Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von Prozeßkostenhilfe an eine Kommanditgesellschaft
Leitsatz (NV)
Zu den ,,parteifähigen Vereinigungen", die im finanzgerichtlichen Verfahren nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 116 Nr. 2 ZPO Prozeßkostenhilfe erhalten können, zählt auch eine Kommanditgesellschaft.
Normenkette
FGO § 142 Abs. 1; ZPO § 116 Nr. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine in Liquidation befindliche KG, beschäftigte sich in der Vergangenheit mit der Vermögensberatung und der Finanzplanung. Gesellschafter waren A als Komplementär und seine Mutter als Kommanditistin. Zwischen der Klägerin und dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) ist in der Hauptsache streitig, ob die Klägerin im Jahre 1970 von der früheren Fluggesellschaft X Provisionen von rd. 2 000 000 DM erhalten hat und ob ihr darüber hinaus von einem spanischen Staatsbürger für die Vermittlung des Verkaufs von 211 Appartements eine Provision von 3 000 000 ptas zugegangen ist. Diese Vorgänge sind seitens des FA nach einer Betriebsprüfung steuererhöhend berücksichtigt worden. Die Klägerin hat deswegen die Gewinnfeststellungen 1970 und 1971, die Gewerbesteuermeßbeträge 1970 und 1971 sowie den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1971 geändert. Die Bescheide sind mit Einspruch und Klage angegriffen; das Finanzgericht (FG) hat über die Klage noch nicht entschieden.
Im Verfahren vor dem FG hat die Klägerin die Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) beantragt. Das FG hat diesen Antrag zurückgewiesen, weil es sich bei der Klägerin um eine parteifähige Vereinigung handle, der PKH gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), § 116 Nr. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) nur gewährt werden könne, wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwiderlaufe. Daran fehle es im Streitfall. Zudem biete die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach dem gegenwärtigen Sachstand keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist nach § 128 Abs. 1 FGO zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
Die Gewährung von PKH im Verfahren vor dem FG richtet sich gemäß § 142 Abs. 1 FGO nach den einschlägigen Vorschriften der ZPO. Diese stellt in § 116 Nr. 2 ZPO für die Gewährung von PKH an inländische juristische Personen oder parteifähige Vereinigungen besondere Voraussetzungen auf. Als parteifähige Vereinigung im Sinne dieser Vorschrift ist auch die klagende KG anzusehen. Dies gilt für den Zivilprozeß, in dem eine KG gemäß §§ 124 Abs. 1, 161, 164 des Handelsgesetzbuches (HGB) als parteifähig anzusehen ist (vgl. Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, Zivilprozeßordnung, 45. Aufl., § 116 Anm. 4). Entsprechendes gilt entgegen der Auffassung der Klägerin auch im finanzgerichtlichen Verfahren.
Soweit Gewerbesteuermeßbescheide ergangen sind, wird dadurch eine nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) bestehende objektive Steuerpflicht der Gesellschaft geltend gemacht. Dies gilt ungeachtet dessen, daß in § 5 Abs. 1 Satz 2 GewStG in der in den Streitjahren und danach noch bis zum Inkrafttreten der Abgabenordnung (AO 1977) geltenden Fassung bestimmt war, daß diejenigen, für deren Rechnung das Gewerbe betrieben wird, Gesamtschuldner der Gewerbesteuer sind. Sachlich gewerbesteuerpflichtig waren auch in diesem Fall nicht die Gesellschafter, sondern die Gesellschaft (Lensky / Steinberg, Gewerbesteuergesetz, 6. Aufl., § 5 Anm. 4). Insoweit ergibt sich die Parteifähigkeit der Klägerin bereits aus § 40 Abs. 2 FGO.
Soweit sich die Klägerin gegen die Gewinnfeststellungen 1970 und 1971 wendet, wird sie allerdings im Interesse ihrer Gesellschafter tätig, da deren Einkommensteuer von der Höhe der Gewinnfeststellung abhängt; gleiches gilt auch für die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1971, da diese nicht nur für die Gewerbesteuer der KG, sondern auch für die Vermögensteuer der Gesellschafter von Bedeutung ist. Insoweit ergibt sich aus § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO jedoch ein eigenes Prozeßführungsrecht der Personengesellschaft (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. Mai 1972 IV 251/64, BFHE 105, 449, BStBl II 1972, 672). Dieses Prozeßführungsrecht besteht auch dann, wenn die Personengesellschaft, wie im Streitfall, sich in Liquidation befindet (BFH-Urteil vom 21. Januar 1982 IV R 146/78, BFHE 135, 386, BStBl II 1982, 506). Auch insoweit ist demnach die Personengesellschaft parteifähig und unterliegt bei der Gewährung von PKH den Beschränkungen des § 116 Nr. 2 ZPO. Hiervon ist die Rechtsprechung des BFH auch bisher schon ausgegangen (Beschlüsse vom 26. Mai 1982 I B 98-99/81, BFHE 136, 62, BStBl II 1982, 600; vom 24. September 1985 IV B 65/85, nicht veröffentlicht).
Nach § 116 Nr. 2 ZPO erhält eine parteifähige Vereinigung PKH nur dann, wenn die Kosten weder von ihr noch von dem am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung außerdem den allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde. Ein derartiges allgemeines Interesse kann, wie der BFH im Beschluß in BFHE 136, 62, BStBl II 1982, 600 ausgeführt hat, nur ausnahmsweise angenommen werden. Es müßte in diesem Fall außer den an der Führung des Prozesses wirtschaftlich Beteiligten ein erheblicher Kreis von Personen durch die Unterlassung der Rechtsverfolgung in Mitleidenschaft gezogen werden (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 31. Juli 1973 VII R 125/77, BFHE 110, 176, BStBl II 1973, 851; Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Januar 1985 X ZR 23/85, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 1986, 405). Hierfür ergeben sich, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, im Streitfall keine Anhaltspunkte.
Fundstellen
Haufe-Index 423934 |
BFH/NV 1989, 657 |