Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuererlaß als Sanierungsgewinn; Bilanzzusammenhang bei zwischenzeitlicher Schätzung
Leitsatz (NV)
1. Nur ausnahmsweise kann sich der Erlaß als eine Maßnahme darstellen, die ein notleidendes Unternehmen vor dem Zusammenbruch bewahren und wieder ertragsfähig machen soll. Mit einem Steuererlaß nach §227 AO 1977 kann daher im Einzelfall auch die Unternehmenserhaltung bezweckt werden; wird der Erlaß im Rahmen eines allgemeinen Gläubigerakkords gewährt, kann es sich um eine Sanierungsmaßnahme handeln.
2. Sind der Anfangsbilanz ausschließlich Schätzungen vorausgegangen, ist diese Anfangsbilanz wie eine Eröffnungsbilanz zu behandeln. Bei einer nur zwischenzeitlichen Schätzung kann gegebenenfalls an den früheren Ausweis angeknüpft werden.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 66, § 4 Abs. 1-2; AO 1977 § 227
Tatbestand
I. Mit Schreiben vom 29. Dezember 1997 hat der Antragsteller, Kläger und Revisionskläger (Antragsteller) einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.
In der Hauptsache geht es um folgendes:
Der Antragsteller erzielte im Streitjahr 1991 aus der Herstellung und dem Vertrieb handgeschnitzter und handbemalter Gegenstände Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Die Bilanz zum 31. Dezember 1985 wies für die Jahre 1974 bis 1985 verwirkte Säumniszuschläge in Höhe von rd. 340 000 DM aus. Von 1986 bis 1989 wurden keine Bilanzen abgegeben. Der Antragsgegner, Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA --) schätzte die Gewinne aus dem gewerblichen Einzelunternehmen des Antragstellers für 1986 und 1987 auf je 20 000 DM, für 1988 auf 0 DM und für 1989 auf 20 000 DM. Für die Jahre ab 1990 wurden wieder Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen aufgestellt und eingereicht. Die in der Bilanz zum 31. Dezember 1985 ausgewiesenen Säumniszuschläge wurden in die "Eröffnungsbilanz" zum 1. Januar 1990 vom 23. November 1993 übernommen und auch in die Schlußbilanz zum 31. Dezember 1990 mit insgesamt rd. 340 000 DM eingestellt. Der Einkommensteuerbescheid 1990 wurde bestandskräftig.
Die Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr wurden zunächst geschätzt (Bescheid vom 14. Januar 1994 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung). Nach Einreichung der Steuererklärung wurde der Bescheid geändert (Änderungsbescheid vom 8. August 1994). Der erklärte Bilanzgewinn von 462 192 DM für das Jahr 1991 beruhte u. a. auf dem Erlaß (durch Verfügung vom 21. Februar 1991) von Umsatzsteuerrückständen der Jahre 1982 bis 1989, von Verspätungszuschlägen und von Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt rd. 520 000 DM sowie auf einem Forderungsverzicht der Bank in Höhe von rd. 16 000 DM. Steuerschulden in Höhe von 200 000 DM wurden gezahlt. Insgesamt beliefen sich die Verbindlichkeiten des Betriebs auf über 1,1 Mio. DM.
Dem Erlaß waren längere Verhandlungen vorausgegangen. In dem Bericht des FA vom 10. August 1990 heißt es u. a.: "Nach dem vorgelegten Gläubigerverzeichnis ist zwar entgegen der Darstellung im Bericht vom 7. 6. 1990 kein allgemeiner Gläubigerverzicht gegeben. Trotzdem halte ich eine vergleichsweise Regelung für sinnvoll, da aus o. g. Gründen zu befürchten steht, daß das Finanzamt ansonsten leer ausgeht."
Bei der Veranlagung machte der Antragsteller geltend, daß die mit dem Erlaß verbundene Erhöhung des Betriebsvermögens als Sanierungsgewinn i. S. des §3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu werten sei. Das FA folgte dieser Beurteilung nicht. Der Einspruch blieb erfolglos.
