Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs ausschließlich mit Beschwerde anfechtbar; keine zulassungsfreie Revision wegen Ablehnung eines Vertagungsantrages
Leitsatz (NV)
1. Die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs ist auch nach Ergehen einer die Instanz abschließenden Entscheidung ausschließlich mit der Beschwerde anfechtbar.
2. Ein Fall mangelnder Vertretung i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO ist nicht gegeben, wenn ein Antrag auf Vertagung einer mündlichen Verhandlung abgelehnt und durch Urteil entschieden wird.
Normenkette
FGO §§ 51, 116 Abs. 1 Nrn. 2-3, § 119 Nrn. 2, 4
Verfahrensgang
Gründe
Die Revision ist unzulässig.
1. Nach § 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs i. d. F. des Gesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl I, 2236) findet die Revision grundsätzlich nur statt, wenn das Finanzgericht (FG) oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat. Im Streitfall haben weder das FG noch der BFH die Revision zugelassen.
2. Auch die Voraussetzungen einer zulassungsfreien (Verfahrens-)Revision (§ 116 Abs. 1 FGO) liegen nicht vor:
a) Soweit die Kläger und Revisionskläger (Kläger) rügen, das Gericht sei infolge einer Ablehnung des Einzelrichters nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, ist ein Mangel nicht schlüssig gerügt. Die Mitwirkung eines abgelehnten Richters ist kein Zulassungsgrund i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO, da insoweit § 116 Abs. 1 Nr. 2 FGO eine Sonderregelung enthält (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 30. November 1981 GrS 1/80, BFHE 134, 525, 531, BStBl II 1982, 217).
b) Auch ein Verfahrensmangel i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 2 FGO ist nicht schlüssig dargetan. Nach dieser Vorschrift ist eine Revision ohne Zulassung nur dann statthaft, wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt worden ist.
Ein Ausschließungsgrund i. S. von § 51 Abs. 1 FGO i. V. m. § 41 der Zivilprozeßordnung oder i. S. von § 51 Abs. 2 FGO ist von den Klägern nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich.
Soweit die Kläger rügen, ihre Ablehnungsgesuche seien zu Unrecht zurückgewiesen bzw. nicht beschieden worden, legen sie keinen Verfahrensmangel i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 2 FGO dar; denn ein solcher setzt voraus, daß bei der angefochtenen Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der mit Erfolg abgelehnt worden ist (BFH-Beschluß vom 2. März 1978 IV R 120/76, BFHE 125, 12, BStBl II 1978, 404).
Entgegen der Auffassung der Kläger war die Zurückweisung ihres Ablehnungsgesuchs durch den Beschluß vom 17. Februar 1995 ausschließlich mit der auch nach Erlaß des Urteils vom 20. Februar 1995 zulässigen Beschwerde anfechtbar (Großer Senat des BFH in BFHE 134, 525, 530f., BStBl II 1982, 217). Die Frage der Begründetheit eines Ablehnungsgesuchs kann nicht Gegenstand revisionsrichterlicher Nachprüfung sein; in das Revisionsverfahren kann erst das (positive) Ergebnis des als selbständiges Zwischenverfahren ausgestalteten Ablehnungsverfahrens eingeführt werden.
c) Auch eine mangelnde Vertretung der Kläger i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO ist nicht ersichtlich. Nach dieser Vorschrift ist die zulassungsfreie Revision eröffnet, wenn ein Beteiligter in gesetzeswidriger Weise nicht im Verfahren vertreten war. Die Vorschrift soll gewährleisten, daß der Beteiligte Gelegenheit erhält, entweder in eigener Person oder vertreten durch seinen Bevollmächtigten seinen Standpunkt darzulegen (BFH-Urteil vom 8. Februar 1991 III R 190/86, BFH/NV 1992, 41).
Die Kläger, die zunächst an der mündlichen Verhandlung vom 20. Februar 1995 teilgenommen hatten, beanstanden, daß diese fortgesetzt worden sei, obwohl sie die Verhandlung aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigung der Klägerin hätten verlassen müssen. Soweit die Kläger damit rügen, daß die mündliche Verhandlung entgegen ihrem Begehren nicht unterbrochen oder vertagt worden ist, ergibt sich hieraus kein Verfahrensmangel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO; ein Fall mangelnder Vertretung ist nämlich nicht bereits gegeben, wenn ein Antrag auf Vertagung einer mündlichen Verhandlung abgelehnt und durch Urteil entschieden wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 16. Januar 1986 III B 71/84, BFHE 145, 497, BStBl II 1986, 409, und vom 24. März 1994 X R 85/93, BFH/NV 1994, 648). Im übrigen haben die Kläger die mündliche Verhandlung zu einem Zeitpunkt verlassen, zu dem die Klägerin nach Beurteilung der Sachverständigen noch verhandlungsfähig war.
d) Schließlich ist die von den Klägern gerügte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht geeignet, die zulassungsfreie Revision zu eröffnen (BFH-Beschluß vom 11. April 1978 VIII R 215/77, BFHE 125, 28, BStBl II 1978, 401). Dasselbe gilt für die Rüge, das FG habe zu Unrecht durch Zwischenurteil entschieden; insoweit wird lediglich die unzutreffende Anwendung der Verfahrensvorschrift des § 99 Abs. 2 FGO beanstandet.
Fundstellen