Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH für NZB und Revision
Leitsatz (NV)
1. Die Verfahrensrüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ist nur dann schlüssig erhoben, wenn der Beteiligte substantiiert vorträgt, daß er die Rechtsverletzung in der Vorinstanz gerügt habe oder weshalb ihm eine solche Rüge nicht möglich gewesen sei.
2. Die -- an sich unstatthafte -- Entscheidung über einen PKH-Antrag erst nach Durchführung der Verhandlung in der Hauptsache führt nur dann zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs, wenn entscheidungserhebliches Parteivorbringen aus diesem Grunde tatsächlich unberücksichtigt geblieben ist.
3. Ein -- die zulassungsfreie Revision eröffnender -- Mangel in der Vertretung i. S. von § 119 Nr. 4 FGO liegt nur dann vor, wenn das Gericht dem Beteiligten die Teilnahme an der Verhandlung -- z. B. aufgrund einer unterlassenen Ladung -- unmöglich gemacht hat. Daher ist der Tatsachenvortrag mangelnder Vertretung nicht schlüssig, wenn sich aus dem Sitzungsprotokoll ergibt, daß der Beteiligte das Wort erhalten und die seiner Ansicht nach gebotenen Klageanträge gestellt hat.
4. Macht der Beteiligte den seiner Ansicht nach bestehenden Mangel in der Vertretung nicht spätestens in der Hauptverhandlung geltend, ist von einer stillschweigenden Zustimmung in die Prozeßführung auszugehen, so daß gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO nicht mehr geltend gemacht werden kann, es habe ein besonders schwerwiegender Verfahrensmangel vorgelegen, der die zulassungsfreie Revision eröffnet.
5. Einwendungen gegen den im Urteil dargestellten Tatbestand können nur mit dem Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 108 FGO geltend gemacht werden und sind daher nicht zur schlüssigen Darlegung eines Begründungsmangels i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO geeignet.
Normenkette
FGO § 79 Abs. 1, § 96 Abs. 1-2, § 105 Abs. 2, §§ 108, 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 1 Nrn. 3, 5, §§ 142, 155; GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 114, 127 Abs. 1, § 295
Tatbestand
Der Antragsteller, Kläger, Revisionskläger und Beschwerdeführer (Antragsteller) wurde vom Beklagten, Revisionsbeklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) mit einem Haftungsbescheid wegen von einer GmbH -- für die der Antragsteller als Steuerberater tätig war -- nicht entrichteter Umsatzsteuer für die Jahre 1982 bis 1986 und wegen Säumniszuschlägen als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Zur Abwehr des Haftungsanspruches machte der Antragsteller gegenüber dem FA in mehreren Schreiben Schadensersatzforderungen wegen angeb licher Amtspflichtverletzung in Höhe der rückständigen Steuerschulden und Säumniszuschläge geltend und erklärte unter Bean tragung eines Abrechnungsbescheides die Aufrechnung. Daraufhin erteilte das FA dem Antragsteller einen Abrechnungsbescheid, in dem es die Schadensersatzforderungen zurückwies und infolgedessen die Aufrechnung gemäß § 226 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) als nicht wirksam erklärte.
Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage begehrte der Antragsteller die Aufhebung des Abrechnungsbescheides und die Verpflichtung des FA zur Ausübung seines Ermessens, ob es nicht seinerseits die Aufrechnung erklären wolle. Gleichzeitig stellte der Antragsteller einen Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines Prozeßbevollmächtigten. Nach der Durchführung der mündlichen Verhandlung, zu der der Antragsteller geladen war, wies das Finanzgericht (FG) die Klage als unbegründet ab und gab auch dem Antrag auf Gewährung von PKH nicht statt. Das FG entschied, die Aufrechnung des Antragstellers sei deshalb nicht wirksam, weil die geltend gemachten Schadensersatzforderungen im Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung weder unbestritten gewesen noch rechtskräftig festgestellt worden seien. Darüber hinaus habe der Antragsteller keinen Anspruch auf eine Prüfung und Ermessensentscheidung des FA, ob es von sich aus die Aufrechnung erklären wolle.