Im Klageverfahren berief sich der Antragsteller wiederum auf §3 Nr. 66 EStG und machte hilfsweise geltend, daß die Bilanz zum 1. Januar 1991 insoweit zu berichtigen sei, als sie Säumniszuschläge als Verbindlichkeiten ausweise, die zum 1. Januar 1990 bereits verjährt gewesen seien und nicht in die Anfangsbilanz hätten eingestellt werden dürfen. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Ein nach §3 Nr. 66 EStG steuerfreier Sanierungsgewinn liege nicht vor, da das FA keine Sanierungsabsicht gehabt habe. Das FA habe sich nur von fiskalischen und verwaltungsökonomischen Gründen leiten lassen.
Ob die Säumniszuschläge bereits verjährt gewesen seien, könne offen bleiben. Sofern sie verjährt gewesen sein sollten, sei der Bilanzansatz "Rückstellungen" in der Bilanz zum 31. Dezember 1985 unrichtig gewesen. Die Rückstellung hätte erfolgswirksam aufgelöst werden müssen. Der Umstand, daß der Bilanzzusammenhang durch vier Schätzungsjahre (1986 bis 1989) unterbrochen worden sei, rechtfertige keine andere Beurteilung. Die maßvollen Schätzungen der Jahre 1986, 1987 und 1989 beträfen nur den normalen laufenden Gewinn, nicht aber irgendwelche außerordentlichen Erträge, die durch die Auflösung von Rückstellungen entstanden wären. Dies werde auch dadurch deutlich, daß der Antragsteller selbst diesen Posten in die "Eröffnungsbilanz" zum 1. Januar 1990 übernommen habe. Entsprechendes gelte für die Säumniszuschläge, die möglicherweise später durch Verjährung erloschen seien. Die Tatsache, daß der Antragsteller es unterlassen habe, für vier Jahre Bilanzen aufzustellen, könne sich nicht zu seinen Gunsten auswirken.
Mit der Revision, auf die sich der Antragsteller zur Begründung bezieht, rügt er:
1. Die Auffassung des FG, daß die durch den Erlaß und den Verzicht bewirkte Erhöhung des Betriebsvermögens in Höhe von rd. 536 000 DM kein Sanierungsgewinn sei, verstoße gegen §3 Nr. 66 EStG. Auch das FA sei davon ausgegangen, daß durch den Erlaß der Antragsteller wieder in der Lage sein würde, sein Unternehmen fortzuführen. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in dem Urteil vom 24. Februar 1994 IV R 71/92 (BFH/NV 1995, 15) noch einmal betont, daß an das Vorliegen einer Sanierungsabsicht grundsätzlich keine strengen Anforderungen zu stellen seien, vielmehr eine Mitverursachung genüge. Die ganze Umschuldungsaktion habe vorrangig dem Zweck gedient, das Unternehmen des Antragstellers zu sanieren. Das FG habe aus den Verhandlungen zwischen den Beteiligten einen schlechthin unmöglichen Schluß gezogen und damit gegen Denkgesetze verstoßen.
