Rz. 50
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Der ATE ermächtigt das FA zu einer Nichtberücksichtigung bestimmter Besteuerungsgrundlagen aus Billigkeitsgründen iSd § 163 AO; diese ist nicht Teil der eigentlichen Steuerfestsetzung (> Billigkeit Rz 24 ff; Gosch, DStZ 1988, 136 [137] mwN); ggf kommt auch ein Erlass iSv § 227 AO in Betracht (> Billigkeit Rz 13ff). Das > Ermessen des FA ist gebunden: Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des ATE vor, ist der Steuererlass – höchstens für jeweils drei Jahre – zu gewähren (zur Ermessensreduzierung auf null vgl EFG 2001, 974). Einen Nachweis, dass im Ausland eine der ESt entsprechende Steuer erhoben worden ist, verlangte das FA bisher nach ATE 1983 nicht (> Rz 1). Grundsätzlich kann die > Freistellungsbescheinigung erteilt werden, solange eine > Änderung des Lohnsteuerabzugs durch den Arbeitgeber nach § 41c EStG möglich ist (vgl Abschn VI Nr 1 ATE).
Rz. 51
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Regelmäßig wird der nach dem ATE steuerfreie > Arbeitslohn bereits im Laufe des maßgebenden Kalenderjahres vom FA freigestellt (> Rz 45). Soweit dies unterblieben ist, kann der Arbeitnehmer die Anwendung des ATE im Rahmen seiner > Steuererklärung beantragen (vgl Abschn VI Nr 2 ATE); das > Wohnsitz-Finanzamt verbindet dann die Steuerfestsetzung mit der Entscheidung über den Steuererlass. Eine Frist für den Antrag auf Befreiung der ausländischen Einkünfte enthält der ATE nicht; er kann deshalb grundsätzlich bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung (> Verjährung) gestellt werden. Da es sich um ein eigenständiges Verfahren handelt (> Rz 50), schließt die Bestandskraft einer ESt-Festsetzung einen danach erstmals gestellten Antrag auf Erlass nicht aus, solange die Festsetzungsfrist nicht abgelaufen ist (> Verjährung von Steueransprüchen Rz 21 ff). EFG 2003, 897 (NZB erfolglos, BFH vom 17.02.2005 – IX B 178/03, nv) will den > Steuerbescheid gemäß § 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO (> Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten Rz 44 ff) ändern, wenn die sachlichen Voraussetzungen für den ATE erst später eintreten.
Rz. 52
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Die im > Ausland Rz 1 erzielten und dem ATE unterfallenden > Einkünfte werden idR nur unter > Progressionsvorbehalt steuerfrei gestellt. Das betrifft aber nur unbeschränkt steuerpflichtige ArbN einschließlich der auf Antrag nach § 1 Abs 3 EStG gleichbehandelten im Ausland ansässigen ArbN (> Unbeschränkte Steuerpflicht Rz 1 ff und 20 ff). Bei beschränkt steuerpflichtigen ArbN (> Rz 9) wird der Progressionsvorbehalt hier nicht angewendet (vgl Überschrift zu Abschn IV ATE).
Rz. 53
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Verfahrenstechnisch berücksichtigt das FA den Progressionsvorbehalt im Rahmen einer Veranlagung (§§ 25, 46 EStG). Sofern nicht schon andere Gründe (vgl § 46 Abs 2 Nr 2 bis 9 EStG; > Veranlagung von Arbeitnehmern) zu einer Veranlagung führen, wird nach § 46 Abs 2 Nr 1 EStG veranlagt, wenn die Summe der Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, mehr als 410 EUR beträgt. Das FA hat bei der Veranlagung in jedem Fall – auch wenn schon eine > Freistellungsbescheinigung erteilt worden ist – zu prüfen, ob der ArbN die Voraussetzungen des ATE erfüllt hat, denn nur dann ist der bedingte Steuererlass wirksam geworden. Die Freistellungsbescheinigung des > Betriebstätten-Finanzamt (> Rz 45) ist mithin kein > Grundlagenbescheid, der die Entscheidung des den ArbN veranlagenden FA (idR > Wohnsitz-Finanzamt) bindet (EFG 2001, 974; EFG 2011, 1162, NZB unzulässig, BFH/NV 2012, 253).
Das gilt im Ergebnis aber nur, solange der Steuererlass (> Rz 50) nicht wirksam geworden ist. Sind die Voraussetzungen für einen Erlass nicht eingetreten, werden die im > Ausland Rz 1 erzielten > Einkünfte in die Veranlagung einbezogen. Ergibt die Prüfung des Sachverhalts, dass die Bedingungen einer > Freistellungsbescheinigung erfüllt sind, ist der Steuererlass wirksam geworden mit der Folge, dass das FA auf die "freigestellten" ausländischen Einkünfte lediglich den Progressionsvorbehalt anwendet. Das Gleiche gilt, wenn eine Freistellung nicht bescheinigt worden ist und sie nun erstmals mit der > Steuererklärung beantragt wird (> Rz 51).
Rz. 54
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Der > Progressionsvorbehalt des Abschn IV ATE auf den vom Steuerabzug freigestellten ausländischen > Arbeitslohn (genauer: bestimmte ausländische > Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; > Ausländischer Arbeitslohn) führt bei unbeschränkt steuerpflichtigen ArbN zu einer höheren Steuerbelastung, wenn sich für die Summe aus diesen begünstigten ausländischen Einkünften und dem zu versteuernden Einkommen (> Einkommen Rz 2) eine höhere ESt ergibt als für das zu versteuernde Einkommen allein (> Lohnsteuertarif Rz 4 ff). Der Progressionsvorbehalt hat seine Rechtsgrundlage – wie der ATE selbst (> Rz 1) – in § 34c Abs 5 EStG; das FA bedient sich dabei der Rechtstechnik des § 32b EStG zur Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes.
Rz. 55
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Für den Progressionsvorbehalt werden die einzubeziehenden ausländischen Einkünft...