Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltlichkeit eines Erwerbvorgangs bei vorweggenommener Erbfolge
Leitsatz (redaktionell)
Ein Hausgrundstück wird nicht entgeltlich erworben, wenn dieses zwar zu einem bestimmten Kaufpreis veräußert wird, auf den Kaufpreis jedoch die Kosten einer in den Vorjahren vom Erwerber durchgeführten Sanierungsmaßnahme und die Einräumung eines Altenteilrechts angerechnet werden, der Restkaufpreis in Raten gezahlt wird, bei deren Höhe feststeht, dass der Veräußerer aufgrund seines Lebensalters nicht annähernd in den Genuss des vollen Betrages kommen wird und die beim Tod des Veräußerers noch ausstehenden Raten dem Erwerber schenkweise zugewendet werden.
Normenkette
BGB § 951 i.V.m. § 812, § 812; EStG § 10e Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zu entscheiden ist, ob der Kläger (Kl.) ein Hausgrundstück entgeltlich erworben hat und er daher die Steuervergünstigungen nach § 10 e und § 34 f EStG erhält.
Der Kl. hatte ab dem Jahre 1975 für sein damals noch seinem Vater gehörendes Haus Bauaufwendungen bezahlt. Es handelte sich dabei um Renovierungs- und Sanierungsarbeiten sowie Aufwendungen für eine Garage. Die vom Kl. übernommenen Gesamtaufwendungen betragen mindestens 100.000 DM. Die letzte Rechnung datiert vom Juli 1991. Bei dem Grundstück handelt es sich um ein gemischt genutztes Grundstück. Der Kl. unterhält seit 1976 hier seinen Betrieb (Elektroinstallationsgeschäft). Die auf dem Grundstück befindliche Garage wird als Werkstatt genutzt und wurde bis zur Grundstücksübertragung als Bau auf fremden Grund und Boden bilanziell erfaßt. Die Gesamtwohnfläche beträgt 149 qm. Hiervon werden 49 qm vom Vater des Kl. bewohnt, während der Rest vom Kl. und seiner Familie bewohnt wird.
Mit notariellem Vertrag vom 30.12.1993 übertrug der am 2.6.1908 geborene Vater des Kl. das Grundstück auf den Kl. Für einige Räume des Wohnbereiches wurde für den Vater ein lebenslängliches Wohnrecht bestellt (49 qm). Außerdem übernahm der Kl. zwei Grundschulden in Höhe insgesamt 140.000 DM, die zur Sicherung betrieblicher Schulden des Kl. eingetragen worden waren. Nach § 3 des Übertragungsvertrages ist darüber hinaus ein Kaufpreis von 250.000 DM vereinbart. Zur Zahlung dieses Betrages wurde anschließend folgende Regelung getroffen:
„Der Kaufpreis wird wie folgt belegt:
- durch Investitionen des Käufers in das Haus (Sanierungsmaßnahmen) ca. 100.000,– DM
- Einräumung eines Altenteilrechtes zugunsten des Verkäufers (Jahreswert 5.500 DM mal 5) 27.500,– DM
- Zahlung des restlichen Kaufpreises in Höhe von 122.500,– DM”
Hinsichtlich der Zahlung des Restkaufpreises ist außerdem vereinbart, daß dieser in monatlichen Raten von 500 DM zu zahlen ist, beginnend mit dem 1.1.1994. Eine Verzinsung wurde ausgeschlossen. Sofern der. Restkaufpreis beim Tode des Vaters noch nicht vollständig bezahlt sein sollte, soll er dem Kl. schenkweise zugewendet werden unter Anrechnung auf seine Erb- und Pflichtteilsrechte. Die Geschwister des Kl. die ein Alter von ca. 40 – 60 Jahren haben, leben schon seit langer Zeit in eigenen, wirtschaftlich gesicherten Verhältnissen.
Der Beklagte (Bekl.) sah den Erwerb des Hauses als unentgeltlich an und lehnte eine Gewährung des Steuerabzugsbetrages nach § 10 e EStG und die davon abhängige Steuerermäßigung für Kinder nach § 34 f EStG ab. Mit Bescheiden vom 12.4. und 19.9.1996 wurde die Einkommensteuer (ESt) für die Jahre 1993 und 1994 anderweitig festgesetzt. Der hiergegen gerichtete Einspruch, mit dem noch außergewöhnliche Belastungen wegen Krankheitskosten geltend gemacht wurden, hatte teilweise Erfolg. Der Bekl. sah nunmehr die monatlichen Zahlungen von 500 DM, die für 1994 mit 5.500 DM nachgewiesen wurden, als Sonderausgaben (dauernde Last) an. Dementsprechend wurde die ESt für 1994 in der Einspruchsentscheidung vom 30.6.1997 niedriger festgesetzt. Im übrigen, also auch für das Jahr 1993, wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der daraufhin erhobenen Klage verfolgen die Kl. ihr Begehren hinsichtlich der Steuervergünstigung nach § 10 e EStG und des Baukindergeldes nach § 34 f EStG weiter. Sie tragen dazu im wesentlichen vor, der Erwerb des Grundstückes sei als entgeltlicher Erwerb anzusehen. Als Anschaffungskosten für das Grundstück müßten zunächst die vom Kl. getragenen Aufwendungen für Baumaßnahmen von 100.000 DM berücksichtigt werden. Es handele sich hierbei um Aufwendungen, die geleistet worden seien, um das Haus zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, wie es § 255 Abs. 1 Handelsgesetzbuch erfordere, der auch für Anschaffungskosten von Wohnungen gelte. Das vom Bundesfinanzhof (BFH) getroffene gegenteilige Urteil vom 19.12.1996 (X R 263/93, BFH/NV 1997, 270 = BStBl II 1998, 100) dürfe nicht angewendet werden, weil die dorfigen Ausführungen ebenfalls nicht dem § 255 Abs. 1 Handelsgesetzbuch entsprächen. Folge man dem nicht, müßten diese Aufwendungen aus Gründen des Vertrauensschutzes als...