Streit über Finanztransaktionssteuer
Noch ist offen, wann die Abgabe auf Börsengeschäfte kommt. Merkel pocht auf schnelle Beratungen. In der FDP aber gibt es neuen Unmut. Sie sieht vor allem Kleinanleger belastet, was die EU verneint. Die Union warnte am Wochenende den Koalitionspartner, bei der Einführung der Milliarden-Abgabe auf Börsengeschäfte auf die Bremse zu treten.
Die Bundesregierung werde alles daran setzen, "dass die Beratungen zur Einführung dieser Finanztransaktionssteuer zügig ablaufen", stellte Merkel am Samstag in ihrer wöchentlichen Video-Botschaft klar. Diejenigen, die die Krise verursacht hätten, müssten einen Beitrag dazu leisten, Krisenfolgen zu beheben.
FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa, es gebe noch offene Fragen, die mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und im Verlauf der Verhandlungen geklärt werden müssten: "Es ist gut, dass erst mal ein Vorschlag auf dem Tisch liegt, den wir zügig beraten." Für die FDP gelte: "Die Verursacher der Finanzkrise müssen herangezogen werden, nicht die Kleinsparer."
Deutschland und zehn weitere EU-Länder wollen die Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte einführen. Die EU-Kommission legte jüngst Vorschläge für die Milliarden-Abgabe vor. Die Liberalen pochen auf die Einhaltung der mit der Union sowie SPD und Grünen vereinbarten Grundsätze. Danach sollten unter anderem negative Folgen für Kleinanleger, die Altersversorgung und Wirtschaft vermieden werden. Koalition und Opposition hatten sich im Juni auf einen Kompromiss zu Finanztransaktionssteuer und Fiskalpakt geeinigt. Der stellvertretende FDP-Fraktionschef im Bundestag, Volker Wissing, sagte der "Süddeutschen Zeitung", er könne das Konzept der EU-Kommission für eine Finanztransaktionsteuer so nicht mittragen. Die Brüsseler Behörde spreche davon, Banken, Versicherungen und Investmentfonds mit bis zu 35 Milliarden Euro pro Jahr an den Kosten der Finanzkrise zu beteiligen: "Tatsächlich wären es aber vor allem Kleinsparer und mittelständische Betriebe, die diese 35 Milliarden Euro zahlen müssten." Auch Hans Michelbach von der CSU warnte: "Diese Steuer darf nicht so gestaltet sein, dass am Ende Kleinsparer und Mittelstand die Zeche zahlen."
CDU-Finanzexperte Ralph Brinkhaus mahnte dagegen: "Es kann jetzt nicht darum gehen, Stoppzeichen aufzustellen." Klar sei, dass jeder Vorschlag in seinen Details und seinen Auswirkungen geprüft werden müsse. "Die Finanztransaktionssteuer sollte aber nicht zerredet werden." Das EU-Konzept sei eine gute Grundlage für die weiteren Beratungen und eine schnelle Umsetzung.
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück erklärte, die Steuer sei auch auf Drängen von Rot-Grün durchgesetzt worden. "Jetzt springt Frau Merkel zum wiederholten Mal viel zu spät auf einen fahrenden Zug." Offenbar könne sie sich in ihrer eigenen Koalition aber nicht durchsetzen: "Schwarz-Gelb ist handlungsunfähig."
Nach den Brüsseler Plänen soll der Handel mit Aktien, Anleihen und Fondsanteilen mit 0,1 Prozent des Verkaufspreises belastet werden. Bei Termingeschäften würden 0,01 Prozent fällig. Verbraucher und Kleinsparer bleiben weitgehend unbehelligt. Die Abgabe soll nicht gelten, wenn Konsumenten Kredite und Hypotheken aufnehmen oder Versicherungsverträge abschließen. Auch Kreditkartenumsätze sind befreit.
Beim Handel mit Aktien würde hingegen die Steuer fällig. Nach Einschätzung der EU-Kommission wäre der Betrag für Konsumenten aber gering. So könnte eine Bank beim Kauf von Aktien in Höhe von 10.000 Euro die Kosten von zehn Euro auf den Kunden abwälzen. Die EU-Kommission nennt dies "verhältnismäßig".
Deutschland und die anderen Staaten müssen die EU-Pläne in nationales Recht umsetzen. Es ist offen, ob der angepeilte Termin Anfang 2014 zu halten ist. Über die Einnahmen gibt es weiter Streit. Die EU-Kommission möchte die Einnahmen in den EU-Haushalt lenken. Deutschland und andere Staaten beanspruchen die Gelder für ihre nationalen Budgets.
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