Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung von Wertpapieren bei einer Bank, die diese anonym für Kunden nach Luxemburg transferiert
Leitsatz (amtlich)
Eine Zurechnung von Rechten oder Sachen nach § 159 AO setzt voraus, dass derjenige, dem Rechte oder Sachen zugerechnet werden sollen, die Rechte in eigenem Namen hält oder die Sachen selbst besitzt. Daran fehlt es, wenn eine Bank Wertpapiere für ihre Kunden in Empfang nimmt, um diese alsbald in einer Weise, bei der der Kunde nicht mehr identifiziert werden kann, zur Anlage für den Kunden nach Luxemburg weiter transferiert und der Kunde sodann ohne Einschaltung der Bank Zugriff auf seine Wertpapiere hat.
Normenkette
AO § 159
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Zurechnung gemäß § 159 AO.
Bei der Klägerin, einer Sparkasse, hatte für die Jahre 1992 bis 1997 eine Steuerfahndungsprüfung stattgefunden. Dabei wurden nach den Feststellungen der Prüfer folgende Sachverhalte aufgedeckt:
Auf Verlangen von Kunden, deren Geld ins Ausland zu verbringen, hatte die Klägerin im streitigen Zeitraum durch telefonische Vermittlung eines ihrer Mitarbeiter bei der Luxemburger Filiale der Landesbank Rheinland-Pfalz International (LRI) ein Konto eröffnet. In der Mehrzahl der Fälle wurden sodann beim Kunden bereits vorhandene Wertpapiere (Inhaberschuldverschreibungen) in Empfang genommen. Soweit dies durch Zweigstellen der Klägerin geschah, wurden die Papiere zur weiteren Bearbeitung der Hauptstelle zugeleitet. Dort wurde die Übersendung "an die Landesbank in Luxemburg" zunächst durch Telefax vorangekündigt. Danach wurden begleitende Übersendungspapiere erstellt, in die nur die luxemburgische Kontonummer eingetragen wurde; eine Namensangabe des Kunden unterblieb. An der Stelle in dem verwendeten Vordruck, an der üblicherweise der Name des Kunden steht, wurde regelmäßig "eingeliefert durch Boten der Landesbank Luxemburg über Kreis- und Stadtsparkasse ..." eingefügt. In das Feld "Kundendepot" wurde die Nummer eines Sammelkontos bei der Landesbank Mainz eingetragen. Die Wertpapiere wurden dann der Landesbank in Mainz übersendet. Von dort aus wurden sie in Sammelverwahrung beim Kassenverein in Frankfurt eingelagert. Durchschriften der den Kunden erteilten Quittungen - eine Kopie einer solchen Quittung war bei einer Kundin aufgefunden worden - wurden nicht aufbewahrt; in die Buchhaltung der Klägerin sind diese Geschäftsvorfälle nicht eingegangen. Diese Methode der Anonymisierung war von der Klägerin ausschließlich bei Wertpapierübertragungen auf die Luxemburger Depots angewendet worden; bei Einlieferungen von Wertpapieren auf inländische Depots erschienen auf den entsprechenden Belegen stets die Namen und Anschriften der Kunden im Klartext. Dabei wurde der gleiche Vordruck verwendet.
An Kunden, die den Wunsch geäußert hatten, ihre Guthaben nach Luxemburg zu übertragen, verkaufte die Klägerin speziell zu diesem Zweck Wertpapiere. Diese Verkäufe wurden als Tafelgeschäfte (Hingabe von Bargeld gegen Übergabe des Wertpapiers) abgewickelt. Abbuchungen von Konten der Kunden wurden belegmäßig als Barabhebung dargestellt und verbucht. Die Gegenbuchung für den Wertpapiererwerb erfolgte getrennt davon als Bareinzahlung.
Bei Kunden, die keine Wertpapiere kaufen, sondern ihre Guthaben einfach nur überweisen wollten, erfolgte zunächst ebenfalls eine Barabhebung und davon getrennt eine Bareinzahlung. Erst danach wurde der Geldbetrag anonym und ohne Belege über so genannte EZÜ-Listen an die LRI überwiesen.
Die Zahlung von Gebühren an die LRI erfolgte ebenfalls stets anonym unter Angabe einer Referenznummer. Soweit Kunden die Gebühren von ihren Konten unbar bezahlten, erfolgte in diesen Fällen jeweils eine Barabhebung und eine Bareinzahlung ohne namentliche Bezeichnung des Einzahlers.
Der Geldrückfluss aus Luxemburg an die Kunden erfolgte in einer Vielzahl von Fällen durch Übersendung von Schecks an die Kunden. Diese lösten die Schecks dann bei der Klägerin ein. Zur Abwicklung der Scheckeinreichungen nutzten die Mitarbeiter der Klägerin zwei bankinterne CpD-Konten. Eröffnungsbelege zu diesen Konten existieren nicht. Auf den Belegen zu den Scheckeinreichungen war als Einreicher der Name eines Mitarbeiters der Klägerin vermerkt. Der Geldfluss an die Kunden ist jeweils als Barauszahlung dargestellt worden. Die Gutschrift auf dem Konto des Kunden wurde als getrennte Bareinzahlung verbucht, soweit nicht tatsächlich eine Barauszahlung stattgefunden hatte.
Die Fahndungsprüfer konnten im Rahmen der Steuerfahndungsprüfung aufgrund der vorgefundenen Unterlagen nicht sämtliche Kapitalgeber ermitteln. Die Klägerin wurde deshalb gemäß § 159 AO aufgefordert, die Namen der nicht ermittelbaren Kapitalgeber, für die Kapitaltransfers nach Luxemburg abgewickelt wurden, zu benennen. Die Klägerin erklärte, dazu aus tatsächlichen Gründen nicht in der Lage zu sein. Die Fahndungsprüfer gingen in ihrem Prüfungsbericht vom 10.08.2001 von folgenden Hinzurechnung...