Entscheidungsstichwort (Thema)
Investitionszulage nach § 4 b InvZulG 1982 für vermögensverwaltende GbR mit steuerpflichtigen Versicherungsvereinen aG als Gesellschaftern
Leitsatz (NV)
1. Auch wenn die Einkünfte einer sog. Zebragesellschaft auf der Ebene der Gesellschaft in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizieren sein sollten, folgt hieraus noch nicht die zulagenrechtliche Anspruchsberechtigung einer solchen Gesellschaft.
2. Einer vermögensverwaltenden GbR, an der ausschließlich steuerpflichtige Versicherungsvereine aG beteiligt waren, stand jedoch wegen ihrer Nähe zu einer gewerblich geprägten Gesellschaft i. S. der früheren Geprägerechtsprechung und i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG die sog. Beschäftigungszulage nach § 4 b InvZulG 1982 zu. Bei Ermittlung des Vergleichsvolumens war nicht auf die Vorinvestitionen der GbR, sondern auf die der Gesellschafter abzustellen.
Normenkette
InvZulG 1982 § 4b Abs. 1, 3, 5-6; EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 18a; KStG § 1 Abs. 1 Nrn. 1, 3, § 5 Abs. 1 Nr. 4; GewStG § 2 Abs. 2 S. 1; GewStDV § 12a
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG), der aus einer Verschmelzung des A-VVaG sowie des B-VVaG hervorgegangen ist. Die beiden Versicherungsvereine waren im Streitjahr (1984) die alleinigen Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die ein Bürohaus unterhielt; der A-VVaG war zu 60 v. H. und der B-VVaG zu 40 v. H. beteiligt.
Das Gebäude verfügt über etwa 942 qm Nutzfläche. Hiervon waren zwei Büros mit einer Fläche von insgesamt 274 qm an die Gesellschafter der GbR vermietet. Die restliche Fläche nutzten Fremdfirmen. In diesem Rahmen überließ die GbR auch tageweise einen Konferenzraum an wechselnde Mieter. Im Keller des Gebäudes befindet sich eine verpachtete Kantine.
Die GbR ließ das Anwesen in den Jahren 1983 und 1984 mit einem Gebäudeschutz versehen. Der hierfür erforderliche Bauantrag wurde am 29. Dezember 1982 eingereicht, die Baumaßnahme war am 25. Januar 1984 beendet. Die Aufwendungen hierfür beliefen sich auf ... DM inkl. Mehrwertsteuer.
Die GbR beantragte am 12. April 1985 für die Baumaßnahme die Gewährung einer Investitionszulage nach § 4 b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG 1982). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) lehnte den Antrag durch Bescheid vom 13. Mai 1985 ab, da die GbR lediglich vermögensverwaltend tätig sei. Das FA führte dazu im wesentlichen aus: Die GbR habe kein Betriebsvermögen. Außerdem werde das Grundstück (teilweise) an die beiden an der GbR beteiligten Versicherungsvereine zur Nutzung überlassen. Gemäß § 4 b Abs. 6 InvZulG 1982 sei das Grundstück mithin den nutzenden Unternehmen zuzurechnen. Jeder der Beteiligten müsse daher bei dem für ihn zuständigen FA einen Antrag auf Investitionszulage für den auf ihn entfallenden Anteil stellen.
Die Gesellschafter der GbR beantragten daraufhin Investitionszulage beim zuständigen Körperschaftsteuer-FA. Dieses lehnte die Gewährung einer Zulage ab, da die Anspruchsvoraussetzungen des § 4 b InvZulG 1982 nicht bei den Gesellschaftern als nutzenden Unternehmen, sondern bei der GbR erfüllt sein müßten.
Das (beklagte) FA wies in der Folgezeit auch den Einspruch der GbR gegen den Bescheid vom 13. Mai 1985 zurück. Es verneinte die Antrags- und Anspruchsberechtigung der GbR und führte dazu im wesentlichen aus: Die GbR habe Wirtschaftsgüter an andere Unternehmen zur Nutzung überlassen, die an dem die Nutzung überlassenden Unternehmen -- an der GbR -- zu mehr als 25 v. H. beteiligt gewesen seien. Die Wirtschaftsgüter seien daher gemäß § 4 b Abs. 6 InvZulG 1982 den nutzenden Unternehmen zuzurechnen.
Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ließ es dahingestellt, ob die Gebäudeschutzmaßnahme als Herstellung eines abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgutes oder als nachträgliche Herstellungsarbeiten an einem solchen Wirtschaftsgut anzusehen sei, da die Investition in beiden Fällen begünstigt sei.
Allerdings sei die GbR keine Gesellschaft i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Auch liege kein Betrieb und keine Betriebstätte i. S. des § 4 b Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1982 vor und gehöre die Gebäudeschutzvorrichtung nicht zum Anlagevermögen der GbR i. S. des § 4 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder 4 InvZulG 1982. Die GbR erziele keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern sei vermögensverwaltend tätig. Weiter seien die Gesellschafter der GbR als VVaG keine Kapitalgesellschaften i. S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG und § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und bewirkten daher keine gewerbliche Prägung.
Ebenso überschreite die Betätigung der GbR nicht den Bereich der Vermögensverwaltung. Ein Ausnahmefall, in dem eine vermietende oder verpachtende Tätigkeit als gewerblich zu beurteilen sei, liege nicht vor. Die Vermietung des Konferenzraumes und die Zurver fügungstellung einer eingerichteten Küche fielen nicht derart ins Gewicht, daß sie der Betätigung der GbR einen insgesamt gewerblichen Charakter gäben. Der Konferenzraum und die Kantine nähmen nur ca. 40 qm bzw. ca. 50 qm in Anspruch. Der Unterschied zur Vermietung der sonstigen Nutzflächen bestehe lediglich darin, daß der Konferenzraum und die Kantine der jeweiligen Nutzung entsprechend von der GbR eingerichtet worden seien. Dies gebe der Vermietung noch kein gewerbliches Gepräge. Die GbR sei auch nicht etwa gezwungen gewesen, für die Erbringung der über die bloße Vermietung hinausgehenden Leistungen eine Organisation bereitzustellen, die die Einstellung und Beschäftigung von Personal erforderlich gemacht hätte.
Der Streitfall sei schließlich auch nicht mit dem vom Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 25. August 1966 IV 129/64 (BFHE 86, 715, BStBl III 1966, 625) entschiedenen Fall vergleichbar, in dem die Vermietung eines Bürogebäudes durch eine aus mehreren Kaufleuten bestehende Gesellschaft an die Gesellschafter als gewerbliche Tätigkeit angesehen worden sei. Zum einen sei das Gebäude nicht nur zur eigenen Nutzung, sondern auch als Kapitalanlage erbaut worden, zum anderen würden nur 274 qm, somit nur ca. 30 v. H. der Gesamtfläche für eigene gewerbliche Zwecke genutzt. Das Bürogebäude werde daher nicht im wesentlichen zur Förderung des Gewerbebetriebs der Gesellschafter der GbR eingesetzt. Die GbR (selbst) sei demnach einheitlich als vermögensverwaltend zu beurteilen.
Dennoch könne die GbR für ihre Gesellschafter Investitionszulage beanspruchen, weil diese ihre Beteiligung an der Gesellschaft im Betriebsvermögen gehalten hätten. Es sei streitig, auf welche Weise die Einkünfte von Gesellschaftern, die an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft betrieblich beteiligt sind, in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizieren seien. Nach der zutreffenden herrschenden Lehre sei die Umqualifizierung mit einer anteiligen Umrechnung der Einkünfte auf der Grundlage einer "Als-ob-Steuerbilanz" verbunden. Für diese Auffassung spreche, daß es nicht möglich sei, für Einkünfte, die bereits bei der Gesellschaft durch Überschußrechnung ermittelt worden seien, auf der Ebene des Gesellschafters einen Betriebsvermögensvergleich anzustellen. Vielmehr sei auf der Ebene der Gesellschaft -- ggf. neben einer Überschußrechnung für privat beteiligte Gesellschafter -- eine Gewinnermittlung nach steuerrechtlichen Grundsätzen durchzuführen. Die Umqualifizierung der Einkünfte auf der Ebene der Gesellschaft bedeute, daß diese für den betrieblich beteiligten Gesellschafter anteilig sämtliche Steuervergünstigungen beanspruchen könne, die Betriebsvermögen voraussetzten. Für dieses Ergebnis spreche auch die Überlegung, daß die Gesellschaft zwar Subjekt der Gewinnermittlung, jedoch jeder einzelne Gesellschafter Steuersubjekt sei. Sofern das Steuersubjekt gewerblich tätig sei, könne das Handlungsobjekt -- die GbR -- für das Steuersubjekt -- die Gesellschafter der GbR -- Investitionszulage beanspruchen.