Der Antragsteller beantragt, ihm für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde und einer zulassungsfreien Revision gegen das erstinstanzliche Urteil PKH zu bewilligen und ihm den Steuerberater P beizuordnen.
Zur Begründung der auf Verfahrensmängel gestützten Nichtzulassungsbeschwerde (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) trägt der Antragsteller vor, das FG habe ihm kein rechtliches Gehör gewährt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes -- GG -- i. V. m. § 96 Abs. 2 FGO) und nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt (§ 96 Abs. 1 FGO). Da das FG die ablehnende Entscheidung über die PKH erst nach Durchführung der Hauptverhandlung getroffen habe, sei ihm -- dem Antragsteller -- die Möglichkeit einer Beschwerde oder Rücknahme der Klage genommen worden. Da er davon ausgegangen sei, es würde lediglich über den PKH-Antrag verhandelt, läge ein unzulässiges Überraschungsurteil vor. Weil das FG nicht zu erkennen gegeben habe, daß es die PKH-Entscheidung zusammen mit dem Urteil fällen würde, sei eine Rüge des Verfahrensverstoßes in der mündlichen Verhandlung nicht möglich gewesen. Darüber hinaus hätte er sich als ehemaliger Steuerberater nicht selbst fachkundig vertreten können, da er sich in neurologischer Behandlung befinde und die Dauereinnahme eines Medikaments zu einem IQ-Verlust von 20 bis 25 Punkten geführt habe. Das FG habe den wahren Gegenstand des Rechtsstreits verkannt, da es seiner Entscheidung die Beschränkung der Aufrechnungsmöglichkeit nach § 226 Abs. 3 AO 1977 zugrunde gelegt habe, ohne jedoch zu berücksichtigen, daß es nicht um seine eigene Aufrechnungserklärung gehe, sondern um seinen Antrag, das FA zur Ausübung des Ermessens zu verpflichten, ob es seinerseits die Aufrechnung erklären wolle. Hätte das FG den Akteninhalt vollständig berücksichtigt, hätte es feststellen müssen, daß auch die Voraussetzungen für den Erlaß eines Haftungsbescheides nicht gegeben waren.
Mit der Revision macht der Antragsteller geltend, er sei nicht nach den Vorschriften des Gesetzes im Verfahren vertreten gewesen (§ 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO) und die Entscheidung sei nicht mit Gründen versehen (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO). Ein Mangel in der Vertretung habe deshalb vorgelegen, weil die Verfahrensweise des FG dazu geführt habe, daß er im guten Glauben gewesen sei, es würde noch zur Hauptsache verhandelt und er könne sich in der Hauptverhandlung entweder durch Beiordnung oder durch eigene Bestellung eines Prozeßvertreters sachkundig vertreten lassen. Aufgrund der durch eine Medikamenteneinnahme verursachten Senkung des IQ um 20 bis 25 Punkte und aufgrund des Verlustes seines Berufswissens als früherer Steuerberater sei er zu einer Vertretung in eigener Sache nicht in der Lage gewesen. Darüber hinaus fehle es an der Vollständigkeit der Urteilsbegründung, weil das FG in der Darstellung des Tatbestandes die beiden Aufrechnungsmöglichkeiten (des Antragstellers und des FA) in einer Weise vermengt habe, die den Sachverhalt ungeordnet und unvollständig, ja sogar falsch erscheinen lasse.
Entscheidungsgründe
Der Antrag des Klägers auf Gewährung von PKH ist unbegründet, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --).
Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund dessen Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen zumindest für vertretbar hält, in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist und deshalb bei summarischer Prüfung für einen Eintritt des angestrebten Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 16. Dezember 1986 VIII B 115/86, BFHE 148, 215, BStBl II 1987, 217, und vom 2. Juni 1987 VII B 20/87, BFH/NV 1988, 261). Nach Auffassung des Senats sind diese Voraussetzungen im Streitfall nicht erfüllt.
