Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiteranwendung des VStG auf alle Veranlagungszeiträume bis zum Ablauf des 31.12.1996: Auslegung des Tenors des BVerfG-Beschlusses vom 22.6.1995 2 BvL 37/91 nicht als Nichtigkeitserklärung, sondern als Anordnung zur befristeten Fortgeltung
Leitsatz (amtlich)
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, daß das Vermögensteuergesetz auf alle bis zum 31. Dezember 1996 verwirklichten Tatbestände weiterhin anwendbar ist.
Orientierungssatz
Das BVerfG hat in seinem Beschluß vom 22.6.1995 2 BvL 37/91 für das Vermögensteuergesetz keine Nichtigkeitserklärung (vgl. Ausführungen zu deren Folgen) ausgesprochen, sondern lediglich die Unvereinbarkeit mit Art. 3 Abs.1 GG festgestellt. Der Senat sieht die Entscheidung des BVerfG als (befristete) Anordnung der Fortgeltung des VStG an (Ausführungen zur Auslegung des Tenors der BVerfG-Entscheidung); damit dürfen auch nach Ablauf des 31.12.1996 Vermögensteuerbescheide für 1996 und die Vorjahre ergehen.
Normenkette
BVerfGG § 31 Abs. 2, §§ 78-79, 82 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2-3; GG Art. 3 Abs. 1; VStG 1974 § 10 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Am 19. Juni 1995 reichten die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) die Vermögensteuererklärung auf den 1. Januar 1995 beim Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) ein. Durch Bescheid vom 25. Februar 1997 setzte das FA der Steuererklärung folgend Vermögensteuer auf den 1. Januar 1995 in Höhe von 4 185 DM jährlich fest.
Hiergegen legten die Antragsteller am 17. März 1997 Einspruch ein. Gleichzeitig beantragten sie die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids. Sie vertraten die Auffassung, daß nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BStBl II 1995, 655) die Festsetzung von Vermögensteuer nach dem 31. Dezember 1996 auch für vorangegangene Zeiträume rechtswidrig sei.
Über den Einspruch ist noch nicht entschieden. Der Antrag auf Aussetzung von Vollziehung wurde vom FA am 20. März 1997 abgelehnt.
Daraufhin beantragten die Antragsteller unter Wiederholung ihres Vorbringens im Einspruchsverfahren nunmehr Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Vermögensteuerbescheids beim Finanzgericht (FG). Sie ergänzten ihr Vorbringen um einen Hinweis auf die Ausführungen von Schüppen, Deutsches Steuerrecht (DStR) 1997, 225.
Das FG hat den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit seiner in DStR 1997, 817 veröffentlichten Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der Beschwerde beantragen die Antragsteller, (sinngemäß) unter Aufhebung der Vorentscheidung die Vollziehung des angefochtenen Vermögensteuerbescheids auf den 1. Januar 1995 bis einen Monat nach Zustellung der Einspruchsentscheidung auszusetzen. Im wesentlichen wiederholen die Antragsteller ihr bisheriges Vorbringen. Allein die Untätigkeit des Gesetzgebers, einen konsensfähigen Gesetzentwurf bis zu der vom BVerfG gesetzten Frist vorzulegen, habe zu der jetzigen, unbefriedigenden und so vom BVerfG sicherlich nicht gewollten Rechtslage geführt. Diese Situation könne nicht auf dem Rücken des Steuerbürgers ausgetragen werden, sondern gehe zu Lasten des Gesetzgebers. Die Negierung der Entscheidung des BVerfG verstoße gegen das in der Verfassung verankerte Willkürverbot. Jeder Finanzrechtsstreit, der höchstrichterlich zugunsten des Steuerbürgers entschieden wird, führe zu einer Ungleichbehandlung der Steuerpflichtigen, die bei gleichem Sachverhalt keinen Rechtsstreit mit dem Fiskus wagten. In seiner Entscheidungsformel habe das BVerfG einen klaren Zeitpunkt normiert, über den hinaus das (verfassungswidrige) Vermögensteuergesetz (VStG) nicht mehr angewendet werden dürfe, ohne daß es hierbei eine Differenzierung im Besteuerungszeitraum vor bzw. nach diesem Zeitpunkt vorgenommen hätte. Einen Anwendungszeitraum habe das BVerfG z.B in seinem Beschluß zur Verfassungswidrigkeit der Grundfreibeträge vom 25. September 1992 2 BvL 5, 8, 14/91, (BVerfGE 87, 153) definiert. Sinn und Zweck der Entscheidung des BVerfG sei es gewesen, dem Gesetzgeber die Möglichkeit zu geben, den bislang verfassungswidrigen Zustand durch einen verfassungsgemäßen zu ersetzen. Indem das Gericht auf eine "weitgehend abgeschlossene Veranlagung" abstelle, solle die Übergangsfrist offensichtlich lediglich ermöglichen, bis zum 31. Dezember 1996 "Veranlagungen abzuschließen". Eine weitergehende Fortgeltung des alten Rechts sei damit nicht intendiert. Da der Gesetzgeber von seiner Freiheit zur Neuregelung des VStG keinen Gebrauch gemacht habe, dürfe das bisherige Recht ab 1. Januar 1997 nicht mehr angewendet werden; insoweit sei die Rechtfertigung für die Weitergeltung der als verfassungswidrig festgestellten Vermögensbesteuerung entfallen.
Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Es bezieht sich auf einen Erlaß des Saarländischen Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen vom 20. März 1997 B/5-11-114/97 - S 3400 und auf die Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums (BMF) in DStR 1997, 529.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde der Antragsteller ist unbegründet.
Zu Recht hat das FG ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Vermögensteuerbescheids verneint.
Der Beschluß des BVerfG vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BStBl II 1995, 655) steht einer nach dem 31. Dezember 1996 erfolgten Festsetzung von Vermögensteuer auf vor dem 31. Dezember 1996 liegende Veranlagungszeitpunkte nicht entgegen.
1. Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts sind zu bejahen, wenn bei einer summarischen Überprüfung des Bescheids neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen, gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182). Derartige Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Vermögensteuerbescheids bestehen jedoch im Streitfall nicht.
Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Vermögensteuerbescheids könnten nur daraus abgeleitet werden, daß die im Streitfall im Jahre 1997 erfolgte Vermögensteuerfestsetzung auf den 1. Januar 1995 nach dem Beschluß des BVerfG in BStBl II 1995, 655, verfassungsrechtlich nicht (mehr) zulässig gewesen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall.
2. Der Tenor der Entscheidung des BVerfG in BStBl II 1995, 655, der nach § 31 Abs. 2 i.V.m. § 13 Nr. 11 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) Gesetzeskraft hat (BGBl I 1995, 1191), lautet:
"1. § 10 Nr. 1 des Vermögensteuergesetzes vom 17. April
1974 (Bundesgesetzbl. I Seite 949) in der Fassung der
Bekanntmachung vom 14. November 1990 (Bundesgesetzbl. I
Seite 2467), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.
September 1994 (Bundesgesetzbl. I Seite 2325), ist
jedenfalls seit dem Veranlagungszeitraum 1983 in allen
seinen seitherigen Fassungen mit Art. 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes insofern unvereinbar, als er den
einheitswertgebundenen Grundbesitz, dessen Bewertung der
Wertentwicklung seit 1964/74 nicht mehr angepaßt worden
ist, und das zu Gegenwartswerten erfaßte Vermögen mit
demselben Steuersatz belastet.
2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung
spätestens bis zum 31. Dezember 1996 zu treffen. Längstens bis
zu diesem Zeitpunkt ist das bisherige Recht weiterhin
anwendbar.