Das FG verpflichtete das FA, der GbR eine Investitionszulage von ... DM zu gewähren. Es bezeichnete im Rubrum des Urteils die GbR als Klägerin.
Gegen die Entscheidung des FG richtet sich die Revision des FA, mit der dieses eine Verletzung des § 4 b InvZulG 1982 rügt. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Ansicht des FG zu folgen sei, wonach die Umqualifizierung von Vermietungseinkünften in gewerbliche Einkünfte auf der Ebene der Gesellschaft vorzunehmen sei. Selbst wenn dies der Fall wäre, würde sich hieraus nicht die Anspruchsberechtigung der GbR ergeben. Für die Umqualifizierung der Einkünfte im Verfahren über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte sprächen nur verfahrensökonomische, keine materiellen Gründe. Es könne offenbleiben, ob der Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie zur Annahme zwinge, die Umqualifizierung müsse auf Gesellschaftsebene vorgenommen werden. Dieses einzige Argument greife jedenfalls dann nicht, wenn den Gesellschaftern eine Investitionszulage zu gewähren sei. Bei Prüfung der Anspruchsberechtigung eines Gesellschafters sei lediglich die Frage zu klären, ob die Investition begünstigt sei und der Gesellschafter zum Kreis der Anspruchsberechtigten gehöre. Die Ermittlung des Begünstigungs- und Vergleichsvolumens erfordere detaillierte Kenntnisse über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gesellschafters. Hierüber verfüge das für den Gesellschafter zuständige FA. Gründe der Verwaltungsökonomie sprächen gerade dagegen, die Prüfung der Zulagenberechtigung in das Feststellungsverfahren der Gesellschaft zu verlagern. Eine "Investitionszulagenstandschaft" der Gesellschaft wäre nur dann anzuerkennen, wenn die materiellen Ergebnisse hiervon nicht berührt würden. Dies sei aber gerade nicht der Fall, wenn die Gesellschaft, die die Investitionszulage erhalten habe, notleidend geworden sei und der Gesellschafter deshalb seinen Anspruch gegenüber der Gesellschaft auf Weiterleitung der Zulage nicht durchsetzen könne. Derartige Ungereimtheiten ließen sich nur dann vermeiden, wenn die Zulage dem Berechtigten und nicht einem Dritten gewährt würde. Die Überlegung des FG, derzufolge die vermögensverwaltende Personengesellschaft das Handlungsobjekt der Gewinnerzielung sei, der einzelne Gesellschafter hingegen das Steuersubjekt, rechtfertige keine andere Beurteilung. Das FG habe nicht begründet, warum die Investitionszulage dem Handlungsobjekt zustehen solle. Es liege näher, die Vergünstigung dem Steuersubjekt zu gewähren. Diese Sichtweise liege auch dem InvZulG 1982 zugrunde. Anderenfalls wäre die Regelung in § 4 b Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1982 überflüssig, in der Personengesellschaften i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG für zulagenberechtigt erklärt worden seien, obwohl sie nicht Steuersubjekt im Sinne des EStG seien. Aber sogar dann, wenn man es mit dem FG für denkbar hielte, daß der GbR die Zulage für ihre Gesellschafter zustehe, wäre das Urteil rechtsfehlerhaft. Auch in diesem Fall müßten die Voraussetzungen für die Gewährung der Zulage in der Person des jeweiligen Gesellschafters erfüllt sein. Die diesbezüglichen Feststellungen des FG seien ungenügend. Das FG habe nicht festgestellt, daß die Gesellschafter der GbR im Streitjahr nicht von der Körperschaftsteuer befreit gewesen seien. Weiterhin habe das FG bei Bestimmung der Bemessungsgrundlage auf die GbR abgestellt. Es wäre widersprüchlich, bei Prüfung der Anspruchsberechtigung auf den Gesellschafter abzuheben, die Bemessungsgrundlage jedoch bei der Gesellschaft zu ermitteln. Durch § 4 b InvZulG 1982 sollten ausschließlich Mehrinvestitionen gefördert werden. Bei Prüfung dieser Frage könne nur auf das Anknüpfungssubjekt des § 4 b InvZulG 1982 abgestellt werden, somit auf die Gesellschafter. Das FG habe zur Höhe deren Begünstigungs- und Vergleichsvolumen jedoch keine Feststellungen getroffen.
