rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Sonderausgabenabzug der aufgrund eines Vermächtnisses an einen nicht Erbberechtigten gezahlten wiederkehrenden Leistungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Wiederkehrende Leistungen, die ein mit einem Vermächtnis belasteter Erbe an die nicht erbberechtigte langjährige Lebensgefährtin des Erblassers entrichtet, sind nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als Sonderausgaben abzugsfähig (Ausführungen zum sog. Generationennachfolge-Verbund, Abgrenzung zur Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen).
2. Die Vermächtnisleistungen sind keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 12 Nr. 2, § 9 Abs. 1 S. 1, § 20
Nachgehend
Gründe
I.
Die Klägerin, eine natürliche Person, wurde von ihrem am 29. September 1961 verstorbenen Adoptivvater (dem Erblasser) mit Testament vom 29. Januar 1959 als Erbin eingesetzt. Weitere Erben zu gleichen Teilen waren die ebenfalls adoptierte Schwester der Klägerin und der Neffe des Erblassers. Der Klägerin flossen ausweislich einer Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 18. November 1993 im Streitjahr (1992) Einkünfte aus dem Nachlaß in Höhe von 87.582 DM zu (Einkünfte aus Kapitalvermögen).
Der Erblasser setzte in dem Testament vom 29. Januar 1959 ein Vermächtnis zugunsten seiner langjährigen Lebensgefährtin (der Vermächtnisnehmerin) aus. Das Vermächtnis besteht in einer Rente in Höhe des jeweiligen Gehalts eines Landgerichtsdirektors und ist von den Erben gemeinschaftlich zu leisten. Die von den Erben gezahlte Rente betrug im Streitjahr 98.057 DM. Die Klägerin leistete hiervon ein Drittel, nämlich 32.686 DM. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte sie den Ertragsanteil von 50 v. H. dieser Zahlung, das sind 16.343 DM, als Sonderausgaben geltend.
Der Beklagte (das Finanzamt – FA–) erkannte die Rentenzahlungen nicht als Sonderausgaben an. Zur Begründung führte es aus, wiederkehrende Leistungen, die der Erbe aufgrund eines Vermächtnisses an einen Dritten zu zahlen habe, seien mit dem Wert des empfangenen Vermögens zu verrechnen. Mangels wirtschaftlicher Belastung seien sie nicht als Sonderausgaben abziehbar. Die Sachbehandlung in den Vorjahren sei unrichtig gewesen. Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.
Mit ihrer am 17. November 1994 bei Gericht eingegangenen Klage trägt die Klägerin vor, der von der Rechtsprechung geprägte Begriff der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen sei zu eng gefaßt. Ihre steuerliche Leistungsfähigkeit sei durch die Rentenzahlungen an die Vermächtnisnehmerin ebenso gemindert wie für den Fall, daß der Erblasser mit der Vermächtnisnehmerin die Ehe geschlossen hätte. Es stelle keinen Unterschied dar, ob die Versorgungsleistung an den überlebenden Ehegatten fließe oder an den überlebenden nichtehelichen Lebenspartner. Nichteheliche und eheliche Lebensgemeinschaften würden, insbesondere im Zivilrecht, zunehmend gleich behandelt. Da die Finanzbehörden die Rentenzahlungen bei der Vermächtnisnehmerin besteuerten, dagegen den Abzug der Zahlungen bei der Klägerin verweigerten, werde der Fiskus begünstigt. Das Korrespondenzprinzip sei nicht gewahrt. Eine ungleiche Behandlung liege auch darin, daß die für die Miterben zuständigen Finanzbehörden den Abzug der Zahlungen als Sonderausgaben zuließen.
Die Klägerin beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 1992 vom 3. Januar 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 1994 dahin zu ändern, daß bei der Festsetzung der Einkommensteuer 1992 die von der Klägerin an die Vermächtnisnehmerin gezahlte Versorgungsrente von 32.686 DM in Höhe des Ertragsanteils von 50 v. H. als Sonderausgaben berücksichtigt wird; hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Zur Begründung führt es aus, die Behandlung der Rentenzahlungen bei der Klägerin müsse nicht mit der Behandlung bei der Vermächtnisnehmerin korrespondieren. Aufwendungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a setzten stets eine wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen voraus. Diese fehle, wenn der Steuerpflichtige die Aufwendungen aus einer hierfür empfangenen Gegenleistung erbringen könne. Eine Ausnahme vom Grundsatz der Wertverrechnung sei im Streitfall nicht zu machen. Die Vermächtnisnehmerin stehe außerhalb des sog. Generationen-Nachfolgeverbundes. Die Leistungen der Klägerin an sie könnten daher nicht Versorgungsleistungen gleichgestellt werden, die als Sonderausgaben abzugsfähig wären, wenn sie im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gezahlt würden.
Mit Beschluß vom 21. März 2000 wurde die Vermächtnisnehmerin zum Verfahren gemäß § 60 Abs. 1 beigeladen. Sie hat dem Gericht mit Schreiben vom 5. April 2000 mitgeteilt, eine nichteheliche Lebensgemeinschaft oder ein gemeinsamer Haushalt mit dem Erblasser habe zu keinem Zeitpunkt bestanden.
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