1. Bei der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung erweist sich die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet.
a) Nach summarischer Prüfung entspricht die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht den Begründungsanforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO und ist damit nicht schlüssig erhoben.
Zur schlüssigen Rüge eines Verfahrensmangels i. S. von § 119 Nr. 3 FGO ist es erforderlich, daß substantiiert dargelegt wird, wozu sich der Beteiligte nicht hat äußern können und was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte (vgl. BFH-Beschluß vom 21. Juni 1989 II B 15/89, BFH/NV 1990, 174; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 119 Rdnr. 13). Da es sich um einen verzichtbaren Verfahrensmangel handelt (vgl. § 295 ZPO i. V. m. § 155 FGO), ist die Rüge zudem nur dann schlüssig erhoben, wenn der Beschwerdeführer substantiiert vorträgt, daß er die Rechtsverletzung in der Vorinstanz gerügt habe oder weshalb ihm eine solche Rüge nicht möglich gewesen sei (vgl. BFH-Urteil vom 17. Oktober 1979 I R 247/78, BFHE 129, 524, BStBl II 1980, 299, und BFH-Beschluß vom 18. September 1995 X R 89--90/94, BFH/NV 1996, 331, m. w. N.). Schließlich ist darzulegen, daß bei Gewährung des rechtlichen Gehörs eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre (vgl. BFH-Beschluß vom 15. September 1995 V B 55/95, BFH/NV 1996, 330).
b) Diesen Anforderungen an eine schlüssige Darlegung des behaupteten Verfahrensmangels der Verletzung des rechtlichen Gehörs wird die Beschwerdeschrift nicht gerecht. Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat das FG dem ordnungsgemäß ge ladenen Antragsteller in der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit gegeben, Ausführungen zur Sach- und Rechtslage zu machen und die aus seiner Sicht erforderlichen Klageanträge zu stellen. Diese Möglichkeit hat der Antragsteller auch wahrgenommen. Soweit er nun vorträgt, aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht in der Lage gewesen zu sein, sein Anliegen fachkundig vorzutragen, kann der geltend gemachte Verfahrensmangel darauf nicht gestützt werden. Die sachkundige Vertretung liegt grundsätzlich in der Prozeßverantwortung der Beteiligten. Von Amts wegen ist eine Prüfung der Prozeßfähigkeit nur dann erforderlich, wenn sich vernünftige Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Beteiligten ergeben (vgl. von Wallis in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 116 FGO Rdnr. 6).
Daß sich dem FG derartige Zweifel hätten aufdrängen müssen, ist nicht vorgetragen worden und nicht ersichtlich. Ausweislich des Sitzungsprotokolls war der Antragsteller in der Lage, dem Gang der Verhandlung zu folgen und auch schlüssige Klageanträge zu stellen. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Antragsteller wegen der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht in der Lage gewesen wäre, sich vor dem FG rechtliches Gehör zu verschaffen.