Entscheidungsgründe
Kläger und Revisionsbeklagter ist der C-VVaG. Mit der Verschmelzung der bisherigen Gesellschafter der GbR im Jahre 1987 wurde diese ohne Abwicklung beendet (vgl. z. B. Thomas in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 54. Aufl., § 736 Tz. 3). Rechtsnachfolger der GbR ist der Kläger.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Die Feststellungen des FG genügen nicht für eine abschließende Entscheidung der Frage, ob der GbR ein Anspruch auf Investitionszulage zustand, der dann auf den Kläger als Rechtsnachfolger übergehen konnte. Die Vorinstanz hat die Anspruchsberechtigung der vermögensverwaltenden GbR bejaht, obwohl sich der Entscheidung nicht entnehmen läßt, ob die an der GbR beteiligten Versicherungsvereine steuerpflichtig waren und damit einen Betrieb unterhielten. Außerdem hat das FG nicht das Vergleichsvolumen der Gesellschafter (§ 4 b Abs. 5 InvZulG 1982) dem Begünstigungsvolumen der GbR gegenübergestellt und hat schließlich auch nicht geprüft, ob eventuell eine zulagenschädliche Nutzung des Gebäudes durch die Mieter vorlag.
1. Nach dem Wortlaut des § 4 b Abs. 1 Sätze 1 und 2 InvZulG 1982 stand auch Gesellschaften i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG unter den weiteren gesetzlich geregelten Voraussetzungen die sog. Beschäftigungszulage für betriebliche Investitionen zu.
2. Bei der GbR, für die im Streitfall der Investitionszulagenantrag gestellt wurde, handelte es sich zwar nicht um eine Gesellschaft i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, da ihre Tätigkeit nicht auf die Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb gerichtet war. Dennoch ist sie mögliches Subjekt einer Förderung durch Investitionszulage nach § 4 b InvZulG 1982 (s. dazu unter 3.).
a) Die Verpachtung der Kantine und die Vermietung eines Konferenzraumes an wechselnde Mieter führten nicht zu gewerblichen Einkünften der GbR. Die Vermietung oder Verpachtung von Grundbesitz ist in der Regel Vermögensverwaltung. Nur bei Hinzutreten besonderer Umstände kann eine solche Tätigkeit gewerblichen Charakter annehmen. Derartige Umstände können vorliegen, wenn die Verwaltung des Grundbesitzes infolge des ständigen und schnellen Wechsels der Mieter eine Tätigkeit erfordert, die über das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß hinausgeht, oder wenn der Vermieter zugleich Leistungen erbringt, die eine bloße Vermietungstätigkeit überschreiten (BFH-Urteil vom 25. Oktober 1988 VIII R 262/80, BFHE 154, 536, BStBl II 1989, 291 m. w. N.).
Im Streitfall überschritt die Verpachtung der Kantine an einen Dauerpächter nach diesen Grundsätzen nicht die Grenze der Vermögensverwaltung. Die Tatsache, daß die Kantine von der Gesellschaft voll eingerichtet worden war und der Pächter weder Heizungs- noch Stromkosten zu tragen hatte, ändert hieran entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nichts.
Ebensowenig ging die tageweise Vermietung des Konferenzraumes an wechselnde Mieter über eine Vermögensverwaltung hinaus. Die GbR erbrachte gegenüber den einzelnen Mietern keine Leistungen, die für eine gewerbliche Betätigung sprechen könnten. Es liegt kein Fall vor, in dem die Nutzung des Vermögens hinter der Bereitstellung einer einheitlichen unternehmerischen Organisation zurücktritt (BFH-Urteil in BFHE 154, 536, BStBl II 1989, 291). Die vom Kläger hervorgehobene Reinigung des Raumes hing unmittelbar mit der Nutzungsüberlassung zusammen und war nur von untergeordneter Bedeutung.
