Leitsatz (amtlich)
1. Auch wenn der Steuerpflichtige Einnahmen aus mehreren nebenberuflichen Tätigkeiten i.S. von § 3 Nr.26 EStG bezieht, ist die Steuerfreiheit auf einen einmaligen Jahresbetrag von 2 400 DM begrenzt.
2. Die nebenamtliche Tätigkeit eines Finanzbeamten im Zulassungs- und Prüfungsausschuß zur Durchführung der Steuerberaterprüfung ist der Tätigkeit eines Ausbildungsleiters i.S. von § 3 Nr.26 EStG vergleichbar.
Orientierungssatz
Die Prüfungstätigkeit eines Prüfers im Steuerberaterexamen dient gemeinnützigen Zwecken i.S. von § 52 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977; sie fördert Bildung und Erziehung im Sinne dieser Vorschrift. Dem steht nicht entgegen, daß nur Bewerber aus einem abgeschlossenen Personenkreis geprüft werden. Denn die Prüfung liegt im Interesse der Allgemeinheit (vgl. BVerfG-Beschluß vom 18.6.1980 1 BvR 697/77). Zumindest mittelbar kommt die Tätigkeit solcher Prüfer der Allgemeinheit zugute (vgl. BFH-Urteil vom 13.12.1978 I R 39/78).
Normenkette
EStG 1981 § 3 Nr. 26, § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; AO 1977 § 52 Abs. 2 Nr. 1; StBerG § 35 Fassung: 1975-11-04, § 36 Fassung: 1975-11-04; DVStB §§ 1, 1ff, 10
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, sie werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der klagende Ehemann ist Beamter in der Berliner Finanzverwaltung. Im Streitjahr 1982 erzielte er neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und anderen Einkünften Betriebseinnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit als Dozent in Höhe von ... DM sowie für die Mitwirkung bei der Steuerberaterprüfung in Höhe von ... DM.
Die Kläger begehrten zunächst in der Einkommensteuererklärung, bei den Nebeneinnahmen als Dozent die Betriebsausgabenpauschale von 1 200 DM anzusetzen und bei den Nebeneinnahmen als Prüfer einen Betrag in Höhe von 2 400 DM gemäß § 3 Nr.26 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als steuerfrei abzusetzen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte demgegenüber nur einen Betrag in Höhe von insgesamt 2 400 DM. Der Einspruch der Kläger hatte insoweit keinen Erfolg.
Mit der Klage wurde im wesentlichen geltend gemacht, daß von den Einnahmen als Dozent gemäß § 3 Nr.26 EStG pauschal 2 400 DM abzusetzen seien. Die mit der Tätigkeit des Klägers als Prüfer bei der Steuerberaterprüfung zusammenhängenden Betriebsausgaben seien nicht durch diesen Betrag abgegolten. Für die Prüfungstätigkeit sei daher ein zusätzlicher Pauschbetrag von 1 200 DM zu gewähren. Ein Prüfer in der Steuerberaterprüfung übe keine einem Ausbildungsleiter vergleichbare Tätigkeit aus. Die Steuerberaterprüfung selbst schließe keine Berufsausbildung ab. Vielmehr setze die Teilnahme hieran bereits abgeschlossene Ausbildungen voraus.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab; die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1986, 481 veröffentlicht.
Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision der Kläger, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügen.
Die Kläger beantragen mit der Revision, das angefochtene Urteil aufzuheben und der Klage mit der Maßgabe stattzugeben, daß Einkünfte aus selbständiger Arbeit nur in der nach Abzug der beiden Pauschbeträge verbleibenden Höhe berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Das FG hat zu Recht entschieden, daß sowohl bei den Einkünften des Klägers aus der Tätigkeit als Dozent, als auch bei den Einkünften als Prüfer bei der Steuerberaterprüfung, über den Betrag der steuerfreien Aufwandsentschädigung (§ 3 Nr.26 EStG) in Höhe von 2 400 DM hinaus weitere Betriebsausgaben ohne Nachweis nicht berücksichtigt werden können.
1. Steuerfrei sind nach § 3 Nr.26 EStG Aufwandsentschädigungen für nebenberufliche Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher oder für eine vergleichbare nebenberufliche Tätigkeit zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke im Dienst oder Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer unter § 5 Abs.1 Nr.9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung. Als Aufwandsentschädigungen sind Einnahmen für die bezeichneten Tätigkeiten bis zur Höhe von insgesamt 2 400 DM im Jahr anzusehen.
