Rz. 47
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Die Pauschbeträge für > Menschen mit Behinderungen wurden mit dem EStRG 1974 (BStBl 1974 II, 530) in § 33b EStG aufgenommen und blieben seitdem der Höhe nach unverändert. Mit dem Gesetz zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen wurden sie ab 2021 verdoppelt (> Rz 41).
Eine Anpassung war von Vertretern der Betroffenen seit langem gefordert worden, zB als "längst fällige Anpassung" der Beträge an die Geldentwertung (vgl etwa Dziadkowski, BB Heft 22/2003, 1; FR 2001, 524; Schneider, Inf 1996, 460; BT-Drs 14/8313, 14/9322, 15/1454). Eine weitere Forderung zielte auf die Umwandlung der Pauschbeträge in direkte Zuschüsse (vgl BT-Drs 14/8313).
Rz. 48
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Die Höhe der nunmehr geltenden Pauschbeträge ist wohl (> Rz 49) verfassungsgemäß; denn der Stpfl mit Behinderungen kann anstelle des Ansatzes eines den Einzelnachweis vereinfachenden Pauschbetrags seine tatsächlich ohne Ersatz von dritter Seite entstehenden behinderungsbedingten Aufwendungen im Rahmen des § 33 EStG nachweisen und das FA so die im Einzelfall gegebene Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit berücksichtigen (BFH/NV 1998, 441). Verfassungsrechtlich ist es nach Sicht des BFH nicht geboten, die Pauschbeträge für > Menschen mit Behinderungen regelmäßig an den Anstieg der Lebenshaltungskosten anzupassen (BFH/NV 1999, 635; 2003, 1164). Eine Anpassung komme nur in Betracht, wenn die Aufwendungen, deren Abgeltung die Pauschale dient, bei der Mehrheit der Betroffenen nachweislich gestiegen sind und deshalb der Vereinfachungszweck nicht mehr erreicht wird. Eine Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschluss vom 17.01.2007 – 2 BvR 1059/03).
Rz. 49
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Stellungnahme: Der Gesetzgeber hat seit dem VZ 2008 die durch den Pauschbetrag abgegoltenen Kostenarten erheblich eingegrenzt (> Rz 50). Das trägt wohl der Erkenntnis Rechnung, dass viele der von den Aufwendungen Nichtbehinderter ohnehin nicht immer eindeutig abgrenzbaren, früher als behinderungsbedingten anerkannten Aufwendungen grundsätzlich durch den > Grundfreibetrag abgegolten sind, soweit sie nicht als > Krankheitskosten nach § 33 EStG als AgB oder durch weitere Sonderregelungen (> Rz 53 und > Menschen mit Behinderungen Rz 38 ff) besonders berücksichtigt werden. In der Praxis hat vor dem VZ 2008 nur eine Minderheit von Menschen mit Behinderungen unter Verzicht auf den Pauschbetrag die tatsächlichen Aufwendungen geltend gemacht. Dieser Aspekt sollte nicht vernachlässigt werden, ist doch auch eine administrative Entlastung gerade der Betroffenen eine zwar eher geringe, gleichwohl uE aber gebotene Hilfe.
Es gibt indes keine Erkenntnisse über die Höhe der zusätzlichen behinderungsbedingten Aufwendungen, die bei einem bestimmten GdB entstehen und einer Typisierung zugrunde liegen könnten, denn uW hat es dazu nie konkrete Erhebungen gegeben (vgl auch BT-Drs 14/3727 und BFH/NV 1998, 1072). Das EStRG 1974 hat die bereits lange vor 1975 früher in der LStDV enthaltenen Pauschbeträge unter Erhöhung um 40 bis 50 % in das EStG übernommen und das StEuGlG sie ab dem VZ 2002 aufgerundet in Euro-Werte überführt. Mit dem Gesetz zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen vom 09.12.2020 (BGBl 2020 I, 2770 = BStBl 2020 I, 1355) wurden die Pauschbeträge zur Vereinfachung des steuerlichen Massenverfahrens (BT-Drs 19/21985, 15) verdoppelt (> Rz 41 f); eine Analyse der tatsächlichen Kosten ist auch diesmal nicht vorangegangen. Ergänzend zudem Kanzler, FR 2020, 808 [813].
Es ist wohl schon grundsätzlich fraglich, ob die abgegoltenen Aufwendungen für eine > Typisierende Betrachtungsweise überhaupt geeignet sind. Weil es keine auf konkreten Erfahrungswerten beruhenden Vergleichswerte gibt, ist der Gedanke einer – ggf gar laufenden – Anpassung an die aktuelle Kostenentwicklung uE wohl nicht schlagend. Zu bedenken ist außerdem, dass das seit Einführung der Pauschbeträge ständig fortentwickelte Sozialrecht vor allem Schwerbehinderten Anspruch auf Ersatz behinderungsspezifischer Aufwendungen gibt und im Steuerrecht weitere Steuervorteile (> Menschen mit Behinderungen Rz 38 ff) bestehen. Es sind keine Untersuchungen bekannt über das Ausmaß der Bedarfsdeckung durch Sozialleistungen einerseits und Steuerermäßigungen andererseits.
UE hatten die Pauschbeträge ursprünglich – wenn auch als Vereinfachungsmaßnahme begründet – ihre wahre Grundlage im Gedanken eines steuerlichen Nachteilsausgleichs besonders für die vielen nach dem 2. Weltkrieg wieder in das Wirtschaftsleben einzugliedernden Kriegsversehrten (vgl zur historischen Entwicklung auch BT-Drs 19/21985, 17). Überdies enthielt bereits die mit dem JStG 2008 vorgenommene Eingrenzung der mit dem Pauschbetrag abzugeltenden Kostengruppen (> Rz 50) im Ergebnis eine nicht unerhebliche, wenn auch schwer bezifferbare Anhebung; ergänzt wurde diese dann zum VZ 2021 durch die vorstehend erwä...