Leitsatz (amtlich)
Aktien im Privatvermögen der Gesellschafter einer Personengesellschaft, die mit der AG in Geschäftsbeziehungen steht, dienen nicht mit Hauptzweck dem Betrieb der Personengesellschaft, wenn die Gesellschafter die AG zwar beherrschen, die Geschäftsbeziehungen zwischen der Personengesellschaft und der AG aber von geringer Bedeutung für die Personengesellschaft sind und die AG neben dem Vertrieb der Erzeugnisse der Personengesellschaft in erheblichem Umfang anderweitig geschäftlich tätig ist.
Normenkette
BewG 1965 §§ 95, 97 Abs. 1 Nr. 5
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Aktien im Eigentum von Gesellschaftern der Klägerin (nachfolgend Altgesellschafter genannt) zum Betriebsvermögen der Klägerin oder zum Privatvermögen dieser Gesellschafter gehören.
Die Klägerin ist eine KG. Sie stellt ... her und vertreibt sie.
1958 schloß die Klägerin mit einer zur A (im folgenden A) in den USA gehörenden Gesellschaft einen Exklusivvertrag mit zehnjähriger Kündigungsfrist über den Vertrieb ihrer Produkte in den USA. 1965 beteiligte sich die Klägerin an der Gründung einer neuen Gesellschaft der A-Gruppe mit 34 v.H. Sie schloß mit dieser Gesellschaft einen 99 Jahre laufenden Lizenzvertrag über die Herstellung und den Vertrieb ihrer .... 1969 begannen Kooperationsverhandlungen zwischen der Klägerin und der B AG, die ebenfalls ... herstellt und vertreibt. Die B war auch an einer Gesellschaft der A-Gruppe mit 50 v.H. beteiligt.
Im Februar 1970 erwarben die Klägerin und die B zu je 50 v.H. die Anteile an der A-Gruppe. Die B verpflichtete sich, für den Fall, daß es nicht zu ihrer Beteiligung an der Klägerin komme, ihre Anteile an der A-Gruppe auf die Klägerin oder einen von dieser zu benennenden Dritten zu übertragen. Die Klägerin hielt ihre Anteile an der A-Gruppe zunächst im Betriebsvermögen. Noch im Jahre 1970 wurde die A-Gruppe mit der C Inc. (im folgenden C) fusioniert, einer AG nach dem Recht eines Staates der USA. Am 30.Juni 1970 verkauften die Altgesellschafter der Klägerin 50 v.H. ihrer Beteiligung an der Klägerin an die B. Die Klägerin übertrug kurz vor Eintritt der B ihre Anteile an der C auf ihre Altgesellschafter zum Anschaffungspreis. Die C-Aktien wurden als Privatvermögen der Altgesellschafter behandelt. Der Grund für die Entnahme der C-Aktien lag darin, daß innerhalb der Klägerin zwischen den Altgesellschaftern und der neu eintretenden B ein gleich großes Beteiligungsverhältnis an der C bestehen sollte. Dies wäre nicht zu verwirklichen gewesen, wenn die B neben ihrer unmittelbaren 50 %igen Beteiligung an der C über die Gesellschafterstellung bei der Klägerin mittelbar an der anderen Hälfte der C-Aktien beteiligt gewesen wäre. Am 1.Juli 1970 wurde für die Klägerin ein neuer Gesellschaftsvertrag geschlossen, der durch strenge Parität zwischen den Altgesellschaftern und der B gekennzeichnet ist.
In den Streitjahren lag der Anteil der Umsätze mit Lizenzprodukten der Klägerin um 50 v.H. des Gesamtumsatzes der C. Die Einnahmen der Klägerin aus Lizenzfertigungen der C machten jedoch weniger als 1 v.H. ihres Gesamtumsatzes aus. Der Gewinnanteil der Klägerin aus dem USA-Geschäft betrug 1 bis 3 v.H. des Gesamtgewinns.
Nach einer Betriebsprüfung behandelte das beklagte Finanzamt (FA) die den Altgesellschaftern gehörenden C-Aktien als Sonderbetriebsvermögen. Es erließ Feststellungsbescheide über die Einheitswerte des Betriebsvermögens auf den 1.Januar 1971, den 1.Januar 1972 und den 1.Januar 1973.
In den Einheitswerten sind die Aktien der Altgesellschafter an der C mit 8 115 000 DM enthalten.