c) Der Antragsteller hat darüber hinaus nicht schlüssig dargelegt, aus welchem Grund ihm durch die Verfahrensweise des FG, die Entscheidung in der Hauptsache mit der Entscheidung über die Gewährung von PKH zu verbinden, der Anspruch auf rechtliches Gehör versagt worden ist. Zwar ist es grundsätzlich nicht statthaft, über die PKH-Bewilligung erst nach der Verhandlung in der Hauptsache zu entscheiden (vgl. Zöller, Zivilprozeßordnung, 19. Aufl., § 118 Rdnr. 14; Stein/Jonas/Brok, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 21. Aufl., § 118 Rdnr. 5; BFH-Beschluß vom 25. März 1986 III B 5--6/86, BFHE 146, 223, BStBl II 1986, 526). Diese unrichtige Sachbehandlung (vgl. Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Hamburg vom 26. September 1985 OVG Bs VII 466/85, Der Deutsche Rechtspfleger 1986, 68, und Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 1984 4 TI 63/83, Neue Juristische Wochenschrift -- NJW -- 1985, 218) führt jedoch nicht in jedem Fall zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dies ist vielmehr nur dann anzunehmen, wenn entscheidungserhebliches Parteivorbringen aus diesem Grunde tatsächlich unberücksichtigt geblieben ist. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Streitfall von dem Fall, der dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG -- vom 13. Juli 1992 1 BvR 99/90 (NJW- Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 1993, 382) zugrunde lag. Die nach Ansicht des BVerfG mit Sinn und Zweck der PKH nicht zu vereinbarende Zurückstellung der Bescheidung des PKH-Antrags bis nach der Entscheidung über die Hauptsache hatte dazu geführt, daß das Vorbringen des Beschwerdeführers aufgrund des Fehlens der Postulationsfähigkeit in keiner Weise berücksichtigt worden war. Da der Beschwerdeführer zudem in der Vorinstanz obsiegt hatte, konnte nicht ausgeschlossen werden, daß bei Berücksichtigung dieses Vorbringens in der Beschwerdeinstanz eine für ihn günstigere Entscheidung ergangen wäre. Aus diesem Grund hat das BVerfG einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG angenommen.
Im Streitfall hingegen sind sowohl die Schriftsätze als auch die Ausführungen des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung in vollem Umfang durch das FG berücksichtigt und der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Darüber hinaus hat der Antragsteller nicht substantiiert dargelegt, was er bei einer Gewährung von PKH über das bereits Vorgetragene hinaus noch hätte vortragen wollen, um der abgewiesenen Klage zum Erfolg zu verhelfen.
d) Nach summarischer Prüfung ist auch nicht nachvollziehbar, warum das FG durch seine Verfahrensweise dem Antragsteller die Gelegenheit zur Einlegung einer Beschwerde gegen den ablehnenden PKH- Beschluß genommen und ihm dadurch rechtliches Gehör verweigert haben soll. Zum einen enthält der Beschluß eine Rechtsmittelbelehrung, und zum anderen ist die Einlegung einer Beschwerde auch nach Beendigung des finanzgerichtlichen Verfahrens und in bestimmten Fällen selbst bei einem klageabweisenden Urteil statthaft, sofern der Antrag -- wie im Streitfall -- vor Beendigung der Instanz gestellt worden ist (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 142 FGO Tz. 72 und 96). Eine solche Beschwerde, mit der die nachteiligen Kostenfolgen des erstinstanzlichen Urteils hätten abgewendet werden können, hat der Antragsteller jedoch nicht eingelegt. Er strebt vielmehr mit den Rechtsmitteln der Revision und der Nichtzulassungsbeschwerde im Kern seines Vorbringens eine materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils an.
e) Die Verfahrensrüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs erscheint bei summarischer Überprüfung auch deshalb nicht schlüssig, weil der Antragsteller nicht dargelegt hat, warum er in der mündlichen Verhandlung die angebliche Rechtsverletzung nicht rügen konnte. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Ladung war es für den Antragsteller erkennbar, daß es zur Durchführung der Hauptverhandlung kommen sollte, denn die Ladung zur mündlichen Verhandlung enthielt weder einen Hinweis noch eine Beschränkung auf das PKH-Verfahren. Darüber hinaus mußte es dem Antragsteller -- auch unter Berücksichtigung der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigung -- aufgrund seiner berufsspezifischen Ausbildung und Erfahrung als ehemaliger Steuerberater bekannt sein, daß Entscheidungen im Verfahren über die PKH ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 127 Abs. 1 ZPO), und daß ein Erörterungstermin i. S. von § 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO die Anwesenheit beider Parteien und die Erwartung einer Einigung voraussetzt. Beide Voraussetzungen waren im Streitfall jedoch nicht erfüllt. Auch der tatsächliche Ablauf der Verhandlung läßt erkennen, daß der Antragsteller davon ausgegangen ist, es werde zur Hauptsache verhandelt. Ausweislich des Sitzungsprotokolls stellte er die seiner Ansicht nach sachdienlichen Klageanträge, einschließlich des Hilfsantrags, die Revision zuzulassen. Ausführungen zur PKH- Sache machte er hingegen nicht. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Antragsteller tatsächlich angenommen hat, es handle sich lediglich um eine Erörterung zur Vorbereitung der PKH-Entscheidung. Eine Rüge des Verfahrensmangels in der mündlichen Verhandlung wäre ihm daher möglich und auch zumutbar gewesen. Dies gilt sowohl für einen Hinweis auf die noch fehlende schriftliche Klagebegründung -- zu deren Anforderung das FG gemäß § 79 Abs. 1 FGO nicht verpflichtet ist -- als auch hinsichtlich der Rüge der ausstehenden PKH-Entscheidung zur Durchführung der Hauptverhandlung.