2. Das FG habe zu Unrecht eine Bilanzberichtigung abgelehnt. Zwar habe das FG offen gelassen, ob die Verjährung unterbrochen worden sei. Aus den vom FA eingereichten Unterlagen ergebe sich jedoch ohne weiteres, daß Verjährungsunterbrechungstatbestände nicht vorgelegen hätten. Zum 1. Januar 1991 seien daher Säumniszuschläge in Höhe von rd. 329 000 DM verjährt gewesen und hätten nicht in die Eröffnungsbilanz aufgenommen werden dürfen. Richtig sei, daß der Antragsteller bei korrekter Bilanzierung bereits in der Bilanz zum 31. Dezemer 1985 den Bilanzposten "Säumniszuschläge" hätte auflösen und einen höheren Gewinn ausweisen müssen. Das FG sei jedoch zu Unrecht der Meinung, daß aufgrund des Grundsatzes des Bilanzzusammenhangs nur die Bilanz zum 31. Dezember 1991 habe korrigiert werden können. Im Streitfall könne der Grundsatz des Bilanzzusammenhangs (Zweischneidigkeit der Bilanz) keine Anwendung finden, da der Bilanzzusammenhang durch die Schätzungen für die Jahre 1986 bis 1989 unterbrochen worden sei. Die Ermittlung des richtigen Totalgewinns sei dann unmöglich, wenn der Bilanzzusammenhang durch Schätzungen unterbrochen sei. Da es sich um Vollschätzungen für diese Jahre gehandelt habe, könne die Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 1990 nicht an die einzelnen Posten der Schlußbilanz zum 31. Dezember 1985 anknüpfen. Dies ergebe sich aus dem BFH-Urteil vom 29. November 1967 I 221/64 (BFHE 91, 76, BStBl II 1968, 261). Eine aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung erstellte Schlußbilanz oder eine ähnliche Vermögensaufstellung habe der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 1990 demnach gerade nicht zugrunde gelegen. Auch in dem Urteil vom 19. Januar 1993 VIII R 128/84 (BFHE 170, 511, BStBl II 1993, 594) habe der BFH eine Verknüpfung zwischen der Schlußbilanz eines Vorjahres und der Anfangsbilanz des Streitjahres nur deshalb angenommen, weil er davon ausgegangen sei, daß bei der Schätzung der Gewinne der gewerblichen Einkünfte die Vorschriften über den Betriebsvermögensvergleich beachtet worden seien. Gerade dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Im Streitfall könne der Periodengewinn nur dadurch richtig ermittelt werden, daß die Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 1991 um den Posten der verjährten Säumniszuschläge berichtigt werde.
Der Antragsteller beantragt, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1991 in Höhe von 80 560,38 DM auszusetzen und in Höhe von 59 841,62 DM aufzuheben.
Das FA beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag auf Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung hat keinen Erfolg.
Gemäß §69 Abs. 3 Satz 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Weder bedeutet die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides eine unbillige Härte noch bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides (dazu vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, §69, Rz. 77 ff.).
1. Der Erlaß der Steuerschulden führte nicht zu einer steuerfreien Erhöhung des Betriebsvermögens. Steuerfrei sind gemäß §3 Nr. 66 EStG Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, daß Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden. Der Begriff der Sanierung ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Nach der Rechtsprechung sind unter einer Sanierung die Maßnahmen zu verstehen, die geeignet sind, ein Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen (BFH-Urteil vom 6. März 1997 IV R 47/95, BFHE 183, 78, BStBl II 1997, 509, m. w. N.). Neben der Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens und der objektiven Sanierungseignung des Erlasses muß auch die Sanierungsabsicht des Gläubigers gegeben sein (BFH-Urteil vom 19. März 1993 III R 79/91, BFH/NV 1993, 536). Sanierungsabsicht liegt vor, wenn der Erlaß nach den Vorstellungen des Gläubigers erfolgt, um den Zusammenbruch des notleidenden Unternehmens zu verhindern und um -- auf Dauer gesehen -- seine finanzielle Gesundung zu erreichen. Das Vorliegen eines solchen Gläubigerinteresses muß bei Abschluß des Sanierungsvertrags ein maßgeblicher (mit-) entscheidender Grund für den Erlaß sein (BFH-Urteil vom 22. Januar 1991 VIII R 12/88, BFH/NV 1991, 806). Diese Absicht kann bei gemeinschaftlichem Erlaß durch mehrere Gläubiger in der Regel unterstellt werden (BFH-Urteil vom 14. März 1990 I R 64/85, BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810).
Für den Verzicht auf Forderungen der öffentlichen Hand, insbesondere auf Steuerforderungen, bestehen meist besondere Voraussetzungen, die nicht mit einer Sanierungsabsicht verbunden sind (Urteil des Reichsfinanzhofs -- RFH -- vom 14. Februar 1939 I 321/38, RStBl 1939, 761; BFH-Urteile vom 21. Februar 1963 I 303/61, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -- HFR -- 1963, 215; vom 27. Mai 1964 I 190/62 U, BFHE 79, 553, BStBl III 1964, 434). Nach dem Urteil des RFH vom 3. Juli 1936 I A 168/36 (Steuer und Wirtschaft -- StuW -- 1936 Nr. 378) sind Vermögensmehrungen, die durch den Erlaß von Steuerschulden entstehen, außerhalb eines allgemeinen Gläubigerakkords grundsätzlich keine Sanierungsgewinne. Der Steuergläubiger, dessen Forderungen bevorrechtigt sind, wird in der Regel keine Veranlassung haben, von sich aus ohne entsprechende Mitwirkung der übrigen Gläubiger ein Unternehmen zu sanieren. Der Erlaß von Steuern soll im Einzelfall entstehenden Härten und Unbilligkeiten abhelfen, nicht aber den Steuerpflichtigen sanieren. Nur ausnahmsweise kann sich der Erlaß nach §227 der Abgabenordnung (AO 1977) als eine Maßnahme darstellen, die ein notleidendes Unternehmen vor dem Zusammenbruch bewahren und wieder ertragfähig machen soll; wird er im Rahmen eines allgemeinen Gläubigerakkords gewährt, kann es sich um eine Sanierungsmaßnahme handeln (RFH-Urteil in RStBl 1939, 761; Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., §3 Nr. 66 EStG Anm. 65 -- Stand Mai 1995 --).
Im Streitfall ist das FA zutreffend zu der Auffassung gelangt, daß die Voraussetzungen für einen Sanierungsgewinn nicht vorliegen. Der Erlaß der Steuerschulden war nicht Teil eines allgemeinen Gläubigerakkords. Das FA hat zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es eine "vergleichsweise Regelung" anstrebte, da ansonsten zu befürchten sei, daß das FA "leer ausgehe". Aus diesen Äußerungen kommt klar zum Ausdruck, daß es dem FA allein darauf ankam, die in der Vergangenheit entstandenen Steuerforderungen jedenfalls teilweise zu realisieren. Dieser Schritt fiel dem FA um so leichter, als ein Teil der erlassenen Steuerschulden aus Säumniszuschlägen bestand, die möglicherweise bereits wegen der Unmöglichkeit, die Steuerschulden erfüllen zu können, hätten erlassen werden müssen (vgl. BFH-Urteil vom 7. Mai 1993 III R 43/89, BFH/NV 1994, 144). Eine zukunftsgerichtete Sanierungsabsicht ist dem Steuererlaß jedenfalls nicht zu entnehmen.
2. Es ist auch nicht ernstlich zweifelhaft, daß eine Berichtigung der Bilanz zum 1. Januar 1991 gemäß §4 Abs. 2 EStG nicht in Betracht kommt.
Nach der Lehre vom formellen Bilanzzusammenhang ist ein Fehler durch Ansatz des zutreffenden Werts in der Bilanz zum Schluß eines Wirtschaftsjahres grundsätzlich erfolgswirksam zu korrigieren (Weber- Grellet in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, §4 Rdnr. C 135). Ansätze der Anfangsbilanz können nur in besonderen Fällen berichtigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 19. Januar 1993 VIII R 128/84, BFHE 170, 511, BStBl II 1993, 595; RFH-Urteil vom 26. Februar 1936 VI A 130/36, RStBl 1936, 695; Weber-Grellet, a. a. O., Rdnr. C 135 f.).
Sind der Anfangsbilanz ausschließlich Schätzungen vorausgegangen, ist die Anfangsbilanz wie eine Eröffnungsbilanz zu behandeln, bei der ebenfalls vorausgehende Werte, an die angeknüpft werden könnte, nicht vorhanden sind. Fehler in einer Eröffnungsbilanz sind daher an ihrem Ursprung zu korrigieren (vgl. Weber-Grellet, a. a. O., Rdnr. C 142, m. w. N.).
