Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksame Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes an eine nichtrechtsfähige Personenvereinigung ohne Geschäftsführer
Leitsatz (NV)
Nach §122 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §34 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 kann das FA sich bei der Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter einer nichtrechtsfähigen Personenvereinigung ohne Geschäftsführer halten.
Normenkette
AO 1977 § 34 Abs. 2 S. 2, § 122 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sowie A erwarben in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) im Jahre 1981 40 Eigentumswohnungen zum Kaufpreis von ... DM. Wegen dieses Erwerbsvorgangs setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) gegen die GbR, bestehend aus den Klägern sowie A, durch Bescheid vom 3. Dezember 1984 Grunderwerbsteuer in Höhe von ... DM fest. Der an die GbR unter namentlicher Bezeichnung der vier Gesellschafter gerichtete Bescheid wurde den Klägern, nicht jedoch A, der zwischenzeitlich ins Ausland verzogen war, bekanntgegeben.
Einspruch und Klage der GbR blieben ohne Erfolg.
Im finanzgerichtlichen Verfahren über die Anfechtungsklage der GbR gegen die Grunderwerbsteuerfestsetzung vom 3. Dezember 1984 beantragten die Kläger (hilfsweise), die Unwirksamkeit des Grunderwerbsteuerbescheides vom 3. Dezember 1984 festzustellen. Der Bescheid sei fehlerhaft bekanntgegeben worden, weil er nicht allen Gesellschaftern der GbR, sondern nur den Klägern zugestellt worden sei.
Das Finanzgericht (FG) hat diesen Antrag als Klageändeurng angesehen und in seinem Urteil, mit dem es die Klage der GbR abgewiesen hat, ausgeführt, daß dem Feststellungsbegehren der Kläger nicht entsprochen werden könne. Dabei hat das FG offengelassen, ob im Streitfall die Voraussetzungen für eine Klageänderung vorliegen, und aus "prozeßökonomischen Gründen" unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. November 1995 V R 64/94 (BFHE 179, 211, BStBl II 1996, 256) entschieden, daß der Grunderwerbsteuerbescheid vom 3. Dezember 1984 der GbR ordnungsgemäß bekanntgegeben worden sei.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision in dem finanzgerichtlichen Urteil. Die Kläger machen Divergenz des FG-Urteils zur BFH-Entscheidung vom 24. März 1987 X R 28/80 (BFHE 150, 293, BStBl II 1988, 316) geltend. Darin habe der BFH entschieden, daß Steuerbescheide an eine aufgelöste GbR allen Gesellschaftern bekanntgegeben werden müßten. Demgegenüber habe das FG entschieden, es reiche zur wirksamen Bekanntgabe an eine in Liquidation befindliche GbR aus, wenn der Bescheid nur an einen der Liquidatoren bekanntgegeben werde.
Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
Die von den Klägern geltend gemachte Divergenz zwischen dem Urteil des FG und dem BFH-Urteil in BFHE 150, 293, BStBl II 1988, 316 besteht nicht. Diese BFH-Entscheidung ist nämlich zur Bekanntgabe von Steuerbescheiden vor Inkrafttreten der Abgabenordnung (AO 1977) ergangen, während für den Streitfall die Regelung in §122 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 maßgebend ist. Da die Reichsabgabenordnung eine dem §122 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 entsprechende Regelung nicht enthielt, ist eine unterschiedliche Rechtslage gegeben, die die Annahme einer Divergenz ausschließt. Nach §122 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §34 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 kann das FA sich bei der Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter einer nichtrechtsfähigen Personenvereinigung ohne Geschäftsführer halten. Dem entspricht die ständige Rechtsprechung des BFH zur Bekanntgabe von Steuerbescheiden nach Inkrafttreten der AO 1977 (vgl. zuletzt BFH-Urteil in BFHE 179, 211, BStBl II 1996, 256).
Fundstellen
Haufe-Index 302906 |
BFH/NV 1998, 1451 |