Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerb eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks durch einen von mehreren Erbbauberechtigten. für anteiligen Erwerb des Erbbauzinsanspruchs beim Kauf eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks keine Grunderwerbsteuer. Aufteilung nach der Boruttau´schen Formel
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird ein mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück verkauft, so entfällt regelmäßig ein erheblicher Teil des für das Grundstück vereinbarten Kaufpreises kalkulatorisch auf das automatisch miterworbene Recht auf den Erbbauzins.
2. Der Erwerb des Erbbauzinsanspruchs stellt keinen Grundstücksumsatz dar. Die auf den Erbbauzins entfallende und nach der sog. Boruttau´schen Formel zu berechnende Gegenleistung geht daher nicht in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ein.
3. Der Sachverhalt, dass beim Verkauf des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks an einen von mehreren Erbbauberechtigten das Erbbaurecht im Kaufvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Eigentumsumschreibung des Grundstücks aufgehoben wird, ist nicht anders zu beurteilen, als wenn das Eigentum an dem Grundstück erworben und anschließend die Vereinbarung über die Aufhebung des Erbbaurechts getroffen wird.
4. § 39 ErbbauRG ist mit der Einfügung des § 1 Abs. 7 GrEStG a. F. gegenstandslos geworden.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 7, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1; ErbbauRG § 39
Nachgehend
Tenor
Abweichend von dem Bescheid vom 09.09.2008 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 13.09.2010 wird die Grunderwerbsteuer auf 4.357 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 53 % dem Kläger und zu 47 % dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Eltern des Klägers schlossen am 13.05.1993 – URNr. …, Notar B., C. – einen notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag mit der D. GmbH E. über das im Eigentum der D… GmbH stehende, 10.083 m² große bebaute Grundstück Gemarkung F., Flur 5, Flurstück 86/4, G.-Str.. Der Kaufvertrag wurde nicht vollzogen.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 12.12.1997 – URNr. …, Notar B. – wurde der Kaufvertrag in einen Erbbaurechtsvertrag geändert, wobei ein Erbbaurecht auf die Dauer von 66 Jahren bestellt wurde, das unter Einbeziehung des Klägers diesem und seinen Eltern zu je 1/3 als Berechtigte zustehen sollte. Als jährlicher Erbbauzins wurde 5 % des auf 650.000,– DM ermittelten Verkehrswertes bei Vertragsabschluss, mithin ein Betrag von 32.500,– DM/Jahr vereinbart. In § 10 Abs. 4 des Vertrages räumte die D. GmbH den jeweiligen Erbbauberechtigten ein dingliches Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle sowie ein Ankaufsrecht zu dem jeweiligen Verkehrswert für die Dauer des Erbbaurechtes an dem Erbbaugrundstück ein.
Am 11.12.2007 schlossen die D. GmbH, der Kläger und dessen Eltern einen notariell beurkundeten Vertrag – URNr. …, Notar H., C. – über dasselbe Grundstück. Laut der Vorbemerkung in dem Vertrag vereinbarten die Vertragsparteien, dass aufgrund des durch die drei 1/3-Erbbauberechtigten geltend gemachten Ankaufsrechtes das Erbbaurecht an dem Grundstück aufgehoben werde und der Kläger mit Zustimmung seiner bisher anteilig mitberechtigten Eltern alleiniger Eigentümer werden solle. Die D. GmbH verkaufte dem Kläger das Grundstück zu einem Kaufpreis von 235.000,– EUR umsatzsteuerfrei. Unter der aufschiebenden Bedingung der Eigentumsumschreibung auf den Kläger schlossen die D. GmbH, der Kläger und dessen Eltern eine in einer Anlage zu der Notarurkunde enthaltene Vereinbarungen zur Aufhebung des Erbbaurechtes. Sie bewilligten und beantragten die Eintragung der Erbbaurechtsaufhebung und die Schließung des Erbbaugrundbuches.
Mit dem hier angegriffenen Bescheid vom 09.09.2009 setzte der Beklagte gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) für diesen Erwerbsvorgang gegenüber dem Kläger Grunderwerbsteuer in Höhe von 8.225,– EUR fest. Als Bemessungsgrundlage legte er dabei den Kaufpreis von 235.000,– EUR zu Grunde.
Den hiergegen am 16.09.2008 erhobenen Einspruch begründete der Kläger unter Berufung auf § 39 Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG).
Unter dem Datum vom 20.05.2009 und vom 22.06.2010 hörte der Beklagte den Kläger dazu an, dass der Einspruch nach dessen Auffassung nicht begründet sei: Steuern seien keine Kosten und Abgaben im Sinne von § 39 ErbbauRG; die Steuerpflichtigkeit oder -freiheit eines grunderwerbsteuerbaren Vorgangs beurteile sich allein nach dem Grunderwerbsteuergesetz. Der Erwerb des mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks durch den Erbbauberechtigten stelle einen gesonderten grunderwerbsteuerbaren Vorgang dar. Da das Recht des Grundstückseigentümers auf den Erbbauzins...