Dies gilt allerdings nicht, wenn -- wie im Streitfall -- einer zwischenzeitlichen Schätzung Betriebsvermögensvergleiche vorausgegangen waren, die den Bilanzposten, dessen erfolgsneutrale Berichtigung begehrt wird, bereits enthielten. Sofern keine Anhaltspunkte dafür bestehen, daß ein früherer Bilanzposten durch den Schätzungsbescheid erfaßt und aufgelöst werden sollte, besteht auch in diesen Fällen ein Bilanzzusammenhang, der es rechtfertigt, an den früheren Ausweis anzuknüpfen und den einzelnen Posten gegebenenfalls gewinnwirksam aufzulösen. In diesem Fall handelt es sich nicht um den Ansatz eines Bilanzpostens in einer Eröffnungsbilanz, sondern um eine Anfangsbilanz, die, soweit möglich, an die früheren Bilanzpositionen anknüpft. Sollte also hinsichtlich der verwirkten Säumniszuschläge Zahlungsverjährung eingetreten sein oder hätten sie von vornherein wegen der Unmöglichkeit, die Steuerschulden zu erfüllen, erlassen und damit nicht als Verbindlichkeiten ausgewiesen werden dürfen, ist dieser Ansatz gleichwohl wie geschehen und in Übereinstimmung mit den allgemeinen Grundsätzen des formellen Bilanzzusammenhangs erst zum 31. Dezember 1991 gewinnbringend aufzulösen.
Die hier vorgenommene Beurteilung kann sich vor allem auf die von der Rechtsprechung zum Wechsel der Gewinnermittlungsart entwickelten Regeln stützen, die auf den Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit zurückgehen (vgl. BFH-Urteile vom 24. Januar 1985 IV R 155/83, BFHE 143, 78, BStBl II 1985, 255; vom 29. November 1990 IV R 131/89, BFHE 168, 24, BStBl II 1992, 715; vgl. Heinicke in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 16. Aufl. 1997, §4 Rz. 10 f., 652; Weber-Grellet, a. a. O., §4 Rdnr. D 3, 10). Ebenso wie sich ein Wechsel der Gewinnermittlungsart nicht auf das Gesamtergebnis auswirken darf, ist bei einer zwischenliegenden Schätzung der Gewinn so zu ermitteln, daß der Gesamtgewinn möglichst zutreffend ermittelt wird. Daher sind die Bilanzpositionen der letzten Schlußbilanz in die erste Anfangsbilanz nach der oder den Schätzungen zu übernehmen, sofern nicht aufgrund besonderer Umstände davon auszugehen ist, daß einzelne Bilanzpositionen sich auf das Ergebnis der Schätzungen ausgewirkt haben.
In ähnlicher Weise hat der BFH in einem Fall, in dem die Gewinnanteile auf 0 DM geschätzt worden waren, angenommen, daß das FA bei der Schätzung die Vorschriften über den Betriebsvermögensvergleich beachtet habe und davon ausgegangen sei, daß sich Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, Entnahmen und Einlagen ausgeglichen hätten und das Betriebsvermögen innerhalb des Gewinnermittlungszeitraums unverändert geblieben sei (BFH-Urteile in BFHE 170, 511, BStBl II 1993, 594, unter II. 3.; vom 11. Februar 1988 IV R 19/87, BFHE 153, 26, BStBl II 1988, 825).
Folgte man der Auffassung des Antragstellers, könnte allein durch eine "zwischengeschaltete" Schätzung der Bilanzzusammenhang durchbrochen und eine Fehlerberichtigung verhindert werden. Das liefe darauf hinaus, daß die Nichtabgabe von Erklärungen zusätzlich "belohnt" würde.
Im Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte, daß das FA bei seinen Schätzungen in den Vorjahren ausgewiesene Bilanzposten einbeziehen wollte. Der Schuldposten "Säumniszuschläge" ist daher zutreffend wieder in die Anfangsbilanz zum 1. Januar 1990 eingestellt und zum 31. Dezember 1991 gewinnerhöhend aufgelöst worden.
Fundstellen
Haufe-Index 302983 |
BFH/NV 1999, 21 |
DStRE 1998, 423 |
DStRE 1998, 825 |