2.3.3.1 Besteuerungsrecht des Kassenstaates (Deutschland)
Rz. 71
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Sofern Vergütungen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit gezahlt werden, ist zunächst zu prüfen, ob das anzuwendende DBA durch die Kassenstaatsklausel (Art. 19 Abs. 1 OECD-MA) oder eine sog. Entwicklungshilfeklausel (z. B. Art. 19 Abs. 3 DBA-Bangladesch, Art. 18 Abs. 2 DBA-Bolivien, Art. 18 Abs. 2 DBA-Ecuador, Art. 19 Abs. 4 DBA-Indien, Art. 19 Abs. 3 DBA-Indonesien, Art. 19 Abs. 3 DBA-Pakistan) Deutschland als Kassenstaat das Besteuerungsrecht zuweist und damit eine Anwendung des § 50d Abs. 8 EStG insoweit ausscheidet.
Rz. 72
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Bei DBA mit Entwicklungshelferklausel können Vergütungen, die im Rahmen eines Entwicklungshilfeprogramms eines Vertragsstaats aus Mitteln, die ausschließlich von diesem Staat bereitgestellt werden, an Fachkräfte oder freiwillige Helfer gezahlt werden, die in den anderen Vertragsstaat mit dessen Zustimmung entsandt worden sind, nur im erstgenannten Staat (Kassenstaat) besteuert werden (BFH-Urteil vom 7. Juli 2015, BStBl II 2016 S. 14, vgl. auch BMF-Schreiben vom 13. November 2019, BStBl I S. 1082).
Rz. 73
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Auf die Notifizierungsverordnung DBA-Türkei vom 27. Februar 2019 (BStBl I 2019 S. 209), wonach unter das geltende Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Türkei über die technische Zusammenarbeit vom 16. Juni 1970 in der Änderungsfassung vom 15. Dezember 1977 fallende Einkünfte, die trotz Besteuerungsrecht nach Art. 15 DBA-Türkei von der Republik Türkei nicht besteuert werden können, in Deutschland durch einen Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode zu besteuern sind, wird hingewiesen.
2.3.3.2 Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates/Freistellung im Tätigkeitsstaat
Rz. 74
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Soweit Arbeitnehmer im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit aufgrund von zwischenstaatlichen oder diesen vergleichbaren Abkommen oder Vereinbarungen in dem jeweiligen ausländischen Staat von der Steuer befreit sind (Verzicht auf das Besteuerungsrecht), ist dies durch geeignete Unterlagen nachzuweisen.
Rz. 75
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Als Nachweis ist dabei eine Bescheinigung des jeweiligen Arbeitgebers i. V. m. einem Auszug aus dem geltenden Abkommen (Rahmenabkommen zur technischen oder finanziellen Zusammenarbeit, Abkommen zu Entwicklungszusammenarbeit) bzw. der Vereinbarung anzuerkennen (vgl. Anlage 1). Der Besteuerungsverzicht des ausländischen Staates in diesen zwischenstaatlichen oder diesen vergleichbaren Abkommen oder Vereinbarungen wird i. d. R. auf die Mittel beschränkt, die aus inländischen öffentlichen Kassen gezahlt werden. Soweit auch Zahlungen von dritter Seite in den Vergütungen enthalten sind und diese unversteuert bleiben, ist hierfür die Vorlage eines gesonderten Nachweises des Besteuerungsverzichts bzw. der Besteuerung erforderlich (s. Tz. 2.3.2.1, Rn. 64ff.).
Rz. 76
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Arbeitgeber sind Organisationen und Firmen, die direkt oder indirekt durch die Bundesregierung, Landesregierungen oder andere deutsche staatliche Stellen mit der Durchführung personeller Leistungen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit beauftragt worden sind. Weitere Auftraggeber sind z. B. die Europäische Union, internationale Finanzierungsinstitute und Regierungen anderer Staaten.