Rz. 10
Stand: EL 106 – ET: 06/2015
Das LSt-Ermäßigungsverfahren, das vordem in § 40 EStG, §§ 17ff LStDV geregelt war, hat seit 1975 seine gesetzliche Grundlage in § 39a EStG; diese Vorschrift wurde durch das EStRG vom 05.08.1974 (BGBl 1974 I, 1769 = BStBl 1974 I, 530) in das EStG eingefügt. Danach ist § 39a EStG mehrfach geändert worden.
Rz. 11
Stand: EL 106 – ET: 06/2015
Änderungen bis 1998: Bis 2012 gab es die > Lohnsteuerkarte auf Papier (> Rz 21). Bemessungsgrundlage für den auf der Steuerkarte einzutragenden Freibetrag waren zunächst ausschließlich die mit dem Arbeitslohn zusammenhängenden WK; außerdem bestimmte SA und die AgB. Diese grundsätzliche Beschränkung von steuermindernden Beträgen auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (einschränkend > Rz 12) beruhte auf der Erwägung, dass der LSt-Abzug durch den ArbG im Prinzip die Besteuerung abschließt (§ 46 Abs 4 EStG). Eine Einbeziehung von Verlusten aus anderen Einkunftsarten war deshalb systemfremd, weil dem LSt-Abzug – anders als bei der Festsetzung von > Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer – keine Veranlagung folgen muss. Im Übrigen bestand angesichts der weithin bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse von ArbN – von wenigen Einzelfällen abgesehen – bei seiner Einführung kein Bedarf, das LSt-Ermäßigungsverfahren auszuweiten. Hieraus die "Geschichte der Benachteiligung von Arbeitnehmern" abzuleiten (Drenseck, StuW 1991, 232), erscheint überzogen. Eine Veranlagung der Mehrzahl aller ArbN war von diesen gar nicht erwünscht; sie wäre zudem für die FÄ nicht durchführbar gewesen, die selbst heute unter Einsatz modernster Technik an die Grenzen ihrer Möglichkeiten stoßen (vgl ergänzend > Lohnsteuer Rz 3 – 6). Auch das BVerfG hatte es nicht beanstandet, dass beim Steuerabzug vom Arbeitslohn Verluste aus anderen Einkunftsarten grundsätzlich nicht berücksichtigt werden (BVerfG 43, 231 = BStBl 1977 II, 297). Ebenso hat BFH 122, 292 = BStBl 1977 II, 650 dies im Hinblick auf das Massenverfahren und die ausgleichende Wirkung des erst 1990 abgeschafften Arbeitnehmer-Freibetrags (§ 19 Abs 4 EStG aF) billigend in Kauf genommen.
Rz. 12
Stand: EL 106 – ET: 06/2015
Gleichwohl ist schon in § 40 Abs 1 Nr 5 EStG 1961 zugelassen worden, den Verlust aus Vermietung und Verpachtung, der aus der Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen nach § 7b EStG – später kamen § 54 EStG sowie § 14a, § 15 BerlinFG hinzu – entstand, als Freibetrag auf der Steuerkarte einzutragen. Das war eine zunächst begrenzte Ausnahme. Sie sollte ArbN mit Anspruch auf eine Steuerbegünstigung nach diesen Vorschriften schon im Laufe des Kalenderjahres eine Steuerermäßigung als Liquiditätshilfe beim Bau oder Erwerb von Wohnungseigentum bringen. Diese Ausnahme ist im Laufe der Zeit auf andere Steuerbegünstigungen beim Erwerb von Wohnungseigentum ausgedehnt worden, blieb aber zunächst auf die Einkünfte aus VuV beschränkt. Zur Entwicklung im Einzelnen vgl Unvericht, DStR 1991, 15 und > Rz 14.
Rz. 13
Stand: EL 106 – ET: 06/2015
Diese Beschränkung des Ermäßigungsverfahrens begegnete zunehmend verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl Drenseck, FR 1989, 261; derselbe, StuW 1991, 232; Neeb, DStZ 1989, 446; Unvericht, aaO; K/S/M/Trzaskalik, § 38 EStG Rdnr A 16ff). Daran ist richtig, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Vielzahl abhängig Beschäftigter im Laufe der Jahre deutlich verbessert haben und zu Einkünften auch aus anderen Einkunftsarten als solchen aus nichtselbständiger Arbeit führen. Der LSt-Abzug schließt zwar grundsätzlich immer noch die Besteuerung ab (vgl § 46 Abs 4 EStG); gleichwohl wird die Mehrzahl der ArbN inzwischen veranlagt (> Statistik Rz 10). Außerdem führt ein Ermäßigungsverfahren seit dem VZ 1993 – sofern nicht lediglich ein > Behinderten-Pauschbetrag oder > Hinterbliebenen-Pauschbetrag eingetragen wird – zu einer Veranlagung von Amts wegen (§ 46 Abs 2 Nr 4 EStG; > Veranlagung von Arbeitnehmern Rz 80 ff), ist also wie die Festsetzung von Vorauszahlungen nunmehr zumindest insoweit ein vorläufiges Verfahren. Schließlich ist der Arbeitnehmer-Freibetrag (§ 19 Abs 4 EStG aF) 1990 abgeschafft worden und damit ein pauschaler Ausgleich für die ArbN durch überhöhten LSt-Abzug entstehenden Zinsnachteile. Hinzu kommt schließlich, dass das BVerfG erkannt hat, es sei mit dem Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) unvereinbar, wenn bei ArbN Absetzungen gemäß § 7 Abs 5 EStG für ein in Teilen selbstgenutztes ZFH erst bei der Veranlagung berücksichtigt werden, während bei anderen Stpfl deswegen die Vorauszahlungen gemindert werden (BGBl 1991 I, 2170).
Rz. 14
Stand: EL 106 – ET: 06/2015
Nachdem BFH 167, 152 = BStBl 1992 II, 752 aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Gleichstellung von LSt zahlenden ArbN mit anderen Stpfl gefordert hatte, wurde ab dem Jahr 1994 eine Angleichung an das Verfahren zur Festsetzung von Vorauszahlungen (§ 37 EStG) vorgenommen. Die negative Summe der Einkünfte aus den Einkunftsarten 1 bis 3 (Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständige Arbeit), 6 (Vermietung und Ver...