Kein Ehegatten-Splitting für gleichgeschlechtliche Lebenspartner
Die Unionsführung will den Koalitionsstreit um gleiche Steuerrechte für homosexuelle Paare trotz internen Drucks aussitzen. CDU-Kreisen zufolge soll das Präsidium unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel an diesem Montag den Parteitagsbeschluss vom Dezember gegen die Gleichstellung bekräftigen. Allerdings wird dort auch mit Gegenwind gerechnet. Auch CSU-Chef Horst Seehofer bekräftigte das Nein seiner Partei zu einer raschen Ausweitung des Ehegatten-Splittings auf Homosexuelle nachdrücklich.
Dennoch schließen Finanzminister Wolfgang Schäuble und Fraktionschef Volker Kauder (beide CDU) Änderungen nicht aus - der eine angesichts der gesellschaftlichen Stimmung, der andere mit Blick auf Karlsruhe. Auch die FDP pocht darauf, ebenso wie die Opposition.
Das Bundesverfassungsgericht hatte mehrfach zugunsten von Homosexuellen geurteilt und erst kürzlich deren Adoptionsrecht teilweise gestärkt. Das Urteil zum Steuerrecht wird für den Frühsommer erwartet.
Kauder hielt im "Spiegel" fest: "Mit uns wird es keine totale Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft geben." Ein uneingeschränktes Adoptionsrecht für Homosexuelle etwa lehnte er ab. Er könne sich aber denken, wie das Urteil zur steuerlichen Gleichbehandlung ausfallen werde. "Darauf müssen wir vorbereitet sein. Die Diskussion läuft, und dann werden wir rasch entscheiden, wie wir weiter mit dem Thema umgehen."
Er verwies auf Überlegungen, die Steuervorteile für Paare von der Existenz von Kindern abhängig zu machen. "Ein solcher Weg wäre mir lieber, als lediglich das Ehegatten-Splitting auf die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zu übertragen. Ein Schritt hin zu einem Familien-Splitting wäre ein wichtiges Signal aus der Union." Ähnlich äußerte sich CDU-Vize Armin Laschet im "Focus".
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) äußerte im "Tagesspiegel" (Sonntag) Verständnis für Bedenken, die bisherige Linie zu verlassen. Aber: "Wir können nicht bloß sagen: Das ist gut, nur weil es immer schon so war, und deshalb muss es so bleiben. Wenn viele Menschen das heute anders sehen, muss man nachdenken." Nach "Focus2-Informationen lässt Schäuble ein Familien-Splitting durchrechnen.
Seehofer sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Es gibt jetzt und auch bis zum Sommer überhaupt keine Veranlassung, die steuerliche Behandlung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften gesetzlich neu zu regeln." Ein umfassendes Gesetz dazu werde es in dieser Legislaturperiode "ganz sicher" nicht geben. In der ZDF-Sendung "Berlin direkt" kritisierte er die Entscheidung des Verfassungsgerichts zum teilweisen Adoptionsrecht und sprach von einem Urteil, das "die gesellschaftliche Notwendigkeit und Realität nicht richtig wiedergibt".
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger widersprach Seehofer. "Lieber Horst, (...) beweg dich endlich bei den eingetragenen Lebenspartnerschaften und zeige endlich mal Flexibilität in die richtige Richtung", sagte die bayerische FDP-Chefin auf einem Landesparteitag in Aschaffenburg. Der FDP-Bundesvorsitzende Philipp Rösler sprach sich im "Focus" dafür aus, bei der steuerlichen Gleichstellung schnell zu handeln. Karlsruhe habe klare Signale für das Steuerrecht gesendet.
Beim Adoptionsrecht schlug Kauder einen Mittelweg vor: Eltern, die ihr Kind zur Adoption freigeben, könnten entscheiden, ob es auch bei einem homosexuellen Paar aufwachsen dürfe. Das sei "verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden". Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck nannte den Vorschlag unanständig und diskriminierend. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen sagte dem "Spiegel": "Ich kenne keine Forschung, die belegt, dass Kinder aus gleichgeschlechtlichen Partnerschaften nicht ebenso behütet ins Leben gehen, wie Kinder von Eltern im traditionellen Sinn."
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