Rechtsqualität von "Meldungen" und FAQ-Veröffentlichungen des BMF
Es stellt sich die Frage, wie diese Art von Veröffentlichungen einzuordnen ist bzw. ob und inwieweit solche Veröffentlichungen im Vergleich zu regulären BMF-Schreiben seitens der Verwaltung rechtlich bindend sind. Fraglich kann auch sein, ob sie für den Steuerpflichtigen einen Vertrauensschutz begründen können, wenn dieser sich an solche Veröffentlichungen hält. Diese Fragen stellen sich auch vor dem Hintergrund, dass z. B. die FAQ-Seiten des BMF häufigen Änderungen unterliegen.
Vorbemerkung zu den FAQ "Corona" (Steuern)
Auf der Internet-Homepage des BMF wird in einer Vorbemerkung zu den FAQ "Corona" (Steuern) ausgeführt, das BMF habe im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder FAQs (Frequently Asked Questions, deutsch: häufig gestellte Fragen) ausgearbeitet, die den von der Corona-Krise betroffenen Steuerpflichtigen einen Überblick über die steuerlichen Erleichterungen geben.
Somit kann zunächst davon ausgegangen werden, dass Veröffentlichungen dieser Art regelmäßig nicht ausschließlich aus der Feder des BMF stammen, sondern mit den Bundesländern (heißt mit den in den Länderfinanzministerien zuständigen Stellen) abgestimmt sind. Insofern kann zunächst durchaus angenommen werden, dass die Verwaltung eine Meinung kundtut.
Keine Veröffentlichung im Bundessteuerblatt
Da solche Verlautbarungen nicht im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht werden, ist nicht davon auszugehen, dass diese wie BMF-Schreiben den Charakter einer Verwaltungsanweisung bzw. Regelung bestimmter Fragen hätten. Schon nach dem wording dieser Veröffentlichungen, das eher nicht mit der Terminologie und der bürokratischen Ausdrucksweise von BMF-Schreiben vergleichbar ist, sollte eher davon auszugehen sein, dass vorrangiges Ziel dieser Verlautbarungen die Versorgung der Steuerpflichtigen mit Information ist
Allgemeine Hinweise ohne Regelungstiefe
Diese Informationen haben jedoch, was die rechtliche Bewertung von Sachverhalten anbetrifft, nicht die in den BMF-Schreiben anzutreffende Regelungstiefe. Sie sind eher allgemein gehalten und können von daher den Steuerpflichtigen auch lediglich auf bestimmte Aspekte aufmerksam machen. Dies ergibt sich z.B. aus den FAQ "Corona" (Steuern). Dort findet sich der Hinweis, dass diese FAQ den Lesern einen kurzen Überblick über die näheren Einzelheiten der entsprechenden Maßnahmen geben sollen. Die Ausführungen würden als allgemeine Hinweise im Umgang mit den sich aufdrängenden Fragestellungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise gelten. Die Entscheidung im Einzelfall obliege nach wie vor den Finanzämtern, den Kommunen bzw. den weiteren Ansprechpartnern.
"explanatory notes" der EU-Kommission
Diese Art von Verlautbarungen des BMF kann in weitestem Sinne wohl auch mit den sog. explanatory notes der EU-Kommission verglichen werden, die z. B. im Bereich der MwSt erscheinen und als sog. soft law bezeichnet werden. Zur Rechtsqualität dieser notes hatte sich das BMF mit Schreiben v. 17.12.2014, IV D 1 - S 7058/14/10004, geäußert. Das BMF gibt hier wieder, dass die EU-Kommission in den Veröffentlichungen jeweils ausdrücklich darauf hinweist, dass diese nicht rechtsverbindlich sind, sondern lediglich als praktische und informelle Information zu sehen sind, wie die Rechtsvorschriften der EU nach Ansicht der Kommission anzuwenden sind.
Demzufolge haben die genannten Veröffentlichungen der EU-Kommission nach dem BMF-Schreiben v. 17.12.2014 keine rechtliche Bindungswirkung. So ähnlich dürfte es sich mit den FAQ-Veröffentlichungen des BMF und seinen sonstigen vergleichbaren "Meldungen" verhalten, die zudem häufigen Änderungen unterliegen.
Vertrauensschutz: gewisse faktische Bindung?
Eine gewisse faktische Bindung der Verwaltung aus diesen FAQ-Veröffentlichungen könnte erwachsen, wenn man sie als Meinungsäußerung der Finanzverwaltung zu begreift. Gleichwohl wäre diese nicht so stark wie die an BMF-Schreiben - insbesondere mit Blick auf die Regelungsintensität. Demzufolge ist die Frage, ob die Verwaltung mit solchen Informationen bei den Steuerpflichtigen Vertrauensschutz begründen kann, die sich im Einzelfall auf diese Veröffentlichungen beziehen, schwierig zu beantworten. Dies ist eher eine Frage, die noch gerichtlich entschieden werden muss.
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