A. Rechtliche Bedeutung der Anzeige

 

Rz. 1

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

In bestimmten Fällen sind Stpfl, im Lohnsteuerverfahren vor allem ArbG und ArbN, gesetzlich verpflichtet, dem FA bestimmte, für die Besteuerung oder die Gewährung staatlicher Vergünstigungen bedeutsame Sachverhalte anzuzeigen. Eine förmliche ‚Anzeige’ iSv § 170 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AO bewirkt eine Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist (> Verjährung Rz 5 ff, 15 ff [16]). Das unterscheidet sie von > Mitwirkungspflichten und der Pflicht zur > Mitteilung an das Finanzamt.

B. Anzeigepflichten im Lohnsteuerverfahren

I. Anzeigepflichten des Arbeitnehmers

 

Rz. 2

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Erkennt ein ArbN nachträglich, dass eine von ihm oder für ihn gegenüber dem FA abgegebene Erklärung (zB die > Steuererklärung) unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist, ist er verpflichtet, dies dem FA unverzüglich anzuzeigen und das Erklärte richtig zu stellen (§ 153 Abs 1 AO). Diese Anzeigepflicht trifft auch den Gesamtrechtsnachfolger eines Stpfl. Dieser muss tätig werden, wenn er erkennt, das Erklärungen des Rechtsvorgängers unrichtig waren. Das gilt auch dann, wenn die Erklärung des Rechtsvorgängers wegen dessen Demenz unrichtig oder unvollständig war (BFH 260, 1 = BStBl 2018 II, 223). Die Unrichtigkeit wird aber nicht nachträglich erkannt, wenn sie bereits bei Abgabe der Erklärung bekannt war. Wird die Erklärung bereits von vornherein bewusst unrichtig oder unvollständig abgegeben, kommt Steuerhinterziehung in Betracht (§ 370 AO). Dann besteht keine Pflicht, sich selbst zu bezichtigen ("Nemo tenetur se ipsum accusare"); der Stpfl hat aber ggf die Möglichkeit zur befreienden Selbstanzeige (§ 371 AO). Zu Einzelheiten > Straf- und Bußgeldverfahren.

 

Rz. 3

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Eine Anzeigepflicht besteht ferner, wenn die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung, Steuerermäßigung oder sonstige Steuervergünstigung nachträglich ganz oder teilweise wegfallen (§ 153 Abs 2 AO).

 

Beispiel:

Nachdem der Stpfl bestandskräftig zur ESt veranlagt worden ist, ersetzt ihm die Krankenkasse aufgrund eines Rechtsstreits nachträglich und unerwartet einen Teil der als AgB geltend gemachten > Krankheitskosten. Da die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung wegen fehlender Belastung insoweit nicht mehr gegeben sind, muss der Stpfl dies dem FA anzeigen.

 

Rz. 4

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Die Anzeigepflicht nach § 153 Abs 2 AO gilt nicht für > Lohnsteuerabzugsmerkmale; dafür gibt es besondere Vorschriften: Das EStG verpflichtet den ArbN in bestimmten Fällen zur Mitteilung an das FA zwecks deren Änderung (vgl § 39 Abs 5; § 39e Abs 6 Satz 5 EStG). Zu Einzelheiten > Mitteilung an das Finanzamt Rz 4.

 

Rz. 5

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Neben den erwähnten Anzeigepflichten des ArbN gegenüber der FinVerw bestehen für ihn zudem gesetzliche Verpflichtungen, seinem ArbG gegenüber – teils ohne entsprechende Aufforderung – bestimmte Angaben zu machen, zB im Fall einer > Lohnzahlung durch Dritte Rz 9 ff (vgl § 38 Abs 4 Satz 3 EStG; auch > Rz 8).

 

Rz. 6,7

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Randziffern einstweilen frei.

II. Anzeigepflichten des Arbeitgebers

 

Rz. 8

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Der ArbG hat dem > Betriebsstätten-Finanzamt unverzüglich schriftlich anzuzeigen, dass der Barlohn eines ArbN zur Deckung der Steuerabzüge nicht ausreicht und der Fehlbetrag nicht aufgebracht werden kann (§ 38 Abs 4 Satz 2 EStG). Zeigt der ArbG einen solchen Sachverhalt dem FA nicht an, haftet er nach § 42d Abs 1 Nr 1 EStG für nicht einbehaltene LSt (BFH 200, 350 = BStBl 2002 II, 884; vgl Eisgruber, DStR 2003, 141).

Erhält ein ArbN im Zusammenhang mit seinem Dienstverhältnis Zuwendungen von Dritten, hat der ArbN dies seinem ArbG am Ende des jeweiligen Lohnzahlungszeitraums mitzuteilen. Macht der ArbN aber keine oder erkennbar unrichtige Angaben, besteht eine Anzeigeverpflichtung des ArbG gegenüber dem Betriebsstätten-FA (vgl § 38 Abs 4 Satz 3 EStG). Zu weiteren Hinweisen > Lohnzahlung durch Dritte Rz 9 ff.

 

Rz. 9

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Der ArbG hat dem Betriebsstätten-FA außerdem unverzüglich die Fälle anzuzeigen, in denen er bei rückwirkender Änderung von > Lohnsteuerabzugsmerkmale von seinem Recht auf Änderung des LSt-Abzugs keinen Gebrauch gemacht hat oder aus anderen Gründen die LSt nachträglich nicht einbehalten kann (§ 41c Abs 4 EStG). In diesem Fall wird der Anlauf der Festsetzungsfrist für die LSt gegenüber dem ArbN gemäß § 170 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AO gehemmt (BFH 238, 408 = BStBl 2013 II, 190). Eine Anzeigepflicht besteht ferner, wenn der ArbG erkennt, dass er bisher die LSt nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat, und zwar auch bei Gesetzesänderung mit > Rückwirkung. Zu weiteren Einzelheiten > R 41c.2 LStR.

 

Rz. 10, 11

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Randziffern einstweilen frei.

C. Sonstige Anzeigepflichten

 

Rz. 12

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Zu Anzeigepflichten von Kreditinstituten, eines Unternehmens oder des ArbG iRd > Vermögensbildung der Arbeitnehmer Rz 116 f vgl § 8 VermBDV (> Anh 5.2). Zu Anzeigepflichten bei Änderung der Verhältnisse, die für die Altersvorsorge-Zulage erheblich sind, vgl § 92a Abs 3, § 94 Abs 1 Satz 1, § 99 Abs 2...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Hartz, ABC-Führer Lohnsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?