Rz.
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Auf einen Blick: Wenn der entscheidungserhebliche Sachverhalt nicht aufgeklärt werden kann, hängt die Entscheidung davon ab, wer das Risiko des fehlenden Nachweises trägt. Das ist grundsätzlich derjenige, der einen Anspruch geltend macht. |
Rz. 1
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Das Finanzamt ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen (§ 88 Abs 1 Satz 1 AO; > Ermittlungspflicht des Finanzamts). Gelingt es nicht, den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären, ist als weiterer Schritt das Beweismaß unter Berücksichtigung der Mitwirkungspflichten auf die "größtmögliche Wahrscheinlichkeit" zu reduzieren (BFH 233, 297 = BStBl 2011 II, 884). Erst danach sind die Regelungen zur Feststellungslast anzuwenden. Beweislast ist ein Begriff aus dem gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren; im Verwaltungsverfahren ist der Begriff Feststellungslast gebräuchlich.
Das Finanzamt trägt idR die objektive Beweislast (Feststellungslast) für Tatsachen, die den Steueranspruch begründen (zB Eigenschaft als > Arbeitnehmer, > Zufluss von Arbeitslohn; BFH 101, 156 = BStBl 1971 II, 220; vgl auch BVerfG 69, 188 vom 12.03.1985 – 1 BvR 571/81, 1 BvR 494/82, 1 BvR 47/83, BStBl 1985 II, 475); fehlende Aufklärbarkeit kann nicht dem Stpfl angelastet werden (BFH 119, 164 = BStBl 1976 II, 562). Zur Beweislast beim Zugang eines Steuerbescheids oder von anderen Steuerverwaltungsakten > Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten Rz 4. Auch die Voraussetzungen für eine Steuerhinterziehung muss das FA nachweisen, wobei die nicht erklärten > Einkünfte maßgeblich sind (EFG 1998, 1039). Will das FA einen bestandskräftigen Steuerbescheid nach § 173 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO ändern, trägt es die Beweislast für die die Änderung begründenden Tatsachen (BFH/NV 2002, 1009 = HFR 2002, 767).
Rz. 2
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Der Steuerpflichtige trägt die objektive Beweislast für diejenigen Tatsachen, die eine Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung begründen oder den Steueranspruch aufheben oder einschränken (zB für das Entstehen von > Werbungskosten, BFH 119, 164 = BStBl 1976 II, 562; beim > Arbeitszimmer Rz 31; bei der Steuerfreiheit von Reisekosten, BFH/NV 1996, 888; 2002, 36; > Reisekosten Rz 38). Zur Beweislast des ArbG bei der > Haftung für Lohnsteuer vgl BFH 167, 359 = BStBl 1992 II, 696.
Rz. 3
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Ausnahmsweise kann die objektive Beweislast dem anderen Beteiligten auferlegt werden, wenn diesem die Beweisführung und Klärung des Sachverhalts eher möglich und eher zumutbar ist (BFH 138, 527 = BStBl 1983 II, 760 mwN; sehr grundsätzlich auch BFH 156, 38 = BStBl 1989 II, 462). So liegt die Beweislast bei dem GmbH-Geschäftsführer, wenn ihn das FA in Höhe der angemeldeten LSt in Haftung nimmt, er aber behauptet, die LSt-Anmeldungen seien unrichtig (BFH/NV 1989, 7). Zu einer weiteren Umkehr der Beweislast > Steuerumgehung.
Rz. 4
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten muss der Stpfl nach § 90 Abs 2 AO sowie §§ 16, 17 AStG (> Außensteuergesetz) Beweismittel beschaffen und Beweisvorsorge treffen, zB bei der Unterstützung bedürftiger Angehöriger im > Ausland Rz 1 mit > Unterhaltsleistungen Rz 131.
Rz. 5
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Zur Beweislast bei der Ermittlung des > Arbeitslohns, zB bei nicht ständiger Beschäftigung, > Veranlagung von Arbeitnehmern Rz 123. Weitere Einzelheiten zur Feststellungslast werden bei den in Betracht kommenden Stichworten behandelt. Ergänzend > Ermittlungspflicht des Finanzamts, > Glaubhaftmachung, > Mitwirkungspflichten, > Schätzung.