Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwaltungsanforderungen an die Genossenschaft i.S. des § 17 EigZulG zweifelhaft
Leitsatz (NV)
Es ist zweifelhaft, ob die Finanzverwaltung (im BMF-Schreiben vom 21. Dezember 2004, BStBl I 2005, 305, Tz. 79) die Eigenheimzulage bei Anschaffung von Genossenschaftsanteilen davon abhängig machen kann, dass mehr als zwei Drittel des Geschäftsguthabens der Genossen und der aufgenommenen Kreditmittel zu wohnungswirtschaftlichen Zwecken verwandt werden.
Normenkette
EigZulG § 17
Verfahrensgang
Sächsisches FG (Beschluss vom 06.03.2007; Aktenzeichen 2 V 72/07) |
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung darüber, ob die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) eine Genossenschaft nach § 17 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) ist.
Die Antragstellerin ist eine im Jahr 2002 errichtete Genossenschaft mit dem satzungsmäßigen Zweck, Wohnungen für ihre Mitglieder zu errichten und zu erwerben. Nach § 14a ihrer Satzung räumt sie ihren Mitgliedern unwiderruflich das vererbliche Erwerbsrecht nach näherer Maßgabe des § 17 Satz 2 EigZulG ein. Die Antragstellerin erwarb im Jahr 2002 ein mit einem unfertigen Gebäude bebautes Grundstück. Das Gebäude, fertiggestellt im Jahr 2003, besteht aus 31 Wohneinheiten, von denen 90 % an Genossenschaftsmitglieder vermietet sind, 2 Büros und 22 Tiefgaragenplätzen. Die von den Genossenschaftsmitgliedern (zunächst …, später xxx) geleisteten Einlagen betrugen zum 31. Dezember 2004 insgesamt xxx €, die mit Wohnbauten bebauten Grundstücke bewertete die Antragstellerin in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2004 mit xxx €, die Geschäftsbauten mit xxx €.
Die Antragstellerin handelt als Empfangsbevollmächtigte für die in der Anlage dieses Beschlusses aufgeführten Genossenschaftsmitglieder. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) stellte mit Bescheiden vom 17. November 2006 und 11. Dezember 2006 über die einheitliche und gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) fest, dass die Antragstellerin in den Jahren 2002 bis 2004 nicht die Anforderungen des § 17 EigZulG erfülle. Über den hiergegen eingelegten Einspruch ist noch nicht entschieden. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das FA ab. Das daraufhin angerufene Finanzgericht (FG) setzte die Vollziehung der Bescheide aus. Die seitens der Finanzverwaltung aufgestellten Anforderungen an die Genossenschaft, wonach das Handeln der Genossenschaft nur dann auf die Herstellung oder Anschaffung von Wohnungen ausgerichtet sei, wenn mehr als 2/3 des Geschäftsguthabens der Genossen zu wohnungswirtschaftlichen Zwecken verwandt werde, finde im Gesetz keine Stütze.
Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde des FA. Eine Genossenschaft sei dann förderbar, wenn jeweils mehr als zwei Drittel des Geschäftsguthabens der Genossen und der aufgenommenen Kreditmittel zu wohnungswirtschaftlichen Zwecken verwandt werde. Werde die 2/3-Grenze zu irgendeinem Zeitpunkt unterschritten, könne den Genossen für dieses Jahr keine Eigenheimzulage gewährt werden (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 21. Dezember 2004, BStBl I 2005, 305, Rz 79).
Das FA beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Zutreffend hat das FG die Vollziehung der angefochtenen Feststellungsbescheide nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt.
Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts wegen ernstlicher Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit aussetzen.
Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. September 1994 IX B 142/93, BFHE 175, 421, BStBl II 1995, 778, m.w.N.). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 21. Juli 1994 IX B 78/94, BFH/NV 1995, 116, m.w.N.).
Mit diesen Grundsätzen ist die Auffassung des FG vereinbar, dass die von der Finanzverwaltung aufgestellten Anforderungen an die Genossenschaft, wonach ihr Handeln nur dann auf die Herstellung oder Anschaffung von Wohnungen ausgerichtet sei, wenn mehr als 2/3 des Geschäftsguthabens zu wohnungswirtschaftlichen Zwecken verwandt werden (so BMF in BStBl I 2005, 305, Rz 79), ernstlich zweifelhaft und für den Rechtsstreit in der Hauptsache entscheidungserheblich sind.
Zwar muss es sich nach der Entscheidung des erkennenden Senats vom 29. März 2007 IX R 28/06, auf die (neutralisierter Abdruck liegt bei) in Bezug auf den Zweck des § 17 EigZulG im Einzelnen verwiesen wird, um eine Genossenschaft handeln, die von ihr errichtete Wohnungen ihren Mitgliedern unbeschadet eines entsprechenden in der Satzung formulierten Gesellschaftszwecks tatsächlich zum Wohnen überlässt. Das Gesetz stellt aber nicht die Voraussetzung auf, dass mehr als zwei Drittel des Geschäftsguthabens der Genossen und der aufgenommenen Kreditmittel zu wohnungswirtschaftlichen Zwecken verwandt werden. Ob man darin eine zulässige Pauschalierung oder Typisierung sehen kann und ob das Gesetz etwaige Typisierungsbefugnisse an die Finanzverwaltung als Rechtsanwenderin weitergeleitet hat (vgl. dazu allgemein P. Kirchhof, Der allgemeine Gleichheitssatz, in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 2. Aufl., V. § 124 Rz 297; Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl., § 4 Rz 132, m.w.N.) ist bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden und bedarf im Hauptsacheverfahren ersichtlich der Entscheidung.
Fundstellen
Haufe-Index 1778482 |
BFH/NV 2007, 1637 |