Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Investitionszulage nach § 3 InvZulG 1999 für Umbau eines bisher teils leer stehenden, teils an gewerbliche Mieter vermieteten Mühlengebäudes zu neun anschließend zu Wohnzwecken vermieteten Mietwohnungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die an den ertragsteuerlichen Abgrenzungsmerkmalen orientierte Gebäudedefinition des § 2 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1999 gilt auch für § 3 InvZulG 1999.
2. Entsteht durch umfassende Baumaßnahmen (hier: Umbau eines bisher gewerblich genutzten Mühlengebäudes zu Mietwohnungen) im Jahr 1999 ein neues Wirtschaftsgut im ertragsteuerlichen Sinne, liegen zwar Herstellungskosten vor, die aber nicht „nachträglich” i.S. von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 InvZulG 1999 angefallen sind, ohne dass es darauf ankäme, ob das „neue” Gebäude zuvor schon im bewertungsrechtlichen oder bautechnischen Sinne vorhanden war (gegen BMF-Schreiben in BStBl I 1996, 689, sowie gegen OFD Berlin, Schreiben vom 31.1.2002, St 171-InvZ 1272 – 06/01).
3. Im Zuge der unter 2. geschilderten Baumaßnahmen angefallene Erhaltungsaufwendungen sind nicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 begünstigt, da das neu entstandene Wirtschaftsgut „Mietwohnungen” nicht vor dem 1.1. 1991 fertig gestellt worden ist.
Normenkette
InvZulG 1999 § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 3 S. 1, § 3 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2-3; HGB § 255
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin erwarb im Jahre 1996 ein mit einem Mühlengebäude bebautes Grundstück. Das Erdgeschoss des um die vorletzte Jahrhundertwende errichteten Gebäudes war im Erwerbszeitpunkt gewerblich vermietet. Die drei Obergeschosse, die von der Voreigentümerin als Verwaltungstrakt, Lager und Festsaal genutzt worden waren, standen nach dem Erwerb durch die Klägerin überwiegend leer. Einige Räume mit einer Fläche von 26,5 qm im ersten Obergeschoss waren an einen gewerblichen Mieter vermietet. Dieses Mietverhältnis wurde zum 31.1.1998 beendet. In den Jahren 1998 und 1999 führte die Klägerin erhebliche Baumaßnahmen durch und schuf in den Obergeschossen auf einer Fläche von 666,65 qm insgesamt 9 Mietwohnungen, die nach der Fertigstellung zu Wohnzwecken vermietet wurden.
Nach den zu den Akten gereichten Rechnungen, Grundrissen und Fotographien wurden im Jahre 1999 folgende Baumaßnahmen durchgeführt:
- • Abbruch-, Roh- und Ausbauarbeiten, wobei ein Treppenhaus angebaut wurde
- • Erneuerung und Erweiterung der Heizungs- und Elektroanlage
- • Montage von Messeinrichtungen für die Heizung
- • Einbau der Sanitäreinrichtungen nebst Fliesenarbeiten
- • Herstellung der Hausanschlüsse (Strom, Schmutzwasser, Kabelanschluss)
- • Innenputz- und Estricharbeiten im bereits vorhandenen Treppenhaus
- • Reinigung und Ausbesserung der Fassade
- • Wohnungsgrundreinigung
- • Herstellung einer Wärmedämmfassade auf der Rückseite des Hauses
- • Einbau/Erneuerung von Türen
- • Einbau neuer Fenster, wobei einige Fensteröffnungen zu diesem Zweck erweitert wurden, teilweise wurden die vorhandenen Fenster instandgesetzt
- • Erneuerung der Dacheindeckung und Dachrinnen
- • Verlegung von Fußbodenbelägen
- • Malerarbeiten
- • Einbau von Treppengeländern
- • Einbau einer Briefkastenanlage
- • Hofpflasterung
- • Umsetzen einer Sirene
Nach dem Vorbringen der Klägerin, das durch die eingereichten Grundrisse bestätigt wird, sind nur geringfügige Veränderungen am Fundament vorgenommen worden, tragende Wände sind nicht verändert worden, die Geschossdecken wurden nur an schadhaften Stellen erneuert.
Die Klägerin stellte im Jahre 2000 für die vorgenannten Baumaßnahmen einen Antrag auf Investitionszulage nach § 3 InvZulG 1999. Der Beklagte lehnte die Investitionszulage mit Bescheid vom 11.12.2000 ab und wies darauf hin, dass durch die Baumaßnahmen ein anderes Gebäude entstanden sei. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, das Gebäude sei zwar als Mühlengebäude errichtet worden, sei aber im Erwerbszeitpunkt als Büro- und Verwaltungsgebäude sowie als Lager genutzt worden. Die nunmehrige Nutzung als Wohn- und Geschäftsgebäude stelle im Vergleich zur Nutzung im Erwerbszeitpunkt keinen wesentlichen Unterschied dar. Während der gesamten Bauphase sei das Erdgeschoss weiter von der Firma X. genutzt worden. Die Baumaßnahmen hätten sich auf Instandhaltungsmaßnahmen beschränkt, ein neues Gebäude sei nicht hergestellt worden. Aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 3 InvZulG 1999 sei nicht ersichtlich, dass nur Gebäude, die vor Durchführung von Baumaßnahmen als Wohngebäude genutzt worden seien, zulagebegünstigt seien. Die Zulagegewährung entspreche dem Förderziel des Investitionszulagegesetzes. Mit der Bezugnahme auf das BMF-Schreiben vom 24.8.1998 verstoße der Beklagte gegen das Rückwirkungsverbot. Es handle sich um einen Fall der echten Rückwirkung, weil sie, die Klägerin, die Investition bereits Anfang 1999 abgeschlossen hätte.
Auf telefonische Nachfrage durch den Berichterstatter gab der ...