Satz 1 dieser Vorschrift grenzt die Freistellung der Aufwandsentschädigungen für eine nebenberufliche Tätigkeit nach sachlichen Gesichtspunkten, insbesondere nach Tätigkeitsmerkmalen, dem Grunde nach, und Satz 2 in Ergänzung dazu der Höhe nach ab. Bei Einnahmen bis zu einer Höhe von 2 400 DM braucht nicht geprüft zu werden, ob es sich tatsächlich um Aufwandsentschädigungen oder um echte Vergütungen handelt. Bis zu dieser Höhe besteht eine unwiderlegbare Vermutung, daß die vom Steuerpflichtigen getragenen Aufwendungen (Betriebsausgaben oder Werbungskosten) bereits abgegolten worden sind. Die Besteuerung von Einnahmen, die den Betrag von 2 400 DM übersteigen, richtet sich dagegen nach den allgemeinen Vorschriften über den Umfang der Besteuerung. Das gilt sowohl für die Einordnung der Einkünfte (z.B. als solche aus selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit) als auch für die Berücksichtigung der anfallenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Daher können --zusätzlich-- Betriebsausgaben oder Werbungskosten nur berücksichtigt werden, wenn sie den Betrag von 2 400 DM übersteigen und in vollem Umfang nachgewiesen werden (vgl. zum Vorstehenden Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30.Januar 1986 IV R 247/84, BFHE 146, 65, BStBl II 1986, 401).
Daraus folgt weiter, daß --wie im Streitfall-- ein pauschaler Abzug von Betriebsausgaben bei Einkünften aus selbständiger Arbeit ausscheidet. Soweit solche Betriebsausgaben nicht nachgewiesen sind, gehen sie in dem Freibetrag von 2 400 DM auf.
2. Bezieht der Steuerpflichtige Einnahmen aus mehreren oder verschiedenen nebenberuflichen Tätigkeiten im Sinne von § 3 Nr.26 EStG, so gilt nichts anderes. Die Steuerfreiheit im Sinne von § 3 Nr.26 EStG bleibt auf einen einmaligen Jahresbetrag von 2 400 DM begrenzt. Das ergibt sich aus § 3 Nr.26 Satz 2 EStG. Dort heißt es: "Als Aufwandsentschädigungen sind Einnahmen .... bis zur Höhe von insgesamt 2 400 Deutsche Mark im Jahr anzusehen." Zwar kann der Steuerpflichtige dann höhere Aufwendungen als den Betrag von 2 400 DM im Jahr als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend machen, aber er muß diese steuermindernden Ausgaben dann gleichfalls in vollem Umfang nachweisen.
3. Entgegen der Ansicht der Kläger fällt nicht nur die Tätigkeit als Dozent, sondern auch die als Prüfer im Zulassungs- und Prüfungsausschuß zur Durchführung der Steuerberaterprüfung (§§ 1 f. und 10 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften vom 12.November 1979 --DVStB--, BGBl I, 1922, BStBl I, 686 i.V.m. "§§ 35 ff. und § 158 Nr.1 Buchst.b des Steuerberatungsgesetzes vom 4.November 1975, BGBl I, 2735, BStBl I, 1082 --StBerG--) unter die in § 3 Nr.26 EStG genannten Tätigkeiten. Die Tätigkeit eines Prüfers bei einer Prüfung, die zu Beginn, im Verlauf oder als Abschluß einer Ausbildung abgenommen wird, gehört ihrer Art nach zu den durch § 3 Nr.26 EStG begünstigten Betätigungen. Nach der Rechtsprechung des BFH ist der Prüfer zwar in solchen Fällen nicht als Ausbildungsleiter (vgl. dazu Urteil vom 23.Januar 1986 IV R 24/84, BFHE 146, 63, BStBl II 1986, 398) tätig, er übt aber eine vergleichbare Tätigkeit im Sinne von § 3 Nr.26 EStG aus (Urteil vom 29.Januar 1987 IV R 189/85, BFHE 149, 45, 49, BStBl II 1987, 783). Denn zur Ausbildung gehört die Kontrolle der erlangten Kenntnisse und Fertigkeiten. Die Einrichtung von Prüfungen und die damit eröffneten Möglichkeiten beruflichen Fortkommens geben häufig erst den Ausschlag für das Eingehen einer Berufsausbildung. Daher hat der erkennende Senat im Urteil in BFHE 149, 45, BStBl II 1987, 783, die Prüfungstätigkeit eines Hochschullehrers der Rechtswissenschaft für die erste juristische Staatsprüfung als eine begünstigte Tätigkeit im Sinne von § 3 Nr.26 EStG angesehen.
