1. Grundsätzlich: Glaubhaftmachung durch Indizien
Rz. 30
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Eine Überprüfung der tatsächlichen Benutzung durch das FA ist selbst bei Besichtigung des Zimmers problematisch. Zwar ist eine – auch unangemeldete – Besichtigung des Zimmers (zur Einnahme des Augenscheins nach § 98 AO) – uE indes nur in seltenen Ausnahmefällen – zulässig und die Berücksichtigung von Aufwendungen kann versagt werden, wenn die Besichtigung ohne hinreichende Begründung verweigert wird (EFG 1994, 182). Zu den Grenzen einer unangemeldeten Ortsbesichtigung vgl EFG 1993, 64 und BFH 276, 555 = BFH/NV 2022, 1266, dazu Hilbert, NWB 2022, 2945; vgl außerdem Bock, DStZ/A 1982, 234; Bruschke, DStZ/A 1985, 404. Diese Art der Ermittlung wird jedoch – allein schon mit Blick auf die grundrechtliche Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art 13 GG – auf absolute Ausnahmen beschränkt bleiben (müssen) (vgl auch BFH 144, 31 = BStBl 1985 II, 467; BFH 276, 555 aaO). Zur Befragung von Mitbewohnern einer WG vgl BFH/NV 2008, 219. Die Aussage von Freunden und Bekannten ist für sich allein aber keine geeignete Beweisführung (EFG 1991, 336).
Rz. 31
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
IdR wird anhand bestimmter Beweisanzeichen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls entschieden, ob ein Zimmer so gut wie ausschließlich beruflich benutzt wird (BFH 81, 45 = BStBl 1965 III, 16; BFH 139, 518 = BStBl 1984 II, 110). Zu solchen Indizien > Rz 32 ff. Die FinVerw verwendet dafür zum Teil Vordrucke mit standardisierten Fragen, was nicht rechtsmissbräuchlich ist (EFG 1999, 1003). Bleiben nach der Würdigung aller Kriterien noch berechtigte Zweifel an der so gut wie ausschließlichen beruflichen Nutzung des ‚Arbeitszimmers’, trägt der Stpfl die Feststellungslast (> Beweislast; vgl BFH 224, 444 = BStBl 2009 II, 598).
2. Größe, Beschaffenheit und Ausstattung des Arbeitszimmers
Rz. 32
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Als Beweisanzeichen für oder gegen eine so gut wie ausschließlich berufliche Nutzung eines Arbeitszimmers kommen die folgenden Kriterien in Betracht, die unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls zu gewichten sind. Dazu wird auf die tatsächlichen Verhältnisse abgestellt.
Rz. 33
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
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Größe der Wohnung: Es muss neben dem Arbeitszimmer genügend Raum für das der sozialen und wirtschaftlichen Stellung entsprechende Wohnbedürfnis des Stpfl und seiner Haushaltsangehörigen vorhanden sein (BFH 144, 31 = BStBl 1985 II, 467). Ist der verbleibende Wohnraum unangemessen, deutet dies auf eine private Mitbenutzung hin. Umgekehrt führt freilich ausreichender Wohnraum für sich allein noch nicht zur Anerkennung des häuslichen Arbeitszimmers, weil eine private Mitbenutzung auch in anderer Weise möglich ist. |
Ausreichender Privatbereich bleibt bei einem Arbeitszimmer von 27 qm in einer 6-Zimmer-Wohnung mit insgesamt 178 qm (EFG 1987, 242) oder bei einer Wohnung von 117 qm, wenn 99 qm privater Wohnraum verbleiben (EFG 1970, 219); ebenso wenn bei insgesamt 155 qm als privater Wohnraum 120 qm verbleiben (BFH 144, 31 aaO); ebenso wenn einem Ledigen in einer 65-qm-Wohnung 50 qm privat verbleiben (BFH 98, 462 = BStBl 1970 II, 458) oder in einer 2-Zimmer-Wohnung von 41,5 qm privat 29,5 qm verbleiben (BFH 149, 476 = BStBl 1987 II, 500).
In einer 3 1/2-Zimmerwohnung eines freiberuflichen Konzertdirigenten und > Komponisten wird keins der Zimmer als Arbeitszimmer anerkannt, weil sonst zu wenig Privatbereich bleibt (StRK § 4 EStG R 401). Wenn dem Stpfl nur ein Schlafzimmer (16,5 qm) und eine Küche (9,3 qm) neben dem Atelier verbleiben, ist die ausschließliche berufliche Nutzung eines weiteren Zimmers unwahrscheinlich (FG München vom 30.06.1999 – 9 K 4324/95, BeckRS 1999, 30861 790 = HaufeIndex 952 368). In einer von einem Ehepaar und zwei Kindern bewohnten Wohnung von 2 1/2 Zimmern auf 73 qm ist eine so gut wie ausschließliche berufliche Nutzung eines dieser Zimmer ebenfalls nicht glaubhaft (EFG 1991, 728).
Rz. 34
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
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Lage des Arbeitszimmers: Der häusliche Arbeitsplatz wird sich im Allgemeinen in der eigenen (Haupt-)Wohnung befinden. Aber auch ein Raum in einer Zweitwohnung kann häusliches Arbeitszimmer sein (BFH/NV 1987, 167) oder ein Raum in der Einliegerwohnung eines selbstgenutzten Zweifamilienhauses (EFG 2001, 1492) oder eine als Büro genutzte ETW, die unmittelbar an die als Privatwohnung genutzte ETW angrenzt (BFH 202, 114 = BStBl 2004 II, 74). Ein Arbeitszimmer ist jedenfalls dann ‚häuslich’, wenn es unmittelbar an die Familienwohnung angrenzt (vgl BFH/NV 2003, 985; 988; 989), auch wenn es ihr auf derselben Etage gegenüberliegt (BFH 202, 109 = BStBl 2004 II, 72); ebenso ein zu einer Mietwohnung gehörender Hobbyraum (BFH 202, 114 aaO), ebenso ein ausgebauter Dachgeschossraum mit zwei Stockwerke tiefer gelegener Wohnung (BFH/NV 2010, 1444), der Keller eines selbstbewohnten EFH (BFH 200, 336 = BStBl 2003 II, 139; BFH/NV 2014, 688) oder in einem Zweifamilienhaus (EFG 2016, 188), ein Blockhaus im Garten des EFH (EFG 1993, 712) oder ein Anbau mit direktem Zugang zur Wohnung (EFG 2007, 820). |
Rz. 34/1
Stand: EL 135 – ET: 08/20...