Die Klägerin legte Einspruch ein mit der Begründung, diese Aktien seien Privatvermögen der Altgesellschafter. Mit der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage beantragte die Klägerin, die Einheitswerte herabzusetzen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Altgesellschafter und die B zum finanzgerichtlichen Verfahren beigeladen; es hat die Klage abgewiesen. Es war der Auffassung, bei den C-Aktien im Eigentum der Altgesellschafter handele es sich um notwendiges Betriebsvermögen der Klägerin, das als Sonderbetriebsvermögen dieser Gesellschafter zu behandeln sei.
Mit der Revision fechten die Klägerin und die Altgesellschafter das FG-Urteil an und verfolgen das Klagebegehren weiter.
Die Revision trägt vor, daß die im Eigentum der Altgesellschafter der Klägerin stehenden C-Aktien dem gewerblichen Betrieb der Klägerin weder gewidmet seien noch daß ein Sachzusammenhang bestehe, aus dem sich objektiv ergebe, die Aktien seien zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Der Senat geht davon aus, daß die Altgesellschafter jeweils nur insoweit Revision eingelegt haben, als sie durch das angefochtene Urteil beschwert worden sind und daß deshalb die B keine Revision eingelegt hat.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision wird die Vorentscheidung aufgehoben. Das FG hat die §§ 95, 97 des Bewertungsgesetzes (BewG) nicht richtig angewendet.
Nach ständiger Rechtsprechung gehören zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft nicht nur die im Gesamthandseigentum stehenden Wirtschaftsgüter, sondern als Sonderbetriebsvermögen auch Wirtschaftsgüter, die einem, mehreren oder allen Gesellschaftern zusammen (in Bruchteilseigentum) gehören und die dem Betrieb der Gesellschaft dienen. Dies wird damit begründet, daß der Umfang des Betriebsvermögens einer Personengesellschaft sich aus § 97 BewG und der ergänzend heranzuziehenden Vorschrift des § 95 BewG ergibt (Entscheidung des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7.Dezember 1984 III R 35/79, BFHE 143, 87, 91, BStBl II 1985, 236, m.w.N.). Ein Wirtschaftsgut im Eigentum eines Gesellschafters einer Personengesellschaft dient dem Betrieb der Gesellschaft, wenn es ihr zur Nutzung überlassen wurde. Es kann aber auch dann dem Betrieb der Gesellschaft dienen, wenn es der Gesellschaft zwar nicht zur Nutzung überlassen worden ist, aber in einem Sachzusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb der Gesellschaft steht. Dieser Fall ist gegeben, wenn Anteile an Kapitalgesellschaften im Eigentum der Gesellschafter einer Personengesellschaft deshalb dem Betrieb der Gesellschaft dienen, weil die Kapitalgesellschaft und die Personengesellschaft im Verhältnis von Produktions- und Vertriebsgesellschaft stehen (vgl. BFH-Entscheidung vom 29.Oktober 1986 II R 226/82, BFHE 148, 72, BStBl II 1987, 99). Voraussetzung ist aber auch bei diesem Sachzusammenhang, daß die Anteile in den Händen der Gesellschafter dem Betrieb der Personengesellschaft als Hauptzweck dienen (§ 95 Abs.1 BewG). Es ist unbestritten, daß dieser Hauptzweck nicht nur durch die wirtschaftliche Einheit des Betriebsvermögens, sondern durch jedes Wirtschaftsgut dieser Einheit verwirklicht werden muß (vgl. BFH-Entscheidung vom 7.Dezember 1984 III R 91/81, BFHE 143, 93, 96, BStBl II 1985, 241, m.w.N.).