Der Prüfer im Zulassungs- und Prüfungsausschuß zur Durchführung der Steuerberaterprüfung übt eine dem Ausbildungsleiter vergleichbare Tätigkeit aus. Die Prüfung ist entscheidend --von Sonderfällen abgesehen-- dafür, ob der Bewerber zum Steuerberater bestellt werden und diesen Beruf ausüben kann (§ 35 StBerG). Sinn dieser Prüfung ist es, daß der Bewerber die für den Beruf erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nachweist. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, daß die Zulassung zur Steuerberaterprüfung gemäß § 36 StBerG u.a. voraussetzt, daß der Bewerber bestimmte Ausbildungsgänge bereits erfolgreich abgeschlossen hat. Denn zusätzlich zu dem wissenschaftlichen Hochschulstudium muß der Bewerber nach Abschluß des Studiums noch drei Jahre (§ 36 Abs.1 Nr.1 StBerG) oder nach dem erfolgreichen Abschluß einer entsprechenden Schulausbildung und einer entsprechenden Fachgehilfenprüfung oder gleichwertigen Vorbildung 10 Jahre (§ 36 Abs.1 Nr.2 StBerG) hauptberuflich auf dem Gebiet des Steuerwesens praktisch tätig gewesen sein. Das bedeutet, daß das Hochschulstudium und die Fachgehilfenprüfung allein nicht die erforderliche Gewähr für die sachliche Qualifikation als Steuerberater geben und nicht zur Zulassung zur Prüfung ausreichen. Hinzu kommen muß, daß der Bewerber durch die zusätzlich geforderte, unterschiedlich lange praktische Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens im Hauptberuf entsprechende Kenntnisse und Fertigkeiten erlangt (vgl. BFH-Urteil vom 21.Februar 1984 VII R 124/83, BFHE 140, 352, BStBl II 1984, 339). Diese theoretische und praktische Sachkunde des Bewerbers muß kontrolliert werden; die Prüfung stellt insoweit den Abschluß einer weiteren, besonderen berufsqualifizierenden Ausbildung dar.
4. Die Prüfungstätigkeit eines Prüfers im Steuerberaterexamen dient gemeinnützigen Zwecken im Sinne von § 52 Abs.2 Nr.1 der Abgabenordnung (AO 1977); sie fördert Bildung und Erziehung im Sinne dieser Vorschrift. Dabei ist unter Bildung nicht nur die Allgemeinbildung, sondern auch die Berufsausbildung zu verstehen. Dem steht nicht entgegen, daß nur Bewerber aus einem abgeschlossenen Personenkreis geprüft werden. Denn die Prüfung selbst liegt im Interesse der Allgemeinheit (vgl. z.B. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 18.Juni 1980 1 BvR 697/77, BVerfGE 54, 301, 314 ff., BStBl II 1980, 706, 710 f.). Zumindest mittelbar kommt die Tätigkeit solcher Prüfer der Allgemeinheit zugute (vgl. auch BFH-Urteil vom 13.Dezember 1978 I R 39/78, BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482).
Die Tätigkeit als Prüfer im Steuerberaterexamen wird auch im Auftrag einer inländischen Person des öffentlichen Rechts geleistet; Zulassungs- und Prüfungsausschuß sind gemäß § 1 Nr.1 und § 10 Nr.1 DVStB bei der für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesbehörde zu bilden.
5. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat das FG zu Recht die Bezüge des Klägers für seine Tätigkeit als Mitglied des Zulassungs- und des Prüfungsausschusses für die Steuerberaterprüfung als Aufwandsentschädigung für eine nebenberufliche Tätigkeit im Sinne von § 3 Nr.26 EStG angesehen. Zusammen mit den Einnahmen des Klägers aus seiner selbständigen Unterrichtstätigkeit als Dozent sind sie als Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne von § 18 Abs.1 Nr.1 Satz 2 EStG steuerpflichtig, soweit sie den Betrag von 2 400 DM übersteigen. Infolgedessen kann für beide Tätigkeiten zusammen nur ein Jahresbetrag in Höhe von 2 400 DM als steuerfreie Aufwandsentschädigung gemäß § 3 Nr.26 EStG abgesetzt werden, es sei denn, der Kläger hätte höhere Betriebsausgaben nachgewiesen (Urteil in BFHE 146, 65, BStBl II 1986, 401). Einen dahingehenden Nachweis hat der Kläger jedoch nicht geführt.
Fundstellen
Haufe-Index 62444 |
BFH/NV 1988, 1 |
BStBl II 1988, 890 |
BFHE 154, 81 |
BFHE 1989, 81 |
BB 1988, 1952-1952 (L1-2) |
DB 1988, 2134-2135 (LT) |
DStR 1988, 621 (S) |
HFR 1989, 12 (LT) |