Rz. 78
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
Der ArbG muss in Abstimmung mit dem ArbN für jedes Kalenderjahr oder bei Beginn der erstmaligen Überlassung eines betrieblichen Kfz zur Privatnutzung festlegen, ob der Nutzungswert pauschal (> Rz 20 ff) oder ausnahmsweise individuell (> Rz 38 ff) ermittelt werden soll. Dies ist für Privatfahrten und für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und ggf für Familienheimfahrten einheitlich zu entscheiden (> Rz 8 f; BMF vom 03.03.2022, Rz 27, BStBl 2022 I, 232).
Ein unterjähriger Wechsel zwischen der 1-%-Regelung und der Fahrtenbuchmethode für dasselbe Kfz ist nicht zulässig (R 8.1 Abs 9 Nr 3 Satz 1 HS 2 LStR; BFH vom 20.03.2014 – BFH 245, 192 = BStBl 2014 II, 643).
Rz. 78/1
Eine rückwirkende Änderung des LSt-Abzugs (Wechsel von der pauschalen Nutzungswertmethode zur Fahrtenbuchmethode oder umgekehrt für das gesamte Kalenderjahr) ist vor Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung jedoch nach neuerer Auffassung der FinVerw möglich (> R 8.1 Abs 9 Nr 3 Satz 2 LStR; BMF vom 03.03.2022, Rz 41, BStBl 2022 I, 232; vgl > Rz 31/3 zum Wechsel von der 0,03 %-Regelung zur Einzelbewertung oder umgekehrt).
Rz. 78/2
Die Fahrtenbuchmethode kann nur dann zugrunde gelegt werden, wenn der ArbN das Fahrtenbuch für den gesamten Veranlagungszeitraum führt, in dem er das Fahrzeug nutzt (BFH 245, 192 = BStBl 2014 II, 643). Wird dem ArbN dagegen im Laufe des Jahres ein anderes Kfz überlassen, kann im Zeitpunkt des Fahrzeugwechsels die Bewertungsmethode erneut gewählt werden. Bei der Nutzung mehrerer Fahrzeuge kann die Methodenwahl auf das einzelne Fahrzeug bezogen ausgeübt werden (BFH 193, 101 = BStBl 2001 II, 332).
Rz. 79
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
Nach Ablauf des Kalenderjahres kann bei der > Veranlagung von Arbeitnehmern anstelle der zu Beginn des Jahres gewählten, die jeweils andere Bewertungsmethode gewählt werden, jedoch für dasselbe Kfz nur einheitlich für das gesamte Jahr (> R 8.1 Abs 9 Nr 3 Satz 5 LStR). Wählt der ArbN/Stpfl anstelle der pauschalen die individuelle Bewertung, so setzt dies voraus, dass er ein > Fahrtenbuch geführt hat (> Rz 40 ff). Außerdem muss der ArbG die tatsächlichen Aufwendungen ermittelt haben und sie dem ArbN bescheinigen; hierzu kann der ArbG verpflichtet sein (BAG vom 19.04.2005 – 9 AZR 188/04, BFH/NV 2005, Beilage 4, 429 = DB 2005, 1691). Ergibt der Vergleich des bisher pauschal ermittelten und entsprechend versteuerten geldwerten Vorteils mit dem individuell ermittelten geldwerten Vorteil einen Unterschied zugunsten des ArbN, mindert der Unterschiedsbetrag den in der > Lohnsteuerbescheinigung des ArbG ausgewiesenen Bruttoarbeitslohn.
Rz. 80
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
Ermittelt der ArbG den geldwerten Vorteil im Wege des Einzelnachweises von Aufwendungen und Nutzungen, wird der tatsächliche Wert für die Lohnabrechnung noch nicht zur Verfügung stehen. Deshalb werden der monatlichen Lohnabrechnung meist zunächst geschätzte Werte zugrunde gelegt, so im Jahr der Anschaffung eines Kfz, idR aber 1/12 des für das vorangegangene Kalenderjahr ermittelten Betrags (> R 8.1 Abs 9 Nr 3 Satz 3 LStR). Nach Ablauf des Kalenderjahres oder bei Beendigung des Dienstverhältnisses ist dann der tatsächliche Wert steuerlich auszuwerten; ein Überschuss führt zu einer Minderung, eine bis dahin nicht versteuerte Differenz ist nach Maßgabe von § 41c EStG oder § 42b EStG (> Lohnsteuer-Jahresausgleich) zu versteuern (> R 8.1 Abs 9 Nr 3 Satz 4 LStR).
Rz. 81
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
Für den > Arbeitgeber kann es vorteilhaft sein, sich bei Überlassung eines betrieblichen Kfz das schriftliche Einverständnis des ArbN zur pauschalen Bewertung des geldwerten Vorteils aus der Privatnutzung geben zu lassen. Erklärt sich der Betrieb nämlich bereit, die LSt nach Maßgabe der individuellen Benutzung des Kfz, die durch ein > Fahrtenbuch (> Rz 40 ff) nachzuweisen ist, zu erheben, treffen ihn die Folgen etwaiger Mängel der Fahrtenbuchführung. Zu einer Überwachungspflicht des ArbG hinsichtlich der Führung der Fahrtenbücher und möglicher Schadenersatzansprüche vgl BFH 261, 313 = BStBl 2018 II, 600.
Außerdem kann der ArbN – wenn er nach Ablauf des Kalenderjahres bei seiner Veranlagung statt der pauschalen Bemessung des geldwerten Vorteils zum Einzelnachweis übergehen will – unter Umständen vom ArbG verlangen, dass die entstandenen Aufwendungen für das ihm zugewiesene Fahrzeug gesondert ermittelt und ihm mitgeteilt werden (BAG vom 19.04.2005, > Rz 79). Bringt der ArbN bei individueller Bewertung die notwendigen Daten nicht bei, kann der ArbG nach der 1-%-Regelung besteuern (LAG Köln vom 27.10.2011 – 7 Sa 560/11, BeckRS 2012, 74 381).
Rz. 81/1
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
Zum Verfahren, wenn der geldwerte Vorteil aufgrund der Nutzung des Kfz für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte weder pauschal noch individuell, sondern durch Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten ermittelt werden soll (> Rz 31–31/2), vgl BMF vom 03.03.2022, Rz 13, BStBl 2022 I, 323.