Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzesinterpretation. Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Vorlagepflicht an den GemSOBG. Rundfunkermittler
Leitsatz (redaktionell)
1. Art. 3 Abs. 1 GG wird nicht schon durch die verschiedenartige Auslegung eines Rechtsbegriffs durch verschiedene erkennende Gerichte verletzt. Dabei könnte es sich lediglich in dem einen Fall der voneinander abweichenden Entscheidungen um eine unrichtige Gesetzesinterpretation und damit um eine unrichtige Entscheidung handeln.
2. Im Streitfall hat der BFH mit seinem Urteil vom 14. Dezember 1978 I R 121/76 (BFHE 126, 311) zur Gewerbesteuerpflicht eines Rundfunkermittlers nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, indem er die Rechtsfrage nicht dem GemSOGB vorgelegt hat.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 101 Abs. 1 S. 2; RsprEinhG § 2 Abs. 1; EStG §§ 15, 19
Verfahrensgang
Gründe
1. Art. 3 Abs. 1 GG wird nicht schon durch die verschiedenartige Auslegung eines Rechtsbegriffs durch verschiedene erkennende Gerichte verletzt. Dabei könnte es sich lediglich in dem einen Fall der voneinander abweichenden Entscheidungen um eine unrichtige Gesetzesinterpretation und damit um eine unrichtige Entscheidung handeln (BVerfGE 19, 38 [47]). Eine solche ist der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht regelmäßig entzogen, soweit nicht die Fehler der Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich sind und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruhen und deshalb willkürlich sind (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BVerfGE 42, 64 [74]). Das ist bei dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Urteil des Bundesfinanzhofs nicht der Fall.
2. Der Bundesfinanzhof hat nicht dadurch gegen Art. 101 Abs.1 Satz 2 GG verstoßen, daß er von einer Vorlage an den Gemeinsamen Senat (§ 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Juni 1968, BGBl. I S. 661) abgesehen hat. Selbst wenn man davon ausgeht, daß es sich bei der Feststellung, ob eine Beschäftigung wie die des Beschwerdeführers als selbständige oder unselbständige Tätigkeit anzusehen ist, um die Entscheidung einer Rechtsfrage handelt, und daß diese Rechtsfrage im Steuerrecht, Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht in gleicher Weise zu beantworten ist, konnte der Bundesfinanzhof ohne Willkür (vgl. BVerfGE 42, 237 [241]) ein Abweichen in einer Rechtsfrage von dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 21. Oktober 1958 – 2 RU 196/57 – (Sozialrecht RVO § 537 a.F. Nr. 8) verneinen, da er im Fall des Beschwerdeführers eine wesentliche Abweichung im Sachverhalt festgestellt hat. Eine Vorlagepflicht wegen Divergenz von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17. Mai 1978 – 5 AZR 621/77 – (vgl. die gleichgelagerte veröffentlichte Entscheidung AP Nr. 28 zu § 611 BGB – Abhängigkeit) bestand nicht, da das Bundesarbeitsgericht die Frage der Selbständigkeit oder Unselbständigkeit des Beschwerdeführers nicht abschließend entschieden hat. Insoweit könnte eine Vorlagepflicht allenfalls das Bundesarbeitsgericht treffen, wenn es auf eine erneute Revision des Beschwerdeführers abweichend von dem Urteil des Bundesfinanzhofs entscheiden will.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen