Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsbescheid: Geschäftsführerin einer deutschen GmbH als bevollmächtigte Vertreterin im Sinne des DBA-Polen - Besteuerung der nach Freistellung bezogenen Vergütungen und Abfindungszahlungen nach DBA-Polen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Geschäftsführerin einer deutschen GmbH ist als bevollmächtigte Vertreterin im Sinne des Art. 16 Abs. 2 DBA-Polen anzusehen.
2. Die Besteuerung der nach der Freistellung bezogenen Vergütung richtet sich nach Art. 16 Abs. 2 DBA-Polen. Der erforderliche Zusammenhang nach Art. 16 DBA-Polen endet nicht mit dem Ende der gesellschaftsrechtlichen Stellung als Geschäftsführerin durch Freistellung oder Löschung im Handelsregister. Die Freistellung stellt lediglich eine interne Maßnahme dar, die die Stellung als Geschäftsführerin nicht beeinträchtigt.
3. Auch die Besteuerung der Abfindungszahlungen richtet sich nach Art. 16 Abs. 2 DBA-Polen.
Normenkette
AO § 191; EStG § 39b Abs. 6, §§ 42d, 49 Abs. 1 Nr. 4c; DBA Polen Art. 15
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Haftungsbescheid, mit dem sie für die für ihre ehemalige Geschäftsführerin, die Beigeladene, für den Zeitraum von Januar 2010 bis Dezember 2013 entstandene Lohnsteuer in Anspruch genommen wurde. Streitgegenständlich ist die Frage, ob das an die Geschäftsführerin gezahlte Gehalt sowie die Abfindung nach Art. 16 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 14.05.2003 (DBA-Polen) vollständig dem deutschen Besteuerungszugriff unterliegen.
Die Klägerin ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts A (HRB ...) eingetragene, im Jahr 2002 gegründete GmbH.
Durch Beschluss des Aufsichtsrats der Klägerin vom ... 2007 bestellte die Klägerin die Beigeladene mit Wirkung ab dem 12.11.2007 bis zum 31.12.2010 zum Mitglied der Geschäftsführung. Ebenfalls am ... 2007 schloss die Klägerin mit ihr einen Dienstvertrag für den Zeitraum vom 12.11.2007 bis 31.12.2010. Die Beigeladene wurde am ... 2007 als Geschäftsführerin der Klägerin in das Handelsregister eingetragen. Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der Klägerin war die Beigeladene gleichzeitig Geschäftsführerin der B.
Die Beigeladene verantwortete nach § 1 des Dienstvertrags vom ... 2007 die Geschäftsführung und Weiterentwicklung der Geschäftstätigkeit der Klägerin in Osteuropa. Diese Aufgaben erfüllte sie, wie vertraglich vorgesehen, von C und von einem Zweitbüro in A aus. Zugleich enthielt der Dienstvertrag vom ... 2007 Regelungen zur Erlaubnispflichtigkeit von Nebentätigkeiten (§ 3), der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (§ 5) und der Gewährung von Urlaub (§ 7). Die Klägerin war gegenüber der Beigeladenen weisungsbefugt. Als Vergütung wurde ein Festgehalt von ... € vereinbart (§ 4 Abs. 1). Darüber hinaus erhielt die Beigeladene eine variable Vergütung von bis zu ... € (§ 4 Abs. 2-4). Ihr stand des Weiteren ein Dienstwagen zur privaten Nutzung zur Verfügung (§ 10).
Der Dienstvertrag vom ... 2007 wurde durch den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom ... 2010 für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2015 verlängert. Danach stand der Beigeladenen ein Festgehalt von ... € (§ 4 Abs. 1) sowie eine Tantieme von bis zu ... € jährlich (§ 4 Abs. 2-3) zu. Darüber hinaus stand ihr weiterhin ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung (§ 10). Auch nach diesem Vertrag blieben Nebentätigkeiten erlaubnispflichtig, und ihr wurde Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub gewährt (§§ 3, 5, 7).
Im Juli 2013 wurde die Beigeladene von ihren Tätigkeiten freigestellt. Die Bestellung der Beigeladenen zur Geschäftsführerin wurde mit Wirkung zum 01.09.2013 widerrufen. Am ... 2013 wurde sie als Geschäftsführerin aus dem Handelsregister gelöscht. Die Klägerin schloss mit ihr am ... 2013 eine Aufhebungsvereinbarung, durch die der bestehende Anstellungsvertrag mit Ablauf des 31.10.2013 vorzeitig endete. Nach dieser Vereinbarung stand der Beigeladenen das Festgehalt von ... € jährlich (anteilig) bis einschließlich Oktober 2013 zu (§ 1 Nr. 2, Abs. 1). Weiterhin sollte die Beigeladene für das Jahr 2013 eine variable Vergütung in Höhe von ... € (§ 1 Nr. 2, Abs. 2) sowie einen Betrag von ... € zur Abgeltung bestehender Urlaubsansprüche (§ 1 Nr. 2, Abs. 3) erhalten. Die vorgenannten Beträge wurden noch im Jahr 2013 ausgezahlt. Zudem wurde die Zahlung einer Abfindung von insgesamt ... € vereinbart, die zeitlich gestaffelt ausgezahlt werden sollte (§ 2 Nr. 1). Danach war ein Teilbetrag von ... € im November 2013 zur Auszahlung fällig. Ein weiterer Teilbetrag von ... € sollte in monatlichen Raten von jeweils ... €, beginnend im November 2013 und endend im Dezember 2015, ausgezahlt werden. Der letzte Teilbetrag von ... € war unter näher bestimmten Bedingungen im Februar 2016 auszuzahlen. Im Jahr 2013 wurde aufgrund dieser Vereinbarung eine Abfindung in Höhe von insgesamt ... € ausgezahlt. Zudem war die Beigeladene nach der Aufhebungsvereinbaru...