Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Spendenhöchstbetrages bei einer Beteiligung an Organträgergesellschaften; keine Einbeziehung des anteiligen Einkommens aus den Organgesellschaften
Leitsatz (amtlich)
Ist ein Steuerpflichtiger an einer Personengesellschaft beteiligt, die Organträger einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft ist, so bleibt bei der Berechnung des Höchstbetrags der abziehbaren Spenden nach § 10b Abs. 1 EStG aufgrund des Gesamtbetrags der Einkünfte das dem Steuerpflichtigen anteilig zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft außer Ansatz.
Normenkette
EStG § 10b Abs. 1
Verfahrensgang
FG Münster (EFG 1997, 704) |
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der wesentliche Teil ihrer Einkünfte im Streitjahr 1990 stammte aus der Beteiligung der Klägerin an drei Personengesellschaften. Jede dieser Gesellschaften war Organträger i.S. der §§ 14 bis 17 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG). In den Mitteilungen über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1990 der Organträgergesellschaften für die Klägerin waren unter der Einkunftsart "Gewerbebetrieb" die Anteile an den laufenden Einkünften der jeweiligen Personengesellschaft und die Anteile am Einkommen der jeweiligen Organgesellschaft gesondert ausgewiesen. Im Einkommensteuerbescheid 1990 wurden auch die Anteile am Einkommen der Organgesellschaften bei den Einkünften der Klägerin aus Gewerbebetrieb erfasst.
Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 1990 ließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) die von den Klägern bei den Sonderausgaben geltend gemachten Spenden nicht in vollem Umfang zum Abzug zu, weil er für die Berechnung des Höchstbetrags für den Spendenabzug von einem um das Einkommen der Organgesellschaften gekürzten Gesamtbetrag der Einkünfte ausging.
Die Klage hatte Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1997, 704).
Mit seiner Revision trägt das FA im Wesentlichen vor: Für die Ermittlung der Höchstbeträge des Spendenabzugs der Gesellschafter von Organträgergesellschaften sei allein auf die originären Einkünfte aus der Mitunternehmerschaft vor Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft abzustellen. § 10b EStG bzw. § 9 Nr. 3 a KStG seien Vorschriften zur Einkommensermittlung; eine gemeinsame Einkommensermittlung im Organkreis sehe das Gesetz jedoch nicht vor.
Das FA beantragt, das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts (FG) bleiben bei der Berechnung des Höchstbetrags der für die Kläger abziehbaren Spenden die der Klägerin nach § 14 KStG zugerechneten Einkommensanteile der Organgesellschaften außer Betracht.
1. Nach § 10b Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Ausgaben zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser, wissenschaftlicher und der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke bis zur Höhe von 5 v.H. des Gesamtbetrags der Einkünfte als Sonderausgaben abzugsfähig.
Den Gesamtbetrag der Einkünfte definiert § 2 Abs. 3 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung als die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Ausbildungsplatz-Abzugsbetrag und die nach § 34c Abs. 2 und 3 EStG abgezogene Steuer.
a) Die "Summe der Einkünfte" i.S. des § 2 Abs. 3 EStG ist die Summe der steuerbaren, für jeden einzelnen Steuerpflichtigen je Kalenderjahr ermittelten Einkünfte; zur Summe der Einkünfte, die den Gesamtbetrag der Einkünfte bilden, gehören somit nur Einkünfte, die ein Steuerpflichtiger im Rahmen der sieben Einkunftsarten selbst erzielt (vgl. Kirchhof in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 2 Rdnr. A 65; Seeger in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 20. Aufl., § 2 Rz. 10).
b) Die gesetzlichen Regelungen der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft mit Gewinnabführungsvertrag gehen von der sog. Zurechnungstheorie aus. Organträger und Organgesellschaft bleiben zivilrechtlich und steuerrechtlich verschiedene Rechtsträger und ermitteln selbständig ihr jeweiliges Einkommen; erst danach ist das Einkommen der Organgesellschaft nach § 14 KStG dem Organträger zuzurechnen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 14. April 1992 VIII R 149/86, BFHE 168, 128, 132, BStBl II 1992, 817). Die Zurechnung erfolgt nicht im Rahmen der Gewinnermittlung, sondern als Zurechnung fremden Einkommens zur Besteuerung (vgl. BFH-Beschluss vom 20. Juni 1974 I B 77/73, Betriebs-Berater ―BB― 1974, 1238, 1239). Das eigene Einkommen des Organträgers und das zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft bilden gemeinsam das vom Organträger zu versteuernde (Gesamt-)Einkommen (vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, § 14 Rz. 251).
Die Organgesellschaft darf bei der Ermittlung ihres Einkommens Aufwendungen i.S. von § 9 KStG, zu denen auch eigene Spenden gehören, abziehen. Ist auch der Organträger eine Kapitalgesellschaft, so sind die Höchstbeträge für den Spendenabzug in Höhe von 5 v.H. des Einkommens (§ 9 Satz 1 Nr. 3 a KStG) für die Organgesellschaft und für den Organträger gesondert zu ermitteln. Dabei ist nach der herrschenden Meinung in der Literatur bei der Berechnung des beim Organträger abziehbaren Höchstbetrags das ihm zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft außer Betracht zu lassen (vgl. Blümich/Hofmeister, Körperschaftsteuergesetz, § 9 Rz. 65; Jost in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Körperschaftsteuergesetz, § 9 Rz. 149, 150; Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 9 Rz. 77; Krebs in Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 9 KStG Anm. 79; Woitschell in Arthur Andersen, Körperschaftsteuergesetz, § 9 Rz. 92). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Denn andernfalls würde das zuzurechnende Einkommen bei der Höchstbetragsberechnung für den Spendenabzug doppelt Berücksichtigung finden, zunächst bei der Berechnung des Spendenabzugs für die Organgesellschaft selbst und dann noch einmal bei der Berechnung des Spendenabzugs für den Organträger. Dem Organträger würde damit ein steuerlicher Vorteil zugute kommen, der vom Zweck der Organschaft nicht gedeckt ist (vgl. dazu Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, 1975, Rdnr. 704). Darüber hinaus würde die doppelte Berücksichtigung eines Spendenabzugsvolumens auch dem Gesetzeszweck, den Spendenabzug auf bestimmte Höchstbeträge zu beschränken, zuwider laufen. Diese Überlegungen gelten in gleicher Weise für Organschaften, bei denen ―wie im Streitfall― die Organträger Personengesellschaften sind.
2. Nach den vorstehenden Grundsätzen gehörten für die Berechnung des Höchstbetrags der abziehbaren Spenden zum Gesamtbetrag der Einkünfte zwar die auf die Klägerin als Mitunternehmerin entfallenden Anteile an den laufenden Einkünften der Organträgergesellschaften, nicht aber die Anteile der Klägerin am Einkommen der jeweiligen Organgesellschaften. Sie waren ihr erst auf der Ebene des zu versteuernden Einkommens zuzurechnen (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 5 EStG Rz. 1425 und § 14 KStG Rz. 61).
Da das FA den Höchstbetrag zutreffend berechnet hat, kann die Klage keinen Erfolg haben.
Fundstellen
Haufe-Index 743670 |
BFH/NV 2002, 972 |
BStBl II 2003, 9 |
BFHE 198, 99 |
BFHE 2003, 99 |
BB 2002, 1296 |
DB 2002, 1250 |
DStR 2002, 991 |
DStRE 2002, 813 |
HFR 2002, 797 |