Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstreckung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG auf andere Unternehmen; erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
Leitsatz (redaktionell)
1) Die vom BFH angenommene Erstreckung der Gewerbesteuerfreiheit des Betriebsunternehmens auf das Besitzunternehmen ist auf den Fall der Betriebsaufspaltung beschränkt.
2) Die Überlassung eines Grundstücks im Rahmen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung schließt die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG aus.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 S. 2, § 3 Nr. 20 Buchst. c
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob die von der Klägerin erzielten gewerblichen Erträge gem. § 3 Nr. 20 Buchstabe c Gewerbesteuergesetz (GewStG) von der Gewerbesteuer befreit sind oder ob zumindest eine Kürzung des Gewerbeertrags gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Betracht kommt.
Gesellschafter der Klägerin sind die Geschwister O 1 und O 2 sowie F und C mit einem Anteil in Höhe von jeweils 1/4. Die Gesellschafter sind Gesamthandseigentümer des Grundbesitzes G-Straße in H, auf dem eine Seniorenresidenz betrieben wird. Die Klägerin verpachtet den Grundbesitz seit Oktober 1997 für eine jährliche Pacht in Höhe von 700.000 DM an die O 3 GmbH & Co. KG. Kommanditisten sind neben den Eltern O 4 und O 5 die Gesellschafter der Klägerin O 1 und O 2 sowie F, wobei alle Kommanditisten einen Anteil in Höhe von jeweils 20 % halten. Die O 3 GmbH & Co. KG verpachtete den ihr verpachteten Grundbesitz in den Streitjahren weiter an die Seniorenresidenz H GmbH & Co. KG, an der O 4 und O 5 mit einem Kommanditanteil von je 50 % beteiligt sind.
Die Seniorenresidenz H GmbH & Co. KG war Betreiberin des Alten- und Pflegeheims und erzielte insoweit von der Gewerbesteuer gem. § 3 Nr. 20 Buchstabe c GewStG befreite Erträge.
Die Klägerin reichte für die Streitjahre sowohl Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung als auch Gewerbesteuererklärungen ein. Die Einkünfte und Gewerbesteuermessbeträge sowie die Gewerbeverluste wurden vom Beklagten erklärungsgemäß festgestellt bzw. festgesetzt. Zu den Einzelheiten wird auf die Bescheide in den Steuerakten Bezug genommen.
Nach den Feststellungen des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung im Rahmen einer bei der O 3 GmbH & Co. KG durchgeführten Betriebsprüfung für die Streitjahre erzielte die Klägerin durch die Verpachtung des Grundbesitzes G-Straße an die O 3 GmbH & Co. KG gewerbliche Einkünfte im Rahmen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung.
Aufgrund dieser Informationen und der Absetzungsverfügung des Finanzamts für Groß-und Konzernbetriebsprüfung bezüglich der Klägerin vom 31.10.2007 hob der Beklagte die Vorbehalte der Nachprüfung u.a. für die bisher ergangenen Gewerbesteuermessbetragsbescheide und Feststellungen des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf. Die dagegen am 09.01.2008 erhobenen Einsprüche, die nicht weiter begründet wurden, wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 06.03.2008 unter Hinweis auf § 357 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) als unbegründet zurück.
Mit der am 07.04.2008 erhobenen Klage begehrt die Klägerin, die von ihr erzielten Erträge unter Anwendung von § 3 Nr. 20 Buchstabe c GewStG von der Gewerbesteuer freizustellen. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29.03.2006 (X R 59/00, BStBl. II 2006, 661) verweist die Klägerin darauf, der Zweck des § 3 Nr. 20 Buchstabe c GewStG bestehe unter anderem darin, im Gesundheitswesen in den dort genannten Bereichen Entlastungen zu schaffen und damit Investitionen zu fördern. Der BFH habe in dem genannten Urteil darauf hingewiesen, dass die mit § 3 Nr. 20 Buchstabe c GewStG verfolgten Zwecke in Fällen der Betriebsaufspaltung entgegen der Intention des Gesetzgebers nur unvollkommen erreicht würden, soweit die Befreiungstatbestände im Rahmen der Betriebsaufspaltung nicht auf das Besitzunternehmen erstreckt würden. Es käme dann zu unter Berücksichtigung von Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht haltbaren Benachteiligungen der Betriebsaufspaltung gegenüber anderen Unternehmensorganisationsformen. Zwar bestehe zwischen der Seniorenresidenz H GmbH & Co. KG und der O 3 GmbH & Co. KG keine Betriebsaufspaltung. Unter Berücksichtigung des Normzwecks des § 3 Nr. 20 Buchstabe c GewStG sei jedoch diese Konstellation nicht anders zu behandeln als eine Betriebsaufspaltung. Denn die Erträge aus der Verpachtung an die Seniorenresidenz H GmbH & Co. KG unterlägen bei der O 3 GmbH & Co. KG der Gewerbesteuer, obwohl die Seniorenresidenz H GmbH & Co. KG und die O 3 GmbH & Co. KG in der Summe die von § 3 Nr. 20 Buchstabe c GewStG begünstigte Tätigkeit verwirklichten.
Selbst wenn man eine Steuerbefreiung der Verpachtungserträge gem. § 3 Nr. 20 Buchstabe c GewStG nicht annehmen wolle, unterfielen die Verpachtungserträge jedenfalls aber der Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Der ursprüngliche Zweck der Vorschrift, kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtige Kapitalgesellschaften Ein...