b) Eine originär gewerbliche Tätigkeit war auch nicht darin zu erblicken, daß die GbR zwei Büroräume (auch) an ihre Gesellschafter vermietete. Der Umstand, daß die Vermietung deren Betrieb förderlich war, führte nicht zur Gewerblichkeit. Die betriebliche Nutzung von Teilen des Bürogebäudes durch die Gesellschafter der GbR beeinflußte die Qualifizierung der Einkünfte auf der Ebene der Gesellschaft nicht; denn die GbR war insoweit Steuerrechtssubjekt, als sie in der Einheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Besteuerungstatbestandes verwirklichte, welche den Gesellschaftern für deren Besteuerung zuzurechnen waren (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 761 f.). Die GbR erfüllte demnach, gemessen an ihrer Tätigkeit, den Tatbestand des § 21 EStG; sie erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Dem steht die Entscheidung des BFH in BFHE 86, 715, BStBl III 1966, 625 nicht entgegen. Dort war die Tätigkeit einer aus mehreren Kaufleuten bestehenden GbR, die ein Bürohaus errichtet und weit überwiegend an ihre Gesellschafter vermietet hatte, als gewerblich beurteilt worden. Die Grundsätze dieses Urteilsfalles lassen sich nach der zureffenden Rechtsansicht des FG nicht auf den Streitfall übertragen, da das Bürogebäude nur zu ca. 30 v. H. von den Gesellschaftern genutzt wurde und im übrigen fremdvermietet war. Es fehlt somit schon an einer im wesentlichen eigenbetrieblichen Nutzung durch die Gesellschafter der GbR.
c) Die Einkünfte der GbR waren auch nicht wegen des Vorliegens einer Betriebsaufspaltung als gewerblich zu beurteilen, da es jedenfalls am Erfordernis der personellen Verflechtung von Besitz- und Betriebsunternehmen fehlte.
d) Desgleichen war eine Mitunternehmerschaft auch nicht etwa deshalb anzunehmen, weil die Einkünfte aus der Beteiligung an der GbR bei den Versicherungsvereinen als solche aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren waren (vgl. § 8 Abs. 2 KStG i. V. m. § 16 des Versicherungsaufsichtsgesetzes sowie §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuches -- HGB --), sofern es sich nicht um steuerbefreite "kleinere" Versicherungsvereine i. S. von § 5 Abs. 1 Nr. 4 KStG handelte. Denn auch eine sog. Zebragesellschaft -- wie hier die GbR -- erzielt als solche nach übereinstimmender Ansicht die Art von Einkünften, deren Tatbestand sie selbst verwirklicht (s. z. B. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 15 Rz. 202); hier also Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Noch nicht abschließend geklärt ist allerdings die Frage, wie -- insbesondere auf welcher Ebene (auf der der Gesellschaft oder auf der der Gesellschafter) -- die anteiligen Einkünfte (an einer derartigen Gesellschaft) betrieblich beteiligter Gesellschafter umzurechnen und umzuqualifizieren sind. Auch die Rechtsprechung des BFH zu dieser Frage ist nicht einheitlich. Nach dem Urteil vom 7. Februar 1985 IV R 31/83 (BFHE 143, 280, BStBl II 1985, 372) soll die Umqualifizierung auf Gesellschaftsebene, nach dem Urteil vom 20. November 1990 VIII R 15/87 (BFHE 163, 66, BStBl II 1991, 345) soll sie bei den Gesellschaftern vorzunehmen sein. Zum Meinungsstand in der Finanzverwaltung und im einschlägigen Schrifttum verweist der Senat auf die Zusammenstellung von Schmidt (a. a. O., § 15 Rz. 203 ff.).
Der Senat braucht diese Frage für den Streitfall jedoch nicht zu entscheiden. Sie ist entgegen den Rechtsauffassungen des FG und des Klägers nicht entscheidungserheblich. Denn auch dann, wenn die Einkünfte der GbR auf der Ebene der Gesellschaft in solche aus Gewerbebetrieb umzuqualifizieren wären, folgte daraus nicht, daß die GbR (selbst) als Gesellschaft i. S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusehen wäre (s. hierzu schon oben, unter Hinweis auf Schmidt, a. a. O., § 15 Rz. 202; vgl. auch Gosch, Finanz-Rundschau -- FR -- 1989, 711). Gewerbliche Einkünfte im Sinne dieser Vorschrift sind nur Gewinnanteile an einer (solchen) Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist. Eine vermögensverwaltende Gesellschaft ist jedoch keine Mitunternehmerschaft und betreibt kein gewerbliches Unternehmen (Schmidt, a. a. O., § 15 Rz. 180; Bitz in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, § 15 EStG Rz. 14). Das Gesellschaftsvermögen stellt dementsprechend kein Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft dar.
e) Der Senat hat schließlich noch erwogen, ob die GbR als sog. gewerblich geprägte Personengsellschaft nach § 4 b Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1982 zulagenberechtigt sein könnte.
