Rz. 1
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Seit dem VZ 2004 können alleinstehende Stpfl (> Rz 9 ff) einen Entlastungsbetrag – iHv mittlerweile mindestens 4 260 EUR im Kalenderjahr (> Rz 16 ff) – von der Summe der Einkünfte (> Rz 20) abziehen, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs 6 EStG oder > Kindergeld zusteht (> Rz 5) und das eindeutig identifiziert werden kann (> Rz 8/2). Dieser Pauschbetrag soll die besonderen Mehraufwendungen steuerlich ausgleichen, die nicht in anderer Weise über das > Existenzminimum abgegolten werden (> Rz 3).
Rz. 2
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Der Begriff "alleinerziehend" meint Mütter oder Väter, die ihrem Kind Nahrung, Kleidung und Wohnung geben und sich um seine Erziehung bemühen, ohne dass der andere Elternteil sich persönlich daran beteiligt. Eine weitere Person darf grundsätzlich nicht zur Haushaltsgemeinschaft gehören, es sei denn, sie trägt wirtschaftlich nicht zum Haushalt bei (§ 24b Abs 3 EStG). An diesem Status ändert ein gelegentlich ausgeübtes Umgangsrecht mit dem anderen Elternteil und dessen Unterhaltsleistungen nichts. Ebenso nicht, dass der andere Elternteil nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist, weil er im Ausland lebt (> Rz 7/1).
Rz. 2/1
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Die Überschrift des § 24b EStG "Entlastungsbetrag für Alleinerziehende" ist irreführend. Der Gesetzgeber hat in diesem Begriff zwei Tatbestandsmerkmale zusammengefasst, nämlich einerseits, dass der Stpfl "allein" iSv alleinstehend ist und andererseits, dass er "erziehend" tätig ist, dh zu seinem Haushalt mindestens ein Kind gehört. Die Vorschrift stellt also auf das Alleinstehen ab, und nicht darauf, ob der Stpfl "alleinerziehend" ist, wie die Überschrift suggeriert. So ist der Stpfl zwar alleinerziehend, wenn er für ein weiteres seiner zum Haushalt gehörenden Kinder kein Kindergeld erhält, weil das erwachsene Kind einer Erwerbstätigkeit nachgeht (vgl § 32 Abs 4 Satz 2ff EStG), aber nicht alleinstehend iSv § 24b Abs 3 EStG. Umgekehrt ist ein Stpfl mit einer miterziehenden im Haushalt arbeitenden Person (zB eine Hausangestellte), zwar nicht alleinerziehend, wohl aber alleinstehend. Vgl dazu auch Mandla, DStR 2011, 1642. Zu Einzelheiten > Rz 9 ff.
Rz. 3
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Alleinerziehende verweisen darauf, dass sie durch das Vorhandensein eines Kindes zB in der Wohnungswahl weniger flexibel sind und ihnen Mehrbelastungen gegenüber der Haushaltsführung gemeinsam lebender Eltern entstehen, die über das normale > Existenzminimum des Kindes hinausgehen und deshalb nicht im Rahmen des Familienleistungsausgleichs (§ 31 EStG), also durch das > Kindergeld oder durch > Kinderfreibeträge und > Kinderadditive ausgeglichen werden. Die sich aus einer gemeinsamen Haushaltsführung mit einer anderen erwachsenen Person mit eigenem Einkommen (Ehegatte, Lebenspartner) ergebenden Synergieeffekte können sie nicht nutzen. Ob deshalb eine zusätzliche Entlastung von Verfassungs wegen geboten ist, mag dahinstehen, weil der Gesetzgeber vor dem Hintergrund, dass Alleinerziehende bei der Differenzierung nach Haushaltstypen statistisch das mit Abstand größte Armutsrisiko tragen (vgl 6. Armuts- und Reichtumsbericht der BReg, BT-Drs 19/29815 S 401), diese Personengruppe besonders fördern darf. Problematisch ist bei dieser Argumentation allerdings die progressionsabhängige Wirkung des Entlastungsbetrags, weil sie diejenigen stärker fördert, die vom Armutsrisiko weniger betroffen sind (vgl L/B/Pust, § 24b EStG Rz 23 mwH). Immerhin hat der Gesetzgeber ein Mehr an Lebenshaltungskosten mit der Einführung von § 24b EStG unterstellt (vgl Gesetzesbegründung BT-Drs 15/3339, 11; zudem Rz 12 in BFH 238, 72 = BStBl 2012 II, 815 und zuletzt BMF vom 23.11.2022, BStBl 2022 I, 1634 unter I). Darüber hinaus ist es aber verfassungsrechtlich nicht geboten, Alleinerziehenden einen zusätzlichen Abzugsbetrag für den Aufbau ihrer Altersversorgung zu geben (EFG 1998, 56 rkr). Auch ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, die für > Ehegatten geltende Besteuerung mit > Splitting auf Alleinstehende mit Kindern auszudehnen (BVerfG 61, 319 vom 03.11.1982 – 1 BvR 620/78, 1 BvR 1335/78, 1 BvR 1104/79, 1 BvR 363/80, BStBl 1982 II, 717; BFH in BFH/NV 2003, 157; BFH/NV 2013, 362).
Rz. 4
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
§ 24b EStG entlastet – anders als der bis zum VZ 2003 geltende Haushaltsfreibetrag – nicht mehr unverheiratete Stpfl, die mit Kind und einem Partner in Haushaltsgemeinschaft leben. Das BVerfG hält eine solche Entlastung mit dem GG für unvereinbar, weil er zusammenlebende Alleinstehende gegenüber in ehelicher Gemeinschaft lebenden Eltern bevorzugt (BVerfG 99, 24 vom 10.11.1998 – 2 BvL 42/93, BGBl 1999 I, 142 = BStBl 1999 II, 174). Die derzeitige Fassung von § 24b EStG ist verfassungskonform (BVerfG vom 22.05.2009 – 2 BvR 310/07, BStBl 2009 II, 884; BFH 215, 217 = BStBl 2007 II, 637; vgl auch BFH/NV 2008, 545).