) verantwortlich, er kann diese Tätigkeit aber vertraglich auf den Land- und Forstwirt übertragen. Übernimmt letzterer die Arbeiten (z.B. jährliches Mähen einer Streuobstwiese, Obstbaum- und Heckenschnitt), sind diese Pflegearbeiten umsatzsteuerlich in der Regel als unselbstständige Nebenleistungen zur Duldungsleistung zu sehen und unterliegen daher ebenfalls der Regelbesteuerung.
Eine umsatzsteuerlich selbstständige Hauptleistung kann jedoch vorliegen, wenn die Pflegeleistung ein besonderes wirtschaftliches Gewicht hat, beispielsweise weil sie besonders aufwändig ist. In diesem Fall kann die Leistung jedoch ebenfalls nicht in die Durchschnittssatzbesteuerung einbezogen werden, weil der Leistungsempfänger sie nicht zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken bezieht, sondern zu dem Zweck, den Eingriff in Natur und Landschaft zu kompensieren.
Die Pflegeleistungen müssen selbst dann von der Durchschnittssatzbesteuerung ausgenommen werden, wenn der Land- und Forstwirt aus den Pflegeleistungen auf den Ausgleichsflächen neue Güter wie beispielsweise Gras oder Heu gewinnt, die er für eigene unternehmerische Zwecke nutzt. Entscheidend ist, dass die vertragliche Gegenleistung für die Pflege nicht für die gezogene (Eigen-)Nutzung gewährt wird, sondern zur Aufrechterhaltung der Kompensationsmaßnahme (BFH Urteil vom 08.02.2018 - V R 55/16).
3. Leistungen zur Anlage der Ausgleichsmaßnahme
Sofern der Land- und Forstwirt die Ausgleichsmaßnahme selbst herstellt und dazu selbst erzeugte oder zugekaufte Pflanzen anpflanzt, tätigt er hiermit eigenständige Hauptleistungen, die unabhängig von der Duldungsleistung erbracht werden. Die Lieferung der Pflanzen und das Einpflanzen sind keine einheitliche Leistung, sondern führen zu zwei getrennten Umsätzen:
- Pflanzenlieferung: Sofern vom Land- und Forstwirt selbst erzeugte Pflanzen geliefert werden, ist die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwendbar. Für die Lieferung von zugekauften Pflanzen sind die Regelbesteuerung und der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % anwendbar (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anlage 2 zur Vorschrift).
- Pflanzleistungen: Das Einpflanzen stellt keine landwirtschaftliche Dienstleistung dar und unterliegt nicht der Durchschnittssatzbesteuerung, sondern der Regelbesteuerung mit einem Steuersatz von 19 %.
4. Verkauf von Ökopunkten
Das sog. Ökokonto ist ein Sparbuch für Naturschutzmaßnahmen; mit ihm wird die Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft zeitlich und räumlich flexibilisiert. Bei der Einrichtung eines Ökokontos und dem Verkauf von Ökopunkten handelt es sich um eine vorgezogene ökologische Ausgleichsmaßnahme, sodass die vorgenannten Grundsätze zur umsatzsteuerlichen Behandlung entsprechend gelten. Sofern die Pflege der Ökokontoflächen vertraglich dem Maßnahmenträger übertragen wird, sind die anfallenden Pflegekosten im Preis der Ökopunkte zu berücksichtigen.
Die OFD weist darauf hin, dass der Verkauf von Ökopunkten einschließlich der Pflegemaßnahmen der Regelbesteuerung unterliegt.
OFD Karlsruhe, Verfügung v. 13.8.2019, S 7410 - Karte 6
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