Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsaufspaltung bei Verpachtung freiberuflichen Mandantenstammes
Leitsatz (redaktionell)
1. Verpachtet ein Angehöriger eines freien Berufs seinen Mandantenstamm an eine verflochtene GmbH, so begründet dies eine Betriebsaufspaltung.
2. Die Einnahmen aus der Verpachtung des Mandantenstammes bleiben nicht etwa deshalb freiberufliche Einkünfte, weil dieser in der früheren freiberuflichen Steuerberaterkanzlei „aufgebaut” worden ist. Der „Mandantenstamm” als eigenständiges, vom „Praxiswert” zu sonderndes Wirtschaftsgut entsteht erst damit, dass er verkehrsfähig gemacht wird, d. h. mit seiner Definition, Benennung und Verwendung in einem Rechtsgeschäft, hier dem Pachtvertrag. Wird – wie im Streitfall – mittels Verpachtung des Mandantenstammes eine Betriebsaufspaltung begründet, so sind die Einkünfte aus dieser Nutzung der Einkunftsart der Betriebsaufspaltung zuzuordnen und damit als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Verpachtung eines Mandantenstammes Gegenstand einer Betriebsaufspaltung ist und daher die Pachtzinsen zum Gewerbeertrag gehören.
Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – ist zuständig für Ermittlung des Gewerbeertrages des Klägers und die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages (GewStMessB) für die Streitjahre 2004 bis 2007.
Der Kläger war bis zum Jahr 2004 freiberuflich als Steuerberater tätig. Mit Wirkung zum 1. oder 5. Mai 2004 veräußerte er das Anlagevermögen seiner Steuerkanzlei an die „A. GmbH Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft” (GmbH), deren Alleingesellschafter er war. Er wurde dort mit Arbeitsvertrag angestellter Alleingeschäftsführer. Dabei behielt er den Mandantenstamm zurück und verpachtete ihn an die GmbH. Nach den vertraglichen Beziehungen zur GmbH war der Kläger vom Wettbewerbsverbot befreit und auch berechtigt jederzeit einzelne Mandanten aus dem verpachteten Mandantenstamm herauszunehmen und als selbständiger Steuerberater zu betreuen.
In seinen Einkommensteuer – (ESt –)Erklärungen behandelte der Kläger die Pachteinnahmen als Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Das FA folgte dem zunächst und setzte die ESt für 2004 bis 2006 jeweils auf 0,–EUR fest. Eine Außenprüfung für diese Jahre kam im Jahr 2008 zu dem Ergebnis, dass wegen des verpachteten Mandantenstammes zwischen dem Kläger und der GmbH eine Betriebsaufspaltung bestehe und daher die eingenommenen Pachtzinsen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren seien. Das FA folgte dieser Ansicht mit ESt-Änderungsbescheiden vom 28. Mai 2009, die wiederum zu einer ESt-Festsetzung von jeweils 0,–EUR führten. In diesem Zusammenhang übertrug das FA diese Beurteilung auch auf das damals zur Veranlagung anstehende Jahr 2007 und setzte dort die Pachteinnahmen ebenfalls als Einkünfte aus Gewerbebetrieb an. Der ESt-Bescheid vom 28. Mai 2009 weist eine ESt von 0,–EUR aus.
Ebenfalls unter dem 28. Mai 2009 erließ es erstmals Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag (GewStMessB) und setzte bei dessen Ermittlung die Pachtzinsen als Einnahmen aus Gewerbebetrieb an. Daraus errechnete es folgende Gewerbeerträge gem. § 7 Gewerbesteuergesetz (GewStG):
- Jahr 2004: 26.500 EUR
- Jahr 2005: 38.148 EUR
- Jahr 2006: 45.450 EUR
- Jahr 2007: 31.875 EUR.
Die Einsprüche des Klägers sind in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 5. Januar 2010 ohne Erfolg geblieben. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf diese verwiesen (Bl. 66 der Rechtsbehelfsakte).
Seine Klage begründet der Kläger damit, dass der Mandantenstamm auch nach der Verpachtung und der dadurch begründeten Betriebsaufspaltung freiberufliches Vermögen bei ihm als Verpächter geblieben sei. Die von der GmbH erlösten Pachtzinsen seien daher zutreffend als freiberufliche Einkünfte erklärt worden. Wegen der Rechtsausführungen im Einzelnen wird auf die klagebegründenden Schriftsätze verwiesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2004 bis 2007 vom 28. Mai 2010 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2010 ersatzlos aufzuheben;
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Es bezieht sich im Wesentlichen auf die EE, auf die wegen der dortigen Rechtsausführungen im Einzelnen verwiesen wird.
Auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2010 wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist nicht begründet.
Das FA hat zu Recht die von der GmbH erhaltenen Pachtzinsen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb beurteilt, die den Gewerbeertrag erhöhen, und entsprechende GewStMessBe erlassen.
Der bei der Veräußerung des Anlagevermögens an die GmbH zurückbehaltene Mandantenstamm blieb ein eigenständiges Wirtschaftsgut (sogleich 1.). Dessen pachtweise Überlassung an...