f) Die Rüge des Antragstellers, das FG habe seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) zugrunde gelegt, ist zwar schlüssig erhoben, sie ist jedoch nicht begründet.
Die Behauptung, das FG habe den Inhalt der Untätigkeitsbeschwerde, des Einspruchs und der Klage mißachtet, indem es dem Urteil einen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt und deshalb § 226 Abs. 1 AO 1977 rechtsfehlerhaft angewandt habe, wird durch die Urteilsbegründung widerlegt. Das Vorbringen des Antragstellers steht deshalb im Widerspruch zu den Ausführungen des FG, weil der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils den angeblich nicht berücksichtigten Tatsachenvortrag enthält. In der Begründung des Urteils hat das FG das Vorbringen auch rechtlich gewürdigt und ausgeführt, daß dem Antragsteller ein Anspruch gegen das FA auf eine gesonderte Ermessensentscheidung hinsichtlich der begehrten Aufrechnungserklärung seitens des FA wegen Fehlens einer entsprechenden Anspruchsgrundlage nicht zusteht. Das Vorbringen des Antragstellers, das FG sei dennoch von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen, ist daher nicht geeignet, den behaupteten Verfahrensmangel zu begründen. Mit den weiteren Ausführungen rügt der Antragsteller ausdrücklich die falsche Rechtsanwendung in bezug auf § 226 Abs. 1 bzw. Abs. 3 AO 1977 und damit einen materiellen Rechtsfehler, der die Zulassung einer Verfahrensrevision nicht rechtfertigen kann.
2. Der Senat vermag bei summarischer Prüfung auch nicht zu erkennen, daß im Streitfall die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Revision nach § 116 FGO vorliegen würden. Die vom Antragsteller erhobenen Verfahrensrügen nach § 116 Abs. 1 Nr. 3 und 5 FGO sind nicht schlüssig vorgebracht.
a) Zur Rüge eines Mangels in der Vertretung i. S. von § 119 Nr. 4 FGO, der gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO die zulassungsfreie Revision eröffnen würde, muß sich aus den vorgetragenen Tatsachen ergeben, daß der Beteiligte in gesetzeswidriger Weise im Verfahren vor dem FG nicht vertreten war. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn das Gericht bei der Vorbereitung oder Durchführung der mündlichen Verhandlung den gesetzlichen Vorschriften nicht genügt und dadurch den Beteiligten die Teilnahme unmöglich gemacht hat (vgl. BFH-Beschluß vom 27. Januar 1988 IV R 14/86, BFHE 152, 196, BStBl II 1988, 447); denn nur wenn ein Verfahrensbeteiligter -- z. B. aufgrund einer unterlassenen Ladung -- im Prozeß überhaupt nicht vertreten war, liegt ein wesentlicher Mangel des Verfahrens vor, der wegen seiner besonderen Schwere die zulassungsfreie Revision eröffnen kann (vgl. BFH-Beschluß vom 25. Juli 1979 VI R 3/79, BFHE 128, 176, BStBl II 1979, 654).