Setzt die Neuregelung eine allgemeine Neubewertung von
Besteuerungsgrundlagen voraus, so kann der Gesetzgeber für
deren Dauer --längstens für fünf Jahre seit der Verkündung des
Gesetzes-- Übergangsregelungen treffen, die die
vermögensteuerliche Belastung an die verfassungsrechtlichen
Maßstäbe dieser Entscheidung annähern; dabei darf er eine
teilweise Fortgeltung der bisherigen Vorschriften anordnen."
Mit dieser Entscheidung hat das BVerfG zwar im beschriebenen
Umfang die (materielle) Unvereinbarkeit des VStG mit dem
Grundgesetz (GG) festgestellt, eine Nichtigkeitserklärung
--wie dies § 82 Abs. 1 i.V.m. § 78 BVerfGG vorsieht-- aber
nicht ausgesprochen. Folge einer Nichtigkeitserklärung durch
das BVerfG wäre es gewesen, daß die geprüfte Rechtsnorm mit
Wirkung ab dem festgestellten Zeitpunkt der Normenkollision
--für die Vermögensteuer mithin "jedenfalls seit dem
Veranlagungszeitraum 1983"-- keine Rechtsgeltung mehr gehabt
hätte, insbesondere belastende Verwaltungsakte auf sie nicht
mehr hätten gestützt werden können (vgl. Stern in Bonner
Kommentar, Grundgesetz, Art. 93 Tz. 271 f.; Benda/Klein,
Lehrbuch des Verfassungsprozeßrechts, Tz. 1165 f.). Die Folgen
einer bloßen Erklärung der Unvereinbarkeit der geprüften
Rechtsnorm mit dem GG sind hinsichtlich deren (weiteren)
Anwendbarkeit dagegen strittig (vgl. die Darstellung bei Söhn,
Anwendungspflicht oder Aussetzungspflicht bei festgestellter
Verfassungswidrigkeit von Gesetzen?, 1974; Maunz/Dürig,
Grundgesetz, Art. 93 Rdnr. 39 f.). Diese Problematik wird
jedoch durch den Beschluß des BVerfG hinsichtlich der
Vermögensteuer nicht aufgeworfen, da das BVerfG im Tenor
seiner Entscheidung (Nr. 2 Abs. 1 Satz 2) ausdrücklich das für
verfassungswidrig erkannte Recht über den Zeitpunkt seiner
Entscheidung hinaus für anwendbar erklärt hat. Bei einer
derartigen im Tenor der verfassungsgerichtlichen Entscheidung
ausdrücklich getroffenen Anordnung steht die
verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Weiteranwendung der
betreffenden Rechtsnorm --im vom Verfassungsgericht
angeordneten (und für die Vermögensteuer noch näher zu
prüfenden, s. u. 4 und 5) Umfang-- als solche außer Frage.
Nach der Entscheidung des BVerfG ist daher das "bisherige
Recht" auch zunächst grundsätzlich weiterhin anwendbar
geblieben (s. allgemein Benda/Klein, a.a.O., Tz. 1191).
3. Der Gesetzgeber hat nach dem Beschluß des BVerfG keine
Regelung zur Vermögensteuer getroffen. Entgegen der Auffassung
der Antragsteller und entsprechender Stimmen in der Literatur
(z.B. Schüppen, DStR 1997, 225, Felix, Kölner Steuerdialog
1997, 11084; Grögler, Neue Wirtschafts-Briefe 15/1997, 1109)
hat diese Untätigkeit des Gesetzgebers die vom BVerfG
angeordnete befristete Weiteranwendbarkeit des VStG weder
grundsätzlich aufgehoben noch deren --noch darzustellenden; s.