aa) Nach der früher vom BFH vertretenen sog. Geprägetheorie unterhielten auch vermögensverwaltende Personengesellschaften, an denen eine Kapitalgesellschaft als einzig persönlich haftende und geschäftsführende Gesellschafterin oder nur Kapitalgesellschaften beteiligt waren, ein gewerbliches Unternehmen i. S. von § 15 (Abs. 1) Nr. 2 EStG (s. insbesondere BFH-Urteile vom 17. März 1966 IV 233, 234/65, BFHE 84, 471, BStBl III 1966, 171, und vom 3. August 1972 IV R 235/67, BFHE 106, 331, BStBl II 1972, 799). Diese sog. Geprägerechtsprechung galt noch sowohl zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 4 b InvZulG 1982 als auch zum Zeitpunkt der Vornahme und des Abschlusses der hier streitigen Investition; der BFH gab sie erst am 25. Juni 1984 (durch den Beschluß des Großen Senats in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) auf.
Der Gesetzgeber hat in der Folgezeit die Grundsätze der (früheren) Geprägerechtsprechung in Form der Aufnahme des § 15 Abs. 3 Nr. 2 in das EStG -- nach § 52 Abs. 18 a EStG rückwirkend -- wieder in Kraft gesetzt. § 4 b Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1982 wurde jedoch nicht um einen Hinweis (auch) auf § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ergänzt.
bb) Der Senat sieht in der fehlenden Ergänzung des InvZulG 1982 allerdings keinen Grund für die Verneinung der Zulagenberechtigung der GbR. Er geht nämlich davon aus, daß der Gesetzgeber es übersehen hat, mit der Ergänzung des EStG gleichzeitig auch das InvZulG entsprechend zu ergänzen. Dafür spricht bei dem hier einschlägigen § 4 b InvZulG 1982 insbesondere schon der Umstand, daß es sich um eine zeitlich begrenzte Regelung handelte. Zum Zeitpunkt, als § 15 Abs. 3 Nr. 2 durch das Steuerbereinigungsgesetz (StBereinG) 1986 vom 19. Dezember 1985 (BGBl I 1985, 2436, BStBl I 1985, 735) in das EStG eingefügt wurde, mußten die durch § 4 b InvZulG 1982 begünstigten Investitionen längst (spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 1984) abgeschlossen sein; in gleicher Weise mußten die betreffenden Zulagenanträge in der Regel (sofern kein abweichendes Wirtschaftsjahr vorlag, spätestens mit Ablauf des 30. September 1985) schon gestellt sein (s. zu den genannten Fristen § 4 b Abs. 2 Satz 5 und § 5 Abs. 3 Sätze 1 und 3 InvZulG 1982).
§ 4 b Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1982 ist danach -- bei strikter Anwendung des Wortlautes -- unvollständig. Diese Unvollständigkeit ist nach Auffassung des Senats allerdings planwidrig und berechtigt daher zur analogen Anwendung des § 4 b Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1982 auch in den Fällen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (zu dieser Art der Füllung einer Gesetzeslücke s. allgemein und grundlegend das Urteil des BFH vom 24. Januar 1974 IV R 76/70, BFHE 111, 329, BStBl II 1974, 295). Entsprechend den Grundsätzen dieses Urteils sind auch keine Gründe ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, die Zulagengewährung für ein Rechtsgebilde allein deshalb auszuschließen, weil es einkommensteuerrechtlich -- ohne Veränderung der materiell-rechtlichen Bedeutung und lediglich zur Wiederherstellung des vor einer Rechtsprechungsänderung bestehenden Rechtszustandes -- rückwirkend in einer eigenständigen Norm erfaßt wurde, investitionszulagenrechtlich aber nicht (mehr) extra geregelt wurde.
cc) Doch hat der Senat Bedenken, die GbR (des Streitfalles) selbst unmittelbar als gewerblich geprägte Gesellschaft im Sinne der früheren Rechtsprechung und des nunmehrigen § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG anzusehen. Denn diese Vorschrift setzt u. a. voraus, daß ausschließlich eine oder mehrere "Kapitalgesellschaften" persönlich haftende Gesellschafter sind. Die beiden Gesellschafter der GbR waren jedoch Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, die nicht zu den Kapitalgesellschaften im engeren Sinn gehören (s. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 KStG; auch Schmidt, a. a. O., § 15 Rz. 216). Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit könnten danach keine gewerbliche Prägung i. S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG bewirken.
