Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Begriff des Verfahrensfehlers
Leitsatz (NV)
1. Ein Verfahrensmangel ist ein Fehler, den das FG bei der Handhabung seines Verfahrens begeht, sofern durch die falsche Behandlung der materielle Inhalt der Entscheidung beeinflußt sein kann (error in procedendo).
2. Kein Verfahrensfehler ist die rechtlich falsche Beurteilung von verfahrensrechtlichen Vorschriften, die den Inhalt des angefochtenen Urteils bildet (error in iudicando).
Normenkette
FGO § 115 Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Das FG Köln hat durch Urteile von 19. 11. 1991 die Klagen der Kläger wegen Einkommensteuer 1979 und 1980, Umsatzsteuer 1980 und 1981 und Gewinnfeststellung 1981 abgewiesen. Die Kläger haben Nichtzulassungsbeschwerden eingelegt und dieselben nur mit Verfahrensmängeln begründet.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerden sind unzulässig. Die Begründungen genügen nicht den in § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgestellten Anforderungen. Sie waren deshalb durch Beschluß zu verwerfen.
1. Gemäß § 115 Abs. 3 FGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils angefochten werden. In der Beschwerdebegründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Um eine auf einen Verfahrensmangel gestützte Nichtzulassungsbeschwerde zu begründen, reicht es nicht aus, nur die verletzte Rechtsnorm anzugeben. Vielmehr müssen die Tatsachen bezeichnet werden, aus denen sich der gerügte Verfahrensmangel ergibt. Die als Verfahrensfehler gerügten Prozeßvorgänge sind genau und bestimmt zu bezeichnen. Dem Revisionsgericht soll die Arbeit erspart bleiben, die Prozeßakten ohne konkreten Anhaltspunkt auf Verfahrensfehler hin überprüfen zu müssen.
2. Im Streitfall haben die Kläger ihre Nichtzulassungsbeschwerden ausschließlich auf angebliche Verfahrensmängel gestützt. Ein Verfahrensmangel ist ein Fehler, den das Finanzgericht (FG) bei der Handhabung seines Verfahrens begeht, sofern durch diese falsche Behandlung der materielle Inhalt seiner Entscheidung beeinflußt sein kann (error in procedendo). Kein Verfahrensfehler ist dagegen die rechtlich falsche Beurteilung von verfahrensrechtlichen Vorschriften, die den Inhalt des angefochtenen Urteils bildet (error in iudicando). Ein aus dem Urteil selbst ersichtlicher Verfahrensmangel ist wie ein materieller Gesetzesverstoß zu behandeln (vgl. Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Freiburg 1986, S. 86 und 87).
Hiervon ausgehend sind die Beschwerdebegründungen der Kläger in das Vorbringen dreier Verfahrensfehler zu unterteilen, nämlich 1. in die Ausführungen auf Seiten 2 bis 5 zweiter Absatz einschließlich der Beschwerdesache I B 127/92, 2. in die Ausführungen auf Seite 5 ab dem dritten Absatz bis Seite 7 erster Absatz einschließlich derselben Beschwerdesache und schließlich 3. auf Seite 7 letzter Absatz derselben Beschwerdesache. Zu den vorgebrachten Rügen ist im einzelnen folgendes anzumerken:
zu 1.: Das Vorbringen zielt nur insoweit auf die Rüge des Verfahrensfehlers, als es mittelbar auf der Behauptung aufbaut, das FG habe den Sachverhalt weiter aufklären müssen (§ 76 Abs. 1 FGO). Die schlüssige Rüge eines entsprechenden Verfahrensfehlers setzt jedoch einen Vortrag darüber voraus,a) welche Teile des Sachverhalts aufklärungsbedürftig sind,b) was die Beweisthemen und die Beweismittel sind,
c) daß die Kläger die nicht erhobenen Beweise gegenüber dem FG angeboten hatten,
d) weshalb eine Beweiserhebung entscheidungserheblich ist und
e) weshalb sich dem FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung im übrigen die Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen.
Die Kläger haben sich jedoch in ihren Beschwerdebegründungen mit diesen Anforderungen in keiner Weise auseinandergesetzt. Zusätzlich haben sie die Vorentscheidung in der Sache ... und ... mißverstanden. Das FG hat den Bericht des gerichtseigenen Prüfers dahin ausgelegt, daß Forderungsverluste nur die Vorjahre betreffen. Hiervon ausgehend bestand für das FG kein Grund, die Forderungsausfälle weiter aufzuklären.
Zu 2.: Das Vorbringen der Kläger enthält keine Rüge eines Verfahrensmangels, sondern nur die Behauptung, das FG habe bestimmte verfahrensrechtliche Vorschriften im Urteil falsch angewendet. Gerügt wird, daß das FG eine endgültige Steuerfestsetzung abgelehnt habe. Diese Rüge hätte nur unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Zulassung der Revision rechtfertigen können. Einen entsprechenden Zulassungsgrund haben die Kläger jedoch nicht geltend gemacht.
Zu 3.: Insoweit gilt das zu 2. Gesagte sinnentsprechend. Soweit dem Vorbringen die Rüge mangelnder Sachaufklärung zu entnehmen sein sollte, fehlt es an der Darlegung, welche Beweise das FG hätte erheben sollen und müssen.
Fundstellen