Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Instandhaltungs- und (Kasko-)Versicherungsaufwendungen eines Mieters oder Pächters
Leitsatz (amtlich)
Der Begriff der Miet- und Pachtzinsen im Sinne von § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG ist wirtschaftlich auszulegen und umfasst daher nicht nur die laufenden Barzahlungen des Mieters oder Pächters an den Vermieter oder Verpächter, sondern auch die von ihm getragenen Instandhaltungskosten und Kosten einer Kaskoversicherung, sofern er abweichend von der jeweiligen zivilgesetzlichen Regelung eine vertragliche Verpflichtung zur Kostentragung übernommen hat.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. e
Tatbestand
Streitig ist, ob Instandhaltungs-, Versicherungs- und sonstige Aufwendungen, welche die Klägerin für eine angemietete Immobilie getragen hat, zu den nach § 8 Nr. 1 Buchst. e Gewerbesteuergesetz (GewStG) dem Gewerbeertrag teilweise hinzuzurechnenden Mietzinsen gehören.
Die Klägerin ist eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz in K. Sie betreibt ihr Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH. Im Streitjahr 2008 hatte sie ihre Praxisräumlichkeiten in K angemietet.
Der Anmietung lag ein zwischen der Klägerin und der Firma X Grundstücksgesellschaft mbH und Co. KG am 10. Dezember 1991 geschlossener Geschäftsraum-Mietvertrag über sämtliche Büroräume und Keller-Nebenräume im Gebäude K-Straße Hausnummer in K sowie die zugehörigen Stellplätze zu Grunde (§ 1 des Geschäftsraum-Mietvertrages). Gemäß § 4 Ziff. 3 des Geschäftsraum-Mietvertrages sollte der Mieter verschiedene Nebenabgaben bzw. Betriebsausgaben neben dem Mietzins bezahlen, nämlich: die Grundsteuer sowie die Kosten der Entwässerung, des Betriebes der zentralen Heizungsanlage, des Betriebes des maschinellen Personenaufzugs, der Straßenreinigung und Müllabfuhr, der Hausreinigung, der Gartenpflege und des Winterdienstes, der Beleuchtung, der Schornsteinreinigung, der Sach- und Haftpflichtversicherung, des Hauswartes sowie der Oberflächenentwässerung. Gemäß § 8 des Geschäftsraum-Mietvertrages oblag die Instandsetzung und Instandhaltung der vermieteten Räume einschließlich der mit vermieteten Anlagen und Einrichtungen dem Mieter (§ 8 Ziff. 1). Außerdem war der Mieter verpflichtet, die laufenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten (und nach Maßgabe der Anlage 1 zum Geschäftsraum-Mietvertrag) durchzuführen (§ 8 Ziff. 2). Die Instandhaltung des Gebäudes im Übrigen und der damit verbundenen technischen Einrichtungen und Anlagen sowie der Außenanlagen oblag grundsätzlich dem Vermieter. Abweichend hiervon konnten die Kosten für die Reinigung des Gebäudes und der Außenanlagen einschließlich der Glasscheiben sowie die Instandhaltung der Sammelheizungsanlage anteilsmäßig auf den Mieter umgelegt werden (§ 8 Ziff. 3). Gemäß § 10 des Geschäftsraum-Mietvertrages sollte der Mieter grundsätzlich für sämtliche Schäden, die von ihm, seinen Angehörigen, seinem Personal oder Besuchern oder sonstigen Personen, die im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb stehen, an dem Mietgegenstand und dem Eigentum des Vermieters verursacht werden, haften (§ 10 Ziff. 1). Er war verpflichtet, in angemessener Deckungshöhe Leitungswasser- und Stromschadenversicherung und Feuerversicherung für die Dauer des Vertragsverhältnisses auf seine Kosten abzuschließen (§ 10 Ziff. 2). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Geschäftsraum-Mietvertrag vom 10. Dezember 1991 verwiesen.
Mit Gewerbesteuererklärung für 2008 vom 2. Juli 2009 erklärte die Klägerin einen Gewerbeertrag in Höhe von 1.955.800,00 € sowie u.a. Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung fremder unbeweglicher Betriebsanlagegüter nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG in Höhe von 366.161,00 €. Wegen der Zusammensetzung dieses Betrages wird auf die eingereichte "Zusammenstellung Miet- und Pachtzinsen 2008" verwiesen. Das beklagte Finanzamt veranlagte im Gewerbesteuermessbescheid für 2008 vom 28. Juli 2009 zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Der Gewerbesteuermessbetrag wurde auf 71.270,00 € festgesetzt.
Zwischen dem 23. November 2009 und dem 25. März 2010 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 2004 bis 2008 statt. Im Prüfungsbericht vom 12. April 2010 vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Miet- und Pachtzinsen im Sinne von § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG für das Streitjahr 2008 um 38.416,00 € auf 404.577,00 € zu erhöhen seien. Bei dem Betrag von 38.416,00 € handelt es sich um die auf dem Sachkonto 4200 gebuchten Aufwendungen der Klägerin für "Gebäudeversicherung" in Höhe von 7.005,07 €, für "Grundsteuer, Abfall, Schmutzwasser, etc." in Höhe von 17.978,97 € und für den "Sicherheitsdienst" in Höhe von 3.432,60 € (vgl. Sachkonto 4200, Prüferhandakten, Bd. II a.E. sowie Klagebegründung vom 5. Dezember 2011, Seite 4, Bl. 11 d. PA) sowie einen Teil der auf dem Sachkonto 4260 gebuchten Aufwendungen für Instandsetzung und Instandhaltung in Höhe von 10.000,00 €. Auf das Sachkonto 4260 wird wegen der dort im Einzelnen verbuchten Beträge in Höhe...