Ausweislich des Sitzungsprotokolls erhielt der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung das Wort und stellte die seiner Ansicht nach gebotenen Klageanträge. Bei dieser Sachlage fehlt es an einem schlüssigen Tatsachenvortrag, aus dem sich ergibt, der Antragsteller sei im erstinstanzlichen Verfahren nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen.
Auch der Vortrag, er habe angenommen, es handle sich bei dem anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung lediglich um die Erörterung der PKH-Sache und nicht um die Hauptverhandlung, kann der Verfahrensrüge nicht zur Schlüssigkeit verhelfen. Der Antragsteller konnte die an ihn gerichtete Ladung nicht dahingehend verstehen, es würde lediglich zu einem Erörterungstermin nach § 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO geladen, denn aus dem Wortlaut der Ladung geht die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung schon vordruckmäßig eindeutig hervor. Wie bereits ausgeführt, hätte dem Antragsteller als ehemaligem Steuerberater aufgrund seiner berufsspezifischen Ausbildung und Erfahrung bekannt sein müssen, daß Entscheidungen im Verfahren über die PKH ohne mündliche Verhandlung ergehen. Darüber hinaus läßt auch der tatsächliche Ablauf der Verhandlung erkennen, daß der Antragsteller zur Hauptsache verhandelt hat, denn er hat keinen Antrag auf Gewährung von PKH, sondern nach Darlegung der Streitsache die Anträge in der Hauptsache gestellt. Aus den vorstehend dargestellten Umständen ergibt sich, daß es dem Antragsteller durchaus erkennbar war, daß zur Hauptsache verhandelt wurde und er folglich nicht mehr darauf vertrauen konnte, ihm werde antragsgemäß noch vor einer Verhandlung und Entscheidung zur Hauptsache PKH gewährt und ein Prozeßbevollmächtigter beigeordnet.
Den seiner Ansicht nach bestehenden Mangel der Vertretung durch einen sachkundigen Prozeßbevollmächtigten, weil über den Antrag auf PKH und Beiordnung eines Prozeßbevollmächtigten noch nicht entschieden war, hätte der Antragsteller spätestens in der mündlichen Verhandlung geltend machen müssen. Die rügelose Einlassung rechtfertigt den Schluß, daß er der Prozeßführung zumindest stillschweigend zugestimmt hat. Gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO kann in diesem Fall nicht mehr geltend gemacht werden, es habe ein besonders schwerwiegender Verfahrensmangel vorgelegen, der die zulassungsfreie Revision eröffnet.
b) Bei summarischer Prüfung vermag der Senat die schlüssige Darlegung eines Verfahrensmangels auch nicht dem Vortrag zu entnehmen, der Antragsteller sei aufgrund der Einnahme von Medikamenten nicht in der Lage gewesen, den Prozeß ohne Beiordnung eines Prozeßbevollmächtigten ordnungsgemäß zu führen und infolgedessen nicht vertreten gewesen. Auch wenn die Behauptung zutrifft, bei ihm sei aufgrund einer neurologischen Behandlung und der Einnahme von Medikamenten eine Senkung des IQ um etwa 20 bis 25 Punkte eingetreten, so folgt daraus nicht, daß ihm die Bedeutung der mündlichen Verhandlung und seine Einlassung in den Prozeß nicht erkennbar waren und nicht bewußt gewesen sind. Im übrigen hätte spätestens in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit bestanden, die mangelnde Befähigung zur sachgerechten Prozeßführung geltend zu machen. Daß im Streitfall für das FG Veranlassung bestanden haben sollte, die Prozeßfähigkeit des Antragstellers in Frage zu stellen, ist nicht vorgetragen worden und nicht ersichtlich. Das Vorbringen enthält nicht die Behauptung, daß das FG auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung und die mangelnde fachliche Befähigung zur Prozeßführung hingewiesen worden sei. Wie bereits ausgeführt, ist aber die Prozeßfähigkeit eines Beteiligten von Amts wegen nur dann zu prüfen, wenn sich vernünftige Zweifel an dessen Geschäftsfähigkeit ergeben.
c) Der Antragsteller hat auch mit der Behauptung, das Urteil sei nicht mit einer vollständigen Begründung versehen, die Rüge eines wesentlichen Verfahrensmangels nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO nicht schlüssig erhoben.
