Entscheidungsstichwort (Thema)
Auch bei subjektiver Unkenntnis kann vorschriftswidriges Verbringen i.S.d. § 19 Satz 1 TabStG anzunehmen sein
Leitsatz (redaktionell)
- Werden unter Verstoß gegen die Gestellungspflicht in das Gemeinschaftsgebiet eingeführte Zigaretten nach dem gemeinsamen Tatplan der Beteiligten auf einem Betriebsgelände in Deutschland lediglich sofort auf einen anderen LKW umgeladen, um unmittelbar im Anschluss mit entsprechenden Frachtpapieren nach Großbritannien weiterbefördert zu werden, so führt deren noch in Deutschland und damit vor Beendigung des vorschriftswidrigen Verbringens erfolgte Beschlagnahme zum Erlöschen der Zoll- und Umsatzsteuerschuld.
- Die Phase des Verbringens ist nicht auf den unmittelbaren Bereich des Grenzübertritts und die anschließende Beförderung zur ersten Zollstelle beschränkt.
Normenkette
ZK Art. 38, 40, 202, 233 Unterabsatz 1 Buchst. d; TabStG § 21; UStG § 21 Abs. 2 1. Halbsatz
Streitjahr(e)
2001, 2002
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Einfuhrabgaben für unverzollt und unversteuert in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachte Zigaretten.
Der Kläger ist Inhaber eines holzverarbeitenden Betriebs in G. Am 29. Oktober 2001 beauftragte E den Kläger mit der Lagerung, Verzollung und dem Weitertransport von 1.152 Einwegpaletten aus Litauen, um diese nach Großbritannien weiter zu verbringen. E ließ die Ladung am 30. Oktober 2001 mit einem litauischen LKW auf das Firmengelände des Klägers verbringen, damit diese dort umgeladen werden sollte. Unstreitig befanden sich versteckt in den Einwegpaletten aus Holz auch 1.488.680 Stück unverzollter und unversteuerter Zigaretten aus Litauen. Der Kläger leitete die Frachtbriefe zur Verzollung der Paletten an die Spedition K weiter und die Ladung wurde sodann auf dem Firmengelände des Klägers von dem litauischen LKW auf einen deutschen LKW der in B ansässigen Spedition F GmbH & Co. KG umgeladen. Der Kläger hatte schon zuvor Aufträge dieser Art von E erhalten, wobei nicht aufgeklärt werden konnte, ob hierbei auch unverzollte und unversteuerte Zigaretten zugeladen worden waren. Der Kläger erhielt für seinen Auftrag von E 1.000 DM. Noch am 30. Oktober 2001 wurden der zuvor auf dem Firmengelände des Klägers umgeladene LKW durch Beamte der Mobilen Kontrollgruppe des Hauptzollamtes (HZA) auf der BAB 40 aufgegriffen und die Zigaretten auf der Ladefläche festgestellt.
Die Zigaretten wurden beschlagnahmt und später eingezogen.
Der Kläger erklärte bei seiner Vernehmung vom 31. Oktober 2001 gegenüber Beamten des Zollfahndungsamts (ZFA) u. a.:
„Vor ca. einem Jahr, also im Herbst 2000, erschien der E, der mir bis zu diesem Zeitpunkt unbekannt war, in meiner Firma und erklärte mir, er könne günstig Schnittholz und Kanthölzer aus Litauen besorgen. Zunächst erkundigte er sich nach den Preisen, die ich in Deutschland für entsprechende Hölzer zahlen würde, und machte mir dann an einem der nächsten Tage ein Angebot, das ca. 30 % unter dem Preis liegt, den ich in Deutschland dafür zahlen würde. Zudem sollte das Holz bereits nach meinen Wünschen zugeschnitten sein.…Ich gab dem E dann später gegenüber an, welches Holz und in welcher Größe ich benötige, und er sagte mir zu, sich um diese Bestellung zu kümmern. Ich habe dann auch tatsächlich zweimal Holz aus Litauen erhalten und zwar so, wie ich es bei E bestellt habe.…Nach diesen beiden Lieferungen, die für mich bestimmt waren, trat der E erneut an mich heran. Er erklärte mir, es träfen in Kürze weitere Holzlieferungen aus Litauen ein, und bat mich, diese zu lagern. In diesem Zusammenhang bot er mir pro Lieferung 1.000 DM an. Dafür sollte ich die Verzollung über die Spedition K veranlassen und meinen Namen bzw. den meiner Firma als Empfängeranschrift hergeben. Weiter sollte ich die LKW jeweils abladen und später auch wieder aufladen. Die durch die Verzollung und den Transport entstehenden Kosten sollte ich zusätzlich von ihm erstattet bekommen. Zu diesem Zeitpunkt war mir nicht zuletzt auf Grund der Gesamtumstände klar, dass unter diesen Lieferungen Zigaretten geschmuggelt werden sollten. Ich kann nicht erklären wieso, aber für mich war die Sache schon zu Beginn klar. Ich bin nicht doof. Ich lese Zeitung und weiß daher, dass unter Holz aus Litauen Zigaretten geschmuggelt werden. Tatsächlich Zigaretten gesehen habe ich zu keiner Zeit. Auf Befragen erkläre ich, dass ich mich gehütet habe, in einem unbemerkten Augenblick einen Blick auf das Holz zu werfen, um mich zu vergewissern. Ich wollte damit auch eigentlich nichts weiter zu tun haben. 1.000 DM sind gutes Geld. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.…H wusste, wann die litauischen LKW bei mir ankamen. Er sagte mir, dass einige Zeit später, am selben Tag, ein deutscher LKW kommt, um die Ladung zu übernehmen. Ich hatte dieser Spedition einen schriftlichen Auftrag erteilt, jedoch nur einmal, nämlich beim ersten Mal. Den Wortlaut des Auftrages zur Weiterleitung der Sendung erhielt ich zuvor von H. Er teilte mir den Namen der beauftrag...