rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zoll
Tenor
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft werden nach Art. 177 EG-Vertrag folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.) Ist Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a) i. V. m. Abs. 2 der Verordnung (EWG) des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften – ZK – vom 12. Oktober 1992 (ABl. EG Nr. L 302 S. 1) dahin auszulegen, daß eine Einfuhrzollschuld bereits dann entsteht, wenn von der zuständigen Zollstelle eine den Anforderungen des Art. 62 ZK entsprechende Zollanmeldung zur Überführung gestellter Nichtgemeinschaftswaren in den freien Verkehr entgegengenommen und die Annahme durch Beifügung eines zollamtlichen Registervermerks dokumentiert wird?
2.) Bei Bejahung der Frage 1:
Ist Art. 75 ZK dahin auszulegen, daß die Zollstelle, die eine solche Zollanmeldung angenommen hat, berechtigt ist, die Anmeldung mit der Folge als unwirksam zu betrachten oder sie ohne einen hierauf gerichteten Antrag des Anmelders für unwirksam zu erklären, daß eine nach Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a ZK entstandene Zollschuld als nicht entstanden gilt oder nach Art. 233 Buchstabe c erster Anstrich ZK erloschen ist, wenn die angemeldeten Waren dem Anmelder deshalb nicht überlassen werden können, weil sie vor Durchführung der angeordneten Zollbeschau von dem dafür vorgesehenen Verwahrungsort und aus dem Zuständigkeitsbereich der Zollstelle entfernt wurden?
3.) Bei Verneinung der Frage 1 oder bei Bejahung der Frage 2:
Ist Art. 203 Abs. 1 ZK dahin auszulegen, daß ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung vorliegt, wenn die zur Überführung in den freien Verkehr angemeldeten Nichtgemeinschaftswaren vom vorgesehenen Verwahrungs-/Beschauort und damit aus dem örtlichen Zuständigkeitsbereich der betroffenen Zollstelle entfernt werden, obwohl die Zollstelle eine Zollbeschau angeordnet hatte?
4.) Bei Verneinung der Frage 3:
Ist Art. 204 Abs. 1 ZK dahin auszulegen, daß sich das unerlaubte Entfernen der Waren vom Verwahrungsort auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung dann „nicht wirklich ausgewirkt” hat, wenn die Waren nach dem Entfernen einer anderen Zollstelle auf Verlangen hätten vorgeführt werden können?
5.) Ist das Entstehen einer Einfuhrzollschuld
- nach Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a) i. V. m. Abs. 2 ZK bei bloßer Entgegennahme der Zollanmeldung durch die Zollstelle, oder
- nach Art. 203 Abs. 1 ZK oder
- nach Art. 204 ZK
ausgeschlossen, wenn der von der Zollstelle entgegengenommenen Zollanmeldung formell nicht zu beanstandende Ursprungszeugnisse nach Formblatt A beigefügt waren und für die von der Anmeldung umfaßten Waren der Präferenzzollsatz „frei” galt?
Tatbestand
A.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine internationale Spedition und Lagerei. Sie übernahm am 12. Juli 1994 im Rahmen ihrer Bewilligung als „zugelassener Empfänger” die am 11. Juli 1994 mit Versandschein T 1 beim HZA A in ein externes gemeinschaftliches Versandverfahren überführte Sendung von 470 Kartons TV-Chassis, 24 Kartons Platinen und 29 Kartons Module. Am 13. Juli 1997 legte sie das für die Bestimmungszollstelle vorgesehene Stück der Versandanmeldung der dafür zuständigen Abfertigungsstelle ZA X des HZA Y vor und meldete die Waren zugleich im Namen der AG zur Überführung in den freien Verkehr an. Das ZA registrierte das nach Art. 183 Abs. 3 ZK-DVO als summarische Anmeldung dienende Versandpapier unter GB und nahm die unter registrierte Zollanmeldung an. Zugleich unterrichtete der mit der Annahme und Prüfung der Zollanmeldung befaßte Abfertigungsbeamte des ZA den bei der Abgabe der Zollanmeldung anwesenden Firmenangehörigen der Klägerin, daß die angemeldeten Waren am 14. Juli 1994 auf dem als Verwahrungsort nach § 51 Abs. 1 ZK dienenden Firmengelände der Klägerin einer Zollbeschau unterzogen werden sollten. Die Zollbeschau konnte nicht vorgenommen werden, weil sich die angemeldeten Waren beim Eintreffen des damit betrauten Abfertigungsbeamten nicht mehr im Gewahrsam der Klägerin befanden, sondern bereits an die in Süddeutschland ansässige Anmelderin ausgeliefert worden waren. Daraufhin vermerkte das HZA auf dem Original des Einheitspapieres 0779 mit Rotstift:
„für ungültig erklärt (Art. 66 Abs. 1 ZK). Bei dem Versuch einer Be- schau war die Sendung bereits abgefahren, zwecks Fertigung eines Steuerbescheides an das Sachgebiet D weitergegeben”.
Das HZA wertete das Entfernen vom Verwahrungs- und vorgesehenen Beschauort als Entziehen vorübergehend verwahrter Nichtgemeinschaftswaren aus zollamtlicher Überwachung und nahm die Klägerin als diejenige, die für die vorübergehend verwahrten Waren die sich aus Art. 51 ZK ergebenden Pflichten zu erfüllen hatte, mit Steuerbescheid vom 2. August 1994 für die nach seiner Auffassung nach Art. 203 ZK entstandenen Einfuhrabgaben in Höhe von 34.534,13 DM Zoll und 44.344,33 DM EUSt, insgesamt 78.878,46 DM, in Anspruch. Dabei wandte es auch hinsichtlich der Bausätze für Fernseher die für Drittländer geltenden Zollsätze mit dem Hinw...