Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit für Nichtigkeitsklagen;Verweisung an das FG
Leitsatz (NV)
1. Hat das Revisionsgericht keine Sachentscheidung getroffen und werden nur Einwendungen gegen das erstinstanzliche Urteil erhoben, so ist der Bundesfinanzhof für die Entscheidung über eine Nichtigkeitsklage nicht zuständig.
2. Auch bei einer instanziellen Unzuständigkeit ist eine Verweisung von Amts wegen an das Finanzgericht zulässig.
Normenkette
FGO § 70 S. 1, § 134; GVG § 17a Abs. 1 S. 1, § 17b Abs. 2 S. 1; ZPO § 579 Abs. 1 Nr. 4, § 584 Abs. 1
Tatbestand
Die Kläger sind Rechtsnachfolger der ehemaligen Gesellschafter der 1979 durch Umwandlung auf die Z-GmbH (GmbH) vollbeendeten Z-GmbH und Co. KG (KG). Die gegen die für die KG ergangenen, geänderten Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1974 bis 1976 erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) im wesentlichen als unbegründet zurück.
Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision verwarf der erkennende Senat mit Beschluß vom 17. Dezember 1993 ( ... ).
Mit der beim Bundesfinanzhof (BFH) erhobenen Wiederaufnahmeklage VIII K 1/94 machen die Kläger sinngemäß geltend, die als Komplementärin beteiligt gewesene und während des Klageverfahrens in Konkurs geratene Z-GmbH sei im finanzgerichtlichen Verfahren nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen (§ 579 Abs. 1 Ziff. 4 der Zivilprozeßordnung -- ZPO -- i. V. m. § 134 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Der Vorsitzende des erkennenden Senats hat mit Schreiben vom 18. November 1994 die Verfahrensbeteiligten auf die Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit des BFH hingewiesen.
Die Kläger (Schreiben des Prozeßbevollmächtigten vom 24. November 1994) und das beklagte Finanzamt -- FA -- (Schriftsatz vom 2. Dezember 1994) haben keine Einwendungen erhoben.
Entscheidungsgründe
Der BFH ist funktionell (vgl. dazu Koch/Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., Vor §§ 35 bis 39 Rz. 2) für die Nichtigkeitsklage unzuständig (§§ 579 Abs. 1 Nr. 4, 584 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 134 FGO).
Der Rechtsstreit wird danach entsprechend § 70 Satz 1 FGO i. V. m. § 17 a Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) von Amts wegen an das FG als instanziell zuständiges Gericht verwiesen.
Hat das Revisionsgericht keine Sachentscheidung getroffen und werden nur Einwendungen gegen das erstinstanzliche Urteil erhoben, so ist das Revisionsgericht nicht gemäß § 584 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 134 FGO für die Entscheidung über eine Nichtigkeitsklage nach § 579 ZPO zuständig (vgl. Beschlüsse des BFH vom 17. Februar 1994 VII B 245/93, BFH/NV 1994, 875, 876; vom 14. August 1979 VII K 11/74, BFHE 128, 487, BStBl II 1979, 777, 778; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts -- BVerwG -- vom 18. Mai 1973 II A 2/72, Steuerrechtsprechung in Karteiform -- StRK --, Finanzgerichtsordnung, § 134, Rechtsspruch 12; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 134 FGO Rz. 17; Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 21. Aufl., § 584 Rz. 7).
Auch bei einer sog. instanziellen Unzuständigkeit ist eine Verweisung von Amts wegen an das FG analog § 70 FGO zulässig (vgl. Beschluß des BVerwG vom 13. Februar 1964 VIII C 183.63, BVerwGE 18, 53, 58; Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 10. Aufl., § 83 Rz. 4; Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 11. Aufl., § 83 Rz. 1; einschränkend Koch/Gräber, a. a. O., § 70 Rz. 5). Der BFH hat im Beschwerdeverfahren ... keine Sachentscheidung getroffen. Die Einwendungen der Kläger betreffen ausschließlich das finanzgerichtliche Urteil. Zudem war die Z-GmbH, deren mangelnde Vertretung gerügt wird, auch nicht Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren ...
Entsprechend § 17 b Abs. 2 Satz 1 GVG i. V. m. § 70 FGO hat das FG auch über die durch die Anrufung des BFH entstandenen Kosten mitzuentscheiden (vgl. Koch/Gräber, a. a. O., Anhang § 33 Rz. 29; § 70 Rz. 14).
Fundstellen