2.4.1 Anwendungsbereich
Rz. 83
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Bei Einkünften oder Einkunftsteilen, die nach einem DBA in einem ausländischen Staat besteuert werden können, wird bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen die Steuerfreistellung nach DBA unter den Voraussetzungen des § 50d Abs. 9 EStG nicht gewährt.
Rz. 84
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Die Anwendung des § 50d Abs. 9 EStG erfordert nicht, dass Deutschland als Ansässigkeitsstaat anzusehen ist, sondern knüpft allein an die unbeschränkte Steuerpflicht im Inland an. § 50d Abs. 9 EStG ist auch anzuwenden, wenn sich die Freistellung nicht aus dem Methodenartikel, sondern aus der (abschließenden) Verteilungsnorm ergibt.
Rz. 85
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Fällt das Besteuerungsrecht nicht bereits nach einer Bestimmung des DBA an Deutschland zurück (vgl. Tz. 9, Rn. 418ff.), sind nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG Einkünfte nicht freizustellen, soweit die Nichtbesteuerung oder niedrige Besteuerung im anderen Staat die Folge eines Qualifikationskonfliktes ist. Qualifikationskonflikte haben ihre Ursache in einer nicht übereinstimmenden Anwendung der Bestimmungen eines DBA durch die Vertragsstaaten, weil diese
- von unterschiedlichen Sachverhalten ausgehen,
- Abkommensbestimmungen unterschiedlich auslegen oder
- Abkommensbegriffe, die im DBA nicht definiert sind, nach ihrem nationalen Recht unterschiedlich auslegen (s. Art. 3 Abs. 2 OECD-MA).
Rz. 86
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Soweit das Besteuerungsrecht nicht durch eine im DBA einschlägige Regelung an Deutschland zurückfällt (vgl. Tz. 9, Rn. 418ff.), sind Einkünfte nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht von der Besteuerung auszunehmen, soweit im anderen Staat eine Nichtbesteuerung darauf zurückzuführen ist, dass sich dieser an der Ausübung seines DBA-Besteuerungsrechts durch sein innerstaatliches Recht, das diese Einkünfte ganz oder teilweise im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nicht erfasst, gehindert sieht. Eine Nichtbesteuerung i. S. dieser Vorschrift liegt auch vor, wenn Einkünfte oder Einkunftsteile nur deshalb im anderen Vertragsstaat besteuert werden, weil der Steuerpflichtige es versäumt hat, einen Antrag auf Erstattung der erstattungsfähigen Steuer zu stellen. § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG verhindert auch dann eine vom DBA angeordnete Steuerfreistellung, wenn der andere Vertragsstaat das ihm abkommensrechtlich zugewiesene Besteuerungsrecht an den Einkünften im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nur für einen Teil der Einkünfte wahrnimmt.
2.4.2 Verhältnis zu anderen Rückfallklauseln
Rz. 87
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
§ 50d Abs. 9 EStG kann auch dann zur Besteuerung von Einkünften aus unselbständiger Arbeit führen, wenn die Einkünfte nach § 50d Abs. 8 EStG oder einer DBA-Rückfallklausel steuerfrei belassen werden können. Die Regelungen des § 50d Abs. 8 und 9 EStG sind insoweit nebeneinander anzuwenden (§ 50d Abs. 9 Satz 3 EStG).
Rz. 88
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
In den Fällen der Besteuerung von Einkunftsteilen, auf die eine DBA-Rückfallklausel anzuwenden ist, kommt es zu einem Rückfall des Besteuerungsrechts für den unversteuerten Teil der Einkünfte, selbst wenn die vorrangig anzuwendende DBA-Rückfallklausel konditional ("wenn") formuliert ist (§ 50d Abs. 9 Satz 4 EStG, s. Tz. 9, Rn. 418ff.).
2.4.3 Nachweispflicht
Rz. 89
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Die Ausführungen zu den Nachweispflichten im Zusammenhang mit § 50d Abs. 8 EStG (s. Tz. 2.3.2.1.2, Rn. 66, 67) gelten für Einkünfte aus unselbständiger Arbeit entsprechend. Der Steuerpflichtige muss für die Freistellung regelmäßig nachweisen, dass seine ausländischen Einkünfte und Einkunftsteile im ausländischen Staat besteuert wurden und er die ausländischen Steuern entrichtet hat. Weist der Steuerpflichtige nach, dass der ausländische Staat die Einkünfte, die er im ausländischen Staat erzielt hat, wegen der dortigen beschränkten Steuerpflicht nicht erfassen kann, die entsprechenden Einkünfte aber bei unbeschränkt Steuerpflichtigen ebenfalls nicht besteuert werden, ist § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht anzuwenden. In diesen Fällen bleibt es bei der Freistellung der ausländischen Einkünfte und Einkunftsteile von der deutschen Einkommensteuer.
Rz. 90
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Aus Vereinfachungsgründen kann im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens auf die Prüfung der Anwendung des § 50d Abs. 9 EStG verzichtet werden (s. Tz. III. des BMF-Schreibens vom 14. März 2017, BStBl I S. 473).
Rz. 91
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Sind Einkünfte nach § 50d Abs. 9 EStG nicht von der Besteuerung auszunehmen, sind § 34c Abs. 1 bis 3 sowie Abs. 6 Satz 6 EStG entsprechend anzuwenden (§ 34c Abs. 6 Satz 5 EStG).
Rz. 92
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Beispiel:
K ist in Deutschland ansässig und sowohl bei seinem Arbeitgeber in Deutschland als auch bei einer Schwestergesellschaft in einem anderen DBA-Staat tätig. Im Jahr 01 hält sich K an 150 Tagen im anderen DBA-Staat auf. Der Arbeitslohn wird vom deutschen Arbeitgeber bezahlt und – soweit er auf die Tätigkeit im anderen DBA-Staat entfällt – der Schwestergesellschaft im anderen DBA-Staat weiterberechnet. Der Steuerberater beantragt...