Gemäß § 105 Abs. 2 FGO sind Urteile zu begründen. Die Wiedergabe der Entscheidungsgründe dient der Mitteilung der wesentlichen rechtlichen Erwägungen, die aus der Sicht des Gerichts für die betroffene Entscheidung maßgebend waren. Ein Fehlen von Entscheidungsgründen i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO liegt deshalb nur dann vor, wenn Gründe ganz oder zu einem wesentlichen Teil fehlen und den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Richtigkeit und Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (vgl. BFH-Urteil vom 23. Januar 1985 I R 292/81, BFHE 143, 325, BStBl II 1985, 417). Entscheidungsgründe fehlen auch dann, wenn das FG einen selbständigen prozessualen Anspruch oder ein selbständiges Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat. Unter selbständigen Angriffs- oder Verteidigungsmitteln sind nur die eigenständigen Klagegründe und solche Angriffs- und Verteidigungsmittel zu verstehen, die den vollständigen Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestalteten Rechtsnorm bilden (BFH-Beschluß vom 9. Februar 1977 I R 136/76, BFHE 121, 298, BStBl II 1977, 351). Dagegen kann die Rüge einer bloß lückenhaften oder fehlerhaften Begründung eine zulassungsfreie Revision nicht eröffnen, denn die Verfahrensrüge nach § 116 Abs. 1 FGO darf nicht dazu dienen, lediglich die Rüge der Verletzung materiellen Rechts zu verdeken (vgl. BFH-Urteil vom 9. August 1995 VI R 48/95, BFH/NV 1996, 160, m. w. N.).
d) Soweit der Antragsteller Einwendungen gegen den im Urteil dargestellten Tatbestand erhebt, nämlich die Sachverhaltsdarstellung sei ungeordnet, unvollständig, falsch und aus sich heraus unverständlich, sind diese zur schlüssigen Darlegung eines Begründungsmangels i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO nicht geeignet. Denn dieser Verfahrensmangel bezieht sich nicht auf den Urteilstatbestand, sondern auf die Urteilsgründe. Mängel des Tatbestands sind ggf. mit dem Antrag auf Tatbestandsberichtigung (§ 108 FGO) geltend zu machen (Gräber/Ruban, a. a. O., § 119 Rdnr. 23). Daß das FG auch in den Entscheidungsgründen die beanstandete Vermengung der angeblich bestehenden Aufrechnungsmöglichkeiten -- einerseits des Antragstellers, andererseits des FA -- vorgenommen habe, ist vom Antragsteller nicht behauptet worden. Diese beiden Sachverhaltskomplexe sind in der Urteilsbegründung auch rechtlich getrennt gewürdigt worden. In diesem Zusammenhang ist es -- entgegen dem Vorbringen des Antragstellers -- auch nicht als Begründungsmangel anzusehen, daß das FG die für den Fall einer Aufrechnung des FA anzuwendende Vorschrift des § 226 Abs. 1 AO 1977 unerwähnt gelassen hat. Aus der Sicht der Vorinstanz bestand zu einer Erwähnung dieser Vorschrift keine Veranlassung. Im Kern seines Vorbringens rügt der Antragsteller nicht das Fehlen von Entscheidungsgründen, sondern materielle Rechtsfehler bei der Entscheidungsfindung und allenfalls Lücken in der Urteilsbegründung. Nach summarischer Prüfung ist der Vortrag des Antragstellers daher nicht geeignet, eine Verletzung des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO schlüssig darzulegen. Die Urteilsbegründung läßt im übrigen die rechtlichen Erwägungen, auf die das FG die Abweisung der Klage gestützt hat, in einer Weise erkennen, die es durchaus ermöglicht, das Urteil auf seine Richtigkeit und Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.
Fundstellen