Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an zulassungsfreie Revision
Leitsatz (NV)
1. Eine schlüssige Verfahrensrüge setzt voraus, daß die zur Begründung vorgetragenen Tatsachen - ihre Richtigkeit unterstellt - den behaupteten Verfahrensmangel ergeben (Anschluß an BFH-Urteil vom 21. April 1986 IV R 190/85, BFHE 146, 357, BStBl II 1986, 568).
2. Zur Begründung für eine zulassungsfreie Revision, daß die Vorentscheidung nicht mit Gründen versehen sei (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO) muß entweder das Übergehen eines eigenständigen Klagegrundes oder eines selbständigen Angriffs- oder Verteidigungsmittels geltend gemacht werden. Hierfür genügt nicht eine lediglich in die Form einer Verfahrensrüge gekleidete Rüge der Verletzung materiellen Rechts (ständige Rechtsprechung).
3. Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs oder des Verstoßes gegen Vorschriften des BGB begründet keine zulassungsfreie Revision.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 1, § 116 Abs. 1 Nr. 5
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einem Mietwohngrundstück, das er von seinem 1979 gestorbenen Vater geerbt hatte. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte im Jahre 1980 von den Mietern für die Vorjahre gezahlte Umlagen von ca. 6 000 DM als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung an. Die Umlagen hatten sich aus Nachberechnungen für die Vorjahre ergeben, welche der Vater des Klägers nicht mehr vorgenommen hatte. Die Kläger begehrten, die Umlagen als durchlaufende Posten, nicht als Einnahmen zu behandeln.
Einspruch und Klage hatten insoweit keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führt im wesentlichen aus, die von den Mietern an ihren Vermieter entrichteten Umlagen zählten zu den Einnahmen i. S. des § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Es handle sich dabei nicht um Gelder, die ein Vermieter im Namen und für Rechnung seiner Mieter vereinnahme und verausgabe (sog. durchlaufende Posten); denn der Vermieter sei selbst zur Zahlung dieser Beträge verpflichtet.
Dagegen richtet sich die Revision der Kläger. Sie machen im wesentlichen geltend, es lägen Gesetzesverstöße durch Nichtbeachtung grundsätzlicher Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und grobe Verstöße gegen das rechtliche Gehör vor. Die Entscheidung sei nicht mit Gründen versehen. Den von ihnen vorgetragenen Gesichtspunkt, daß beim Erblasser entstandene Forderungen nicht beim späteren Einzug der Forderungen durch den Erben als dessen Einkommen versteuert werden könnten, habe das FG im Urteil nicht einmal erwähnt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Die Revision ist nur statthaft, wenn sie zugelassen ist (§ 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -) oder ein Verfahrensmangel i. S. des § 116 Abs. 1 FGO schlüssig gerügt wird. Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger hat der erkennende Senat mit Beschluß vom heutigen Tage IX B 105/88 als unzulässig verworfen.
Die Kläger haben den Verfahrensmangel des Fehlens von Entscheidungsgründen (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO) nicht schlüssig gerügt. Eine schlüssige Rüge setzt voraus, daß die zur Begründung vorgetragenen Tatsachen - ihre Richtigkeit unterstellt - den behaupteten Verfahrensmangel ergeben (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. April 1986 IV R 190/85, BFHE 146, 357, BStBl II 1986, 568). Hieran fehlt es im Streitfall.
Die Kläger rügen das Fehlen einer Begründung hinsichtlich ihres Einwandes, es habe sich bei den Umlagen um zur Erbmasse gehörende Forderungen des Erblassers gehandelt, die deshalb allenfalls erbschaftsteuerrechtlich zu behandeln gewesen seien. Dadurch machen sie weder das Übergehen eines eigenständigen Klagegrundes noch ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend, welches den vollständigen Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm bildet (vgl. hierzu BFH-Beschluß vom 9. Februar 1977 I R 136/76, BFHE 121, 298, BStBl II 1977, 351). Die Kläger haben weder einen Antrag auf Ermäßigung der Einkommensteuer wegen Belastung durch Erbschaftsteuer (§ 35 EStG) gestellt, noch können sie ihre Rüge auf eine andere selbständige Rechtsnorm stützen. Die Einwendungen der Kläger stellen sich lediglich als eine in die Form einer Verfahrensrüge gekleidete Rüge der Verletzung materiellen Rechts dar, die nicht die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 FGO erfüllt (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 121, 298, BStBl II 1977, 351, und vom 6. März 1985 II R 240/83, BFHE 143, 393, BStBl II 1985, 494).
Abgesehen davon, daß auch die behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht schlüssig gerügt ist, handelt es sich bei diesem Verfahrensmangel nicht um einen Verfahrensverstoß i. S. des § 116 Abs. 1 FGO, der eine zulassungsfreie Revision begründet.
Der Verstoß gegen Vorschriften des BGB wird in § 116 FGO ebenfalls nicht als Zulassungsgrund genannt.
Die nicht statthafte Revision war durch Beschluß zu verwerfen (§§ 124, 126 Abs. 1 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 416169 |
BFH/NV 1989, 527 |