Rz. 1
Stand: EL 120 – ET: 12/2019
Ein ArbN kann bei der Agentur für Arbeit Insolvenzgeld beantragen, wenn der ArbG zahlungsunfähig wird. Die gesetzlichen Regelungen zum Insolvenzgeld finden sich vor allem in den §§ 165–172 SGB III. Als Insolvenzgeld wird der Betrag gezahlt, den der ArbG als > Arbeitslohn für die letzten drei Monate vor dem Insolvenzereignis schuldet (> Rz 3). Insolvenzereignis ist die Eröffnung des > Insolvenzverfahren, die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit des ArbG im > Inland, weil ein Insolvenzverfahren mangels Masse offensichtlich nicht in Betracht kommt; auch bei einem ausländischen Insolvenzereignis haben im Inland beschäftigte ArbN Anspruch auf Insolvenzgeld (§ 165 Abs 1 SGB III). Hat ein ArbN wegen Unkenntnis des Insolvenzereignisses weitergearbeitet, besteht der Insolvenzgeldanspruch für die dem Tag der Kenntnisnahme vorausgehenden drei Monate (§ 165 Abs 3 SGB III).
Rz. 2
Stand: EL 120 – ET: 12/2019
Die Agentur für Arbeit kann einen Vorschuss auf das Insolvenzgeld leisten, wenn die Eröffnung des > Insolvenzverfahren über das Vermögen des ArbG beantragt und das Arbeitsverhältnis beendet ist sowie die Voraussetzungen für den Anspruch auf Insolvenzgeld mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfüllt werden (§ 168 Satz 1 SGB III); idR stellt der > Insolvenzverwalter einen diesbezüglichen Antrag. Die Agentur für Arbeit bestimmt die Vorschusshöhe nach pflichtgemäßem > Ermessen. Es ist auf das Insolvenzgeld anzurechnen und muss (ggf anteilig) erstattet werden, wenn ein Anspruch auf Insolvenzgeld nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird (§ 168 Sätze 2 bis 4 SGB III).
Diesbezügliche Ansprüche werden häufig zur Sicherheit den Kreditinstituten abgetreten, die dem Insolvenzverwalter einen Überbrückungskredit zur Verfügung stellen. Die Auszahlung des Insolvenzgelds an Dritte, an die die insolvenzgeldgesicherten Lohnansprüche des ArbN abgetreten worden sind, setzt voraus, dass die Agentur für Arbeit zugestimmt hat. Sie darf einer Übertragung oder Verpfändung nur zustimmen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch die Vorfinanzierung der Arbeitsentgelte ein erheblicher Teil der Arbeitsstellen erhalten bleibt (§ 170 Abs 4 Satz 2 SGB III; vgl auch Marschner, DB 1998, 2165; Wellensiek, BB 2000, 3 zum § 188 Abs 4 SGB III aF).
Rz. 3
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Insolvenzgeld wird iHd Nettoarbeitsentgelts gezahlt, das sich ergibt, wenn das auf die monatliche BBemG (§ 341 Abs 4 SGB III) begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge (LSt, SolZ, KiSt, ArbN-Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag) vermindert wird (§ 167 Abs 1 SGB III).
Ist der ArbN im > Inland est-pflichtig, ohne dass Steuern durch Abzug vom > Arbeitsentgelt erhoben werden, oder im Inland nicht est-pflichtig und unterliegt das Insolvenzgeld nach den für ihn maßgebenden Vorschriften nicht der Steuer, sind vom Arbeitsentgelt die Steuern abzuziehen, die bei einer ESt-Pflicht im Inland durch Abzug vom Arbeitsentgelt erhoben würden (§ 167 Abs 2 SGB III).
Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag, der auf Arbeitsentgelte für die letzten dem Insolvenzereignis vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses entfällt und bei Eintritt des Insolvenzereignisses noch nicht gezahlt worden ist, zahlt die Agentur für Arbeit auf Antrag der zuständigen Einzugsstelle; davon ausgenommen sind Säumniszuschläge, die infolge von Pflichtverletzungen des ArbG zu zahlen sind, sowie die Zinsen für dem ArbG gestundete Beiträge (§ 175 Abs 1 Satz 1 SGB III). Die Ansprüche bleiben gegenüber dem ArbG bestehen. Soweit Zahlungen geleistet werden, hat die Einzugsstelle der Agentur für Arbeit die gezahlten Beiträge zu erstatten (§ 175 Abs 2 SGB III).
Rz. 4
Stand: EL 120 – ET: 12/2019
Das Insolvenzgeld ist als Lohnersatzleistung steuerfrei (§ 3 Nr 2 Buchst b EStG), unterliegt aber dem > Progressionsvorbehalt Rz 7/1 (§ 32b Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst a EStG). Es zählt nicht zu den Vergütungen aus unselbständiger Arbeit iSv Art 15 OECD-MA und bleibt in Deutschland auch dann steuerfrei, wenn es an im > Ausland Rz 1 ansässige Personen gezahlt wird (> Doppelbesteuerung Rz 61). Mit > Belgien, > Dänemark, > Frankreich, > Luxemburg, den > Niederlande, > Österreich und der > Schweiz (Ausnahme > Grenzgänger Rz 6/1 im Verhältnis zur Schweiz) besteht Einvernehmen, dass diese Vertragsstaaten insoweit kein Besteuerungsrecht haben (vgl BMF vom 16.07.1979, BStBl 1979 I, 486 = DB 1979, 1533 zum bis 1999 gezahlten Konkursausfallgeld).
Die von der Agentur für Arbeit steuerfrei nachentrichteten SV-Beiträge werden nicht als > Sonderausgaben berücksichtigt (§ 10 Abs 2 Satz 1 Nr 1 EStG). Insolvenzgeld kann in Ermangelung eines zahlenden ArbG nicht als vwL angelegt werden (> Vermögensbildung der Arbeitnehmer).
Rz. 5
Stand: EL 120 – ET: 12/2019
Mit dem Antrag auf Insolvenzgeld gehen die Lohnforderungen, die den Insolvenzgeldanspruch begründen, auf die > Bundesagentur für Arbeit über (cessio l...