3. Der Senat braucht diese Frage jedoch nicht zu entscheiden. Er ist der Auffassung, daß der GbR (im Streitfall) ungeachtet dessen dem Grunde nach ein Anspruch auf die sog. Beschäftigungszulage zustand, sofern es sich bei ihren Gesellschaftern nicht um steuerbefreite kleinere Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 KStG und § 12 a der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) handelte. Der Senat kommt zu diesem Ergebnis über eine (ausdehnende) entsprechende Anwendung des § 4 b Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1982, die ihre Grundlage in der oben (s. Nr. 2. e, bb) aufgezeigten Unvollständigkeit dieser Vorschrift hat.
Der BFH hat im Urteil in BFHE 84, 471, BStBl III 1966, 171 die sog. Geprägetheorie u. a. wie folgt begründet: Es liege die Auffassung sehr nahe, daß ganz allgemein Personengesellschaften, zu deren Gesellschaftern Kapitalgesellschaften als nach § 2 Abs. 2 Ziff. 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der damaligen Fassung kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtige Unternehmen gehörten, jedenfalls dann ohne weiteres gewerbesteuerpflichtig seien, wenn die Beteiligung der Kapitalgesellschaften wirtschaftlich für den Betrieb der Personengsellschaften von Bedeutung sei. Diesem Grundgedanken der Prägung durch Unternehmen, die kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig sind, wird auch die Gestaltung des Streitfalles gerecht, sofern die beiden Versicherungsvereine nicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 KStG und § 12 a GewStDV steuerbefreit waren. Denn auch die Tätigkeit von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit gilt nach § 2 Abs. 2 Satz 1 (früher Ziff. 2) GewStG -- ebenso wie die Tätigkeit von Kapitalgesellschaften -- stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb.
Wegen dieser Nähe zur gewerblich geprägten Personengesellschaft im Sinne der (früheren) Geprägerechtsprechung und i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, wie er von der herrschenden Meinung verstanden wird, hält es der Senat für gerechtfertigt und geboten, § 4 b Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1982 auch auf Personengesellschaften anzuwenden, deren Gesellschafter ausschließlich steuerpflichtige Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit waren.
4. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif. Den Feststellungen des angefochtenen Urteils läßt sich nicht entnehmen, ob die an der GbR beteiligten Versicherungsvereine steuerpflichtig waren. Nur in diesem Fall ist es gerechtfertigt, die Vorschrift des § 4 b Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1982 entsprechend anzuwenden. Sollte diese Voraussetzung zu bejahen sein, so wird das FG zu beachten haben, daß dem Begünstigungsvolumen von ... DM das Vergleichsvolumen (§ 4 b Abs. 5 InvZulG 1982) gegenüberzustellen ist. Hierbei ist -- unabhängig von einer Anwendung der sog. Konzernklausel gemäß § 4 b Abs. 6 InvZulG 1982 -- im Hinblick darauf, daß die GbR nur wegen der betrieblichen Beteiligung der Versicherungsvereine anspruchsberechtigt ist, auf die Vorinvestitionen der Gesellschafter abzuheben. Zu diesem Zweck ist das Vergleichsvolumen des jeweiligen Versicherungsvereins mit dem Vomhundertsatz einzubeziehen, mit dem dieser an der GbR beteiligt war; außerdem ist es nur insoweit zu berücksichtigen, als es nicht bereits bei den Gesellschaftern zu einer Minderung des Begünstigungsvolumens geführt hat (§ 4 b Abs. 3 Satz 2 InvZulG 1982). Schließlich wird das FG zu prüfen haben, ob die an Fremdfirmen vermieteten Räume mindestens drei Jahre nach Abschluß der Investition in einem Betrieb oder einer Betriebstätte im Inland verblieben sind (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 1989 III R 29/88, BFHE 157, 472, BStBl II 1989, 903) oder z. B. Wohnzwecken dienten (§ 4 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 InvZulG 1982).
Sollte der Kläger nach den vorstehenden Ausführungen anspruchsberechtigt sein, so wird das FG die Investitionszulage selbst festzusetzen haben, da es sich vorliegend nicht um eine Verpflichtungs-, sondern um eine Anfechtungsklage handelt (BFH-Urteil vom 17. Oktober 1973 VIII R 149/71, BFHE 111, 392, BStBl 1974, 321).
Fundstellen