Entscheidungsstichwort (Thema)
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
Leitsatz (amtlich)
Ein Entlastungsbetrag nach § 24b EStG ist Alleinerziehenden nicht zu gewähren, wenn diese eine Haushaltsgemeinschaft mit weiteren erwachsenen Kindern bilden, die in Abs. 2 Satz 1 nicht ausdrücklich als entlastungsunschädlich ausgenommen sind.
Die Begrenzung der Entlastungsunschädlichkeit auf Haushaltsgemeinschaften des Steuerpflichtigen nur mit bestimmten erwachsenen Kindern stellt keinen Verstoß gegen Artikel 6 Abs. 1 GG dar.
Ein genereller Ausschluss erwachsener Kinder aus der Gruppe der entlastungsschädlichen „anderen volljährigen Personen“ im Sinne des § 24b Abs. 2 Satz 1 EStG verstieße gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Normenkette
EStG § 24b; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Abzug eines Entlastungsbetrages für Alleinerziehende nach § 24b EStG.
Die - vor dem Streitjahr verwitwete - Klägerin (-Kl-) bewohnt ein in ihrem Eigentum stehendes Haus. Neben der Kl wohnen in dem gemeinsamen Haushalt ihr im Streitjahr 28 Jahre alter Sohn A und ihre am ...1978 geborene, mithin im Streitjahr 26 Jahre alte, Tochter M. Alle drei Personen waren im Streitjahr in dem Haus der Kl durchgehend mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Der Sohn erzielt nach Abschluss einer Berufsausbildung seit etwa 10 Jahren Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Nach Angaben der Kl erzielt er hieraus im Jahr Einkünfte von etwa 33.000 Euro. Sein monatliches Nettoeinkommen beziffert er der Kl gegenüber nach deren Angaben zwischen 1.100 Euro bis 1.400 Euro. Der Kl stehen für den Sohn im Streitjahr ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld - zwischen den Beteiligten unstreitig - nicht zu.
Der Sohn bewohnt im Haus der Kl ein Zimmer nebst Badezimmer im Dachgeschoss. Darüber hinaus nutzt er die Küche und andere familienbezogene Räume des Hauses. Er wäscht u.a. gelegentlich seine Wäsche selber, geht der Kl bei körperlich schwereren Verrichtungen zur Hand und kümmert sich um die Wartung des familiären Kraftfahrzeugs. Der Sohn zahlt der Kl aufgrund einer zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung einen feststehenden monatlichen Pauschalbetrag. Dieser entspricht nach einvernehmlicher, überschlägiger Berechnung der Kl und des Sohnes einem Drittel der entstehenden laufenden Kosten für die Haushaltsführung der drei Personen. Abgegolten hierdurch sind die Kosten für Strom, Heizung, Wasser sowie Nahrungsmittel.
Die Tochter befand sich im Streitjahr in Ausbildung (Studium). Der Kl wurde für die Tochter im Streitjahr durchgehend Kindergeld ausgezahlt.
Mit ihrer Einkommensteuererklärung 2004 - Anlage Kind - beantragte die Kl mit Blick auf die mit der Tochter gebildete Haushaltsgemeinschaft die Gewährung eines Entlastungsbetrages für Alleinerziehende. Der Beklagte (-Bekl-) gewährte einen solchen wegen des 28-jährigen, mit der Kl im selben Hause wohnenden Sohnes, in dem Einkommensteuerbescheid 2004 vom 04.05.2005 nicht. Hiergegen wandte sich die Kl mit beim Bekl am 06.06.2005 eingegangenem Einspruch. Sie trug vor, ihr Sohn wohne nur noch bei ihr, weil ihr durch den frühen Tod ihres Mannes unverhältnismäßig viel Wohnraum zur Verfügung stehe. Der Sohn sei der Tochter gegenüber nicht zum Unterhalt verpflichtet. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Die Einspruchsentscheidung wurde am 07.10.2005 zur Post gegeben. Mit der am 04.11.2005 erhobenen Klage verfolgt die Kl ihr Begehren weiter.
Die Kl trägt vor, § 24b EStG stehe insoweit nicht im Einklang mit Art. 6 GG, als die Vorschrift auch Haushaltsgemeinschaften mit volljährigen Kindern als schädlich normiere.
Gemäß Art. 6 Abs. 1 GG stünden Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Familie im Sinne des Art. 6 GG sei die Gemeinschaft der Eltern mit ihren Kindern; hierzu gehörten auch volljährige Kinder. Ein Eingriff in Art. 6 GG liege immer dann vor, wenn staatliche Maßnahmen (hier) die Familie schädigten, störten oder sonst beeinträchtigten. Durch die Einbeziehung von volljährigen Kindern, für die kein Anspruch auf Kinderfreibetrag bzw. Kindergeld bestehe, in den Anwendungsbereich schädlicher Haushaltsgemeinschaften werde im Hinblick auf die Versagung des Entlastungsbetrages faktisch die Entscheidungsfreiheit zur gemeinsamen Lebensführung der Alleinerziehenden mit ihren volljährigen Kindern betroffen. Um den Entlastungsbetrag nicht zu verlieren, müssten die Alleinerziehenden ihre volljährigen Kinder aus der Wohnung weisen. Dies sei weder mit Art. 6 GG noch mit Sinn und Zweck der Regelung in § 24b EStG in Einklang zu bringen. Für die betroffenen Alleinerziehenden stelle sich die Frage, ob sie sich für die finanzielle Hilfe in Form des Entlastungsbetrages und damit gegen die Gemeinschaft mit den volljährigen Kindern entschieden oder ob sie auf die in vielen Fällen dringend notwendige finanzielle Hilfe im Hinblick auf die Famili...