u. 4 und 5-- Umfang und Inhalt verändert. Das BVerfG hat eine
Unvereinbarkeit von § 10 Nr. 1 VStG mit Art. 3 Abs. 1 GG
festgestellt. Die Gleichheitswidrigkeit zwingt den Gesetzgeber
nicht zu bestimmten Folgerungen, ihm stehen vielmehr
grundsätzlich mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, den
verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (C. III. 3. der
Begründung des BVerfG). Der Gesetzgeber kann eine den
Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG entsprechende Neuregelung
treffen, oder aber auch auf eine Vermögensteuer insgesamt
verzichten. Lediglich für den Fall, daß der Gesetzgeber sich
zu einer Neuregelung der Vermögensteuer entschlossen hätte,
hat das BVerfG unter bestimmten Voraussetzungen und mit
bestimmten Einschränkungen eine teilweise Fortgeltung der
bisherigen Vorschriften auch über den 31. Dezember 1996 hinaus
zugelassen (Nr. 2. Abs. 2 des Tenors der Entscheidung). Nr. 2.
Abs. 1 Satz 1 des Tenors ist daher nicht dahin zu verstehen,
daß damit eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des
Gesetzgebers zu einer Neuregelung der Vermögensteuer
angeordnet werden sollte.
Von der Möglichkeit einer den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1
GG genügenden Neuregelung des VStG hat der Gesetzgeber
innerhalb der vom BVerfG gesetzten Frist keinen Gebrauch
gemacht. Gerade auf diese Untätigkeit des Gesetzgebers ist
jedoch die Regelung in Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 des Tenors des
Beschlusses des BVerfG zugeschnitten. Folglich ist das
bisherige Recht bis zum 31. Dezember 1996 weiterhin anwendbar.
4. Die im Tenor des Beschlusses des BVerfG angeordnete
Weiteranwendung des bisherigen VStG bis zum 31. Dezember 1996
ist nach Auffassung des Senats dahin zu verstehen, daß das
VStG trotz seiner vom BVerfG erklärten Unvereinbarkeit mit dem
GG auf alle bis zu diesem Zeitpunkt verwirklichten Tatbestände
weiterhin anzuwenden ist und nicht etwa --so die Auffassung
der Antragsteller, und z.B. von Schüppen, a.a.O.; Felix,
a.a.O.,-- nach diesem Zeitpunkt eine Anwendung des Gesetzes
auf vor diesem Zeitpunkt verwirklichte Tatbestände
ausgeschlossen werden sollte (so im Ergebnis auch
Arndt/Jenzen, Neue Juristische Wochenschrift 1977, 1678). Dies
folgt aus Sinn und Zweck einer bloßen
Unvereinbarkeitserklärung der geprüften Rechtsnorm mit dem GG
verbunden mit der Anordnung ihrer befristeten Weiteranwendung
gegenüber einer Nichtigkeitserklärung. Folge einer
Nichtigkeitserklärung durch das BVerfG wäre es u.a. gewesen,
daß das VStG ab Entscheidungszeitpunkt nicht mehr hätte
angewendet werden können, es in bereits abgeschlossenen
Steuerfällen jedoch zu keiner Erstattung gekommen wäre (vgl. §
79 BVerfGG). Im Ergebnis hinge die endgültige steuerliche
Belastung der einzelnen Steuerpflichtigen vom jeweiligen
zufälligen Verfahrensstand zum Zeitpunkt des Ergehens der
verfassungsgerichtlichen Entscheidung ab. Sinn und Zweck der
bloßen Unvereinbarkeitserklärung verbunden mit der Anordnung
einer befristeten Weiteranwendung der geprüften Rechtsnorm und
zugleich deren verfassungsrechtliche Rechtfertigung (vgl. dazu
Löwer in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. 2, §
56 Rdnr. 108) ist es jedoch gerade, diese unerwünschte Folge
einer Nichtigkeitserklärung zu vermeiden und durch eine
verfassungsnähere, insbesondere auch den Grundsatz der
Gleichmäßigkeit der Besteuerung stärker berücksichtigende
Folge zu ersetzen. Dies wird jedoch nur dadurch erreicht, daß
alle innerhalb eines bestimmten Zeitraums verwirklichte
Sachverhalte im Ergebnis rechtlich gleich behandelt werden.
