Rz. 124
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Aus Art 15 OECD-MA ergeben sich folgende Grundregeln:
- Stimmen Tätigkeitsstaat und Ansässigkeitsstaat überein, ergibt sich ein uneingeschränktes Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitslohn aus Quellen innerhalb eines anderen Staats bezogen wird, in dem die Arbeit verwertet wird oder wo der Arbeitslohn gezahlt wird (vgl auch > Rz 131).
- Wird die Tätigkeit nicht im Ansässigkeitsstaat des ArbN, sondern in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt, kann – vorbehaltlich der 183-Tage-Klausel (> Rz 135 ff) – grundsätzlich der Tätigkeitsstaat besteuern (sog Arbeits-, Ausübungs- oder Tätigkeitsortprinzip).
- Besteuert der Tätigkeitsstaat nicht, zB weil nach dessen nationalem Steuerrecht nicht besteuert wird (> Rz 46), fällt das Besteuerungsrecht nicht an den Ansässigkeitsstaat zurück, wenn nichts anderes vereinbart ist (zu Ausnahmen > Rz 60 ff und > Rz 325 ff).
- Wird die nichtselbständige Arbeit weder im Ansässigkeits- noch in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt, sondern ist ein Drittstaat der Tätigkeitsstaat, hat – im Verhältnis zu dem anderen Vertragsstaat – der Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht (> Rz 115; vgl zB auch > Schweiz Rz 31).
Rz. 125
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Art 15 OECD-MA betrifft Vergütungen aus einem gegenwärtigen (aktiven) Dienstverhältnis zu einem privaten ArbG; er gilt grundsätzlich auch für privatrechtliche Organisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die ihre Mittel aus öffentlichen Kassen erhalten (zu Besonderheiten > Rz 192) sowie für gewerbliche Betriebe der öffentlichen Hand (vgl Art 19 Abs 3 OECD-MA). Zur Aufteilung des Arbeitslohns > Rz 260 ff.
Ausnahmen bestehen für:
Rz. 126
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Für die Abgrenzung der in Art 15 OECD-MA behandelten von den in anderen Artikeln behandelten Einkünften ist der (Rechts-)Grund der Zahlung maßgebend. Deshalb werden zB Einmalzahlungen mit Versorgungscharakter, mit denen Ansprüche auf eine Betriebspension bei Beendigung des Dienstverhältnisses in einem Einmalbetrag kapitalisiert werden, als "Ruhegehalt" iSv Art 18 OECA-MA (> Rz 239 ff) behandelt (BFH 117, 149 = BStBl 1976 II, 65).
Rz. 127
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Zur näheren Bestimmung des Tätigkeitsstaats: Der Ort der Arbeitsausübung befindet sich grundsätzlich dort, wo sich der ArbN zur Ausführung seiner Berufsarbeit persönlich (körperlich) aufhält (BFH 71, 514 = BStBl 1960 III, 441). Das Abstellung auf den physischen Aufenthalt gilt auch, wenn ein DBA – abweichend vom OECD-MA – die Formulierung enthält "in dem die persönliche Tätigkeit, aus der die Einkünfte herrühren, ausgeübt wird". Der Relativsatz "aus dem die Einkünfte herrühren" hat für die Bestimmung des Tätigkeitsstaates keine Bedeutung (vgl BFH/NV 2019, 1067 = HFR 2019, 940). Besteht die Arbeitsleistung lediglich in einem ‚Sich-zur-Verfügung-Halten’, ohne dass es zu einer eigentlichen Tätigkeit kommt (zB Bereitschaftsdienst, Zeiten der Arbeitsfreistellung im Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses), so wird die Berufsarbeit idR dort geleistet, wo sich der ArbN während dieser Zeit tatsächlich aufhält (BFH 100, 194 = BStBl 1970 II, 867; FG HE vom 15.12.2021 – 9 K 133/21, EFG 2022, 566 = HaufeIndex 15 111 192 – Rev, BFH I R 1/22; BMF vom 03.05.2018, Rz 315, BStBl 2018 I, 643, > Anh 2 Doppelbesteuerung/Behandlung von Arbeitslohn). Antrittsgelder (sog Signing bonus), die ein ArbN für den Abschluss des Arbeitsvertrages erhält, werden für die künftige Tätigkeit vorab gewährt. Das Besteuerungsrecht steht deshalb grundsätzlich dem Tätigkeitsstaat zu (vgl BFH 261, 27 = BStBl 2018 II, 761; dazu Kahlenberg, IWB 2018, 824; Hilbert, BB 2018, 2727; BMF vom 03.05.2018, Rz 217, aaO; vgl auch > Rz 278). Im Falle einer Freistellung von der Arbeit wird der ArbN jedoch nicht mehr tätig, sodass das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat zusteht. Ergänzend sowie jeweils mwN zu Fällen des Unterlassens > Inländische Einkünfte Rz 3 und > Wettbewerbsverbot.
Rz. 128
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Vergütungen eines ArbN, der sich in der Freistellungsphase der > Altersteilzeit nach dem Blockmodell befindet, sind nachträglich gezahlter > Arbeitslohn für die in der Arbeitsphase ausgeübte Tätigkeit. Das Besteuerungsrecht für diese Vergütungen steht den Vertragsstaaten in dem Umfang zu, wie für den Arbeitslohn in der Zeit, in der die Vergütung erdient wurde (vgl BFH 232, 436 =...