TEXTDer BFH hat mit Urteil vom 21.März 1978 III R 32/76 (BFHE 125, 286, 289, BStBl II 1978, 518) entschieden, daß bei einer Beteiligung der Gesellschafter einer Personengesellschaft an einer Kapitalgesellschaft mit 20 v.H. und nur geringfügigen geschäftlichen Beziehungen zwischen Personengesellschaft und Kapitalgesellschaft die Anteile in Händen der Personengesellschafter nicht mit Hauptzweck dem Betrieb der Personengesellschaft dienen. Zwischen der Klägerin und der C bestehen aus der Sicht der Klägerin nach den unangefochtenen Feststellungen des FG nur geringfügige geschäftliche Beziehungen. Die Einnahmen der Klägerin aus den Lizenzfertigungen der C betrugen in den Streitjahren weniger als 1 v.H. des Gesamtumsatzes, die Gewinne nur zwischen 1 und 3 v.H. des Gesamtgewinnes. Der III.Senat des BFH hat in seiner Entscheidung in BFHE 125, 286, BStBl II 1978, 518 angedeutet, ohne dies entscheiden zu können, daß bei einem maßgeblichen Einfluß der Gesellschafter einer Personengesellschaft auf die geschäftliche Betätigung einer Kapitalgesellschaft die Anteile in Händen der Gesellschafter der Personengesellschaft mit Hauptzweck dem Betrieb der Personengesellschaft dienen könnten. Der erkennende Senat ist der Auffassung, daß eine 100%ige Beteiligung der Gesellschafter einer Personengesellschaft an einer Kapitalgesellschaft, die mit der Personengesellschaft in Geschäftsbeziehungen steht, dafür sprechen kann, daß die Beteiligung dem Betrieb der Personengesellschaft mit Hauptzweck dient. Der III.Senat des BFH hat jedoch für die Beteiligung im Eigentum der Kommanditisten einer GmbH & Co. KG an der Komplementär-GmbH entschieden, daß deren Anteile nur dann dem Hauptzweck des Betriebs der Personengesellschaft dienen und damit Betriebsvermögen der KG sind, wenn die GmbH sich auf die Geschäftsführertätigkeit beschränkt oder wenn ein daneben bestehender eigener Geschäftsbetrieb nur von ganz untergeordneter Bedeutung ist (BFH-Entscheidung in BFHE 143, 93, 97, BStBl II 1985, 241). Der erkennende Senat hat sich dieser Entscheidung mit Urteil vom 7.Mai 1986 II R 137/79 (BFHE 147, 70, 77 f., BStBl II 1986, 615) angeschlossen. Er ist darüber hinaus der Auffassung, daß dieser Grundsatz auch im Verhältnis einer Produktionspersonengesellschaft zu einer Vertriebskapitalgesellschaft für die Anteile im Eigentum der Gesellschafter der Personengesellschaft gilt, wenn, wie im Streitfall, die Geschäftsverbindung aus der Sicht der Produktionsgesellschaft nur von geringer Bedeutung ist und die Vertriebsgesellschaft neben dem Vertrieb der Erzeugnisse der Produktionsgesellschaft noch in erheblichem Umfang anderweitig geschäftlich tätig ist. Die Beherrschung der Kapitalgesellschaft durch die Gesellschafter der Personengesellschaft verliert dadurch an betrieblicher Bedeutung für die Personengesellschaft. Dies schließt nicht aus, daß sich aus dem Zusammenwirken der Bedeutung der Kapitalgesellschaft für den Absatz der Erzeugnisse der Personengesellschaft und dem Maß der Einflußnahmemöglichkeit auf deren Geschäftstätigkeit über die Beteiligungen der Gesellschafter der Personengesellschaft ergeben kann, die Anteile in Händen der Gesellschafter der Personengesellschaft dienten mit Hauptzweck dem Betrieb dieser Gesellschaft. Deshalb hat der erkennende Senat mit Urteil BFHE 148, 72, BStBl II 1987, 99 entschieden, daß bei 100 %iger Beteiligung und damit Beherrschung der Produktionskapitalgesellschaft durch die Gesellschafter der Vertriebspersonengesellschaft und fast ausschließlicher Übernahme der Produktion durch die Vertriebsgesellschaft der Sachzusammenhang dafür spricht, die Anteile im Eigentum der Gesellschafter der Personengesellschaft seien nicht Privatvermögen, sondern mit Hauptzweck Betriebsvermögen der Personengesellschaft. Eine vergleichbare Lage ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht gegeben, weil die Klägerin nur einen ganz geringen Anteil ihrer Erzeugnisse über die C am US-Markt absetzen läßt und die Vertriebsgesellschaft neben dem Vertrieb der Erzeugnisse der Klägerin einen erheblichen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält. Unter diesen Umständen kann auch die 100 %ige Beteiligung ihrer Gesellschafter an der C nicht dazu führen, daß diese Beteiligung mit Hauptzweck dem Betrieb der Klägerin dient.
Die Sache ist spruchreif, denn der Wert der Beteiligung der Gesellschafter der Klägerin an der C ist unstreitig. Nach Aufhebung der Vorentscheidung werden auch die Feststellungsbescheide zum 1.Januar 1971, zum 1.Januar 1972 und zum 1.Januar 1973 vom 22.März 1974 und die Einspruchsentscheidung vom 23.Januar 1980 aufgehoben. Der Einheitswert zu diesen Feststellungszeitpunkten wird entsprechend dem Antrag der Klägerin festgestellt.
Fundstellen
Haufe-Index 62595 |
BFH/NV 1989, 41 |
BStBl II 1989, 824 |
BFHE 157, 443 |
BFHE 1990, 443 |
DB 1989, 2155-2156 (LT) |
HFR 1989, 596 (LT) |