Dies ist nur dann der Fall, wenn die befristete Anordnung der
Weiteranwendung des für verfassungswidrig erkannten Rechts als
eine Regelung über dessen zeitlichen Geltungsbereich zu
beurteilen ist mit der Folge, daß die für verfassungwidrig
erkannte Rechtsnorm für innerhalb dieses zeitlichen
Geltungsbereichs verwirklichte Sachverhalte noch Rechtswirkung
erzeugt. Eine andere Auslegung würde dem Sinn und Zweck der
Unvereinbarkeitserklärung, die mit einer befristeten
Weiteranwendung der beanstandeten Rechtsnorm verbunden ist,
widersprechen.
Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist es insoweit ohne
Bedeutung, daß im Tenor der Entscheidung des BVerfG auf einen
Zeitpunkt (31. Dezember 1996) und nicht etwa auf einen
Zeitraum (z.B. Veranlagungszeitraum) abgestellt ist. Das
Abstellen auf einen Zeitpunkt oder auf einen Zeitraum ist ohne
Belang für die Frage, ob damit der zeitliche Geltungsbereich
der Rechtsnorm beschrieben werden soll oder nicht.
5. Die vom Senat vertretene Auffassung zur Auslegung des
Tenors des BVerfG-Beschlusses steht in Einklang mit den
Gründen der Entscheidung des BVerfG. Danach rechtfertigen es
die Erfordernisse verläßlicher Finanz- und Haushaltsplanung
und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für Zeiträume
einer weitgehend schon abgeschlossenen Veranlagung, die
Regelung zur Vermögensbesteuerung für zurückliegende
Kalenderjahre wie bisher weiter anzuwenden (C. III. 3. der
Begründung des Beschlusses des BVerfG). Die daran
anschließende Begründung der Weitergeltung für den Zeitraum ab
Verkündung der Entscheidung bis zum 31. Dezember 1996 knüpft
erkennbar an diese Formulierung an und kann mithin trotz einer
etwas abweichenden Formulierung ("darf...auch bis zum 31.
Dezember 1996 weiterhin angewendet werden.") nicht anders
verstanden werden.
6. Im Ergebnis sieht der Senat die in Nr. 2 Abs. 1 Satz 2
getroffene Entscheidung des BVerfG als (befristete) Anordnung
der Fortgeltung des VStG für Veranlagungszeiträume bis zum
Ablauf des Jahres 1996 an. Von dieser Rechtsauffassung geht
auch die 3. Kammer des 1. Senats des BVerfG in ihrem Beschluß
vom 1. März 1996 1 BvR 2415/95 (Höchstrichterliche
Finanzrechtsprechung 1996, 433) aus. Die Kammer ist der
Auffassung, das BVerfG habe zwar mit seinem Beschluß in BStBl
II 1995, 655 entschieden, daß die unterschiedliche steuerliche
Belastung von Grundbesitz und Vermögen mit dem Gleichheitssatz
unvereinbar sei, indessen die Fortgeltung des bisherigen
Rechts bis zum 31. Dezember 1996 für zulässig erachtet. Auch
der Senat ist bisher von einer Anordnung der befristeten
Fortgeltung des VStG durch das BVerfG ausgegangen (vgl.
Senatsbeschluß vom 11. September 1996 II B 32/96, BFH/NV 1997,
270).
Fundstellen
Haufe-Index 66268 |
BFH/NV 1997, 443 |
BStBl II 1997, 515 |
BFHE 182, 379 |
BFHE 1997, 379 |
BB 1997, 1458-1460 (Leitsatz und Gründe) |
DB 1997, 1377-1379 (Leitsatz und Gründe) |
DStR 1997, 1042-1044 (Leitsatz und Gründe) |
DStRE 1997, 562 (Leitsatz) |
DStZ 1997, 611-612 (Leitsatz und Gründe) |
HFR 1997, 767-768 (Leitsatz) |
StE 1997, 410 (Kurzwiedergabe) |