Zusammenfassung
Auf einen Blick: Auf Antrag des ArbN bildet das FA für im Laufe des Kalenderjahres zu erwartende erhöhte Aufwendungen einen Freibetrag (§ 39a EStG) und andere LSt-Abzugsmerkmale, die zu einer Minderung der Steuerabzüge führen. Dieses Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren wird hier ausführlich dargestellt. |
A. Allgemeines
I. Einführung
Rz. 1
Stand: EL 106 – ET: 06/2015
Beim LSt-Abzug ist der ArbG verpflichtet, die LSt sowie Annexsteuern (> Kirchensteuer, > Solidaritätszuschlag) unter Berücksichtigung der > Lohnsteuerabzugsmerkmale iSv § 39 EStG des ArbN zu ermitteln (§ 38a Abs 4, § 39e Abs 5 EStG); sie sind für ihn > Grundlagenbescheid Rz 4 ff und in das > Lohnkonto des ArbN zu übernehmen (§ 39e Abs 4 Satz 2 EStG). Seit Beginn des in § 39e EStG geregelten ELStAM-Verfahrens ab 2013 (> Rz 21; zu den Einzelheiten vgl ausführlich BMF vom 07.08.2013, BStBl 2013 I, 951 und > Lohnsteuerabzugsmerkmale) stellt das > Bundeszentralamt für Steuern die persönlichen Besteuerungsmerkmale eines jeden ArbN für den LSt-Abzug dem ArbG im Internet zum Abruf zur Verfügung. Der ArbG ist grundsätzlich zum Abruf auf elektronischem Wege verpflichtet (§ 39e Abs 4 Satz 2, Abs 5 Satz 3 EStG; zu Ausnahmen vgl § 39e Abs 7, 8 EStG sowie > Rz 90 ff). Zur formalen Bekanntgabe der ELStAM > Rz 26, 27.
Rz. 2
Stand: EL 106 – ET: 06/2015
Bestimmte LSt-Abzugsmerkmale werden vom BZSt in der ELStAM-Datenbank automatisiert gebildet (ergänzend > Rz 32). Das betrifft als Basismerkmale die > Steuerklassen und die Zahl der > Kinderfreibeträge (§ 39e Abs 1 Satz 1 EStG). Die dazu erforderlichen Daten werden dem BZSt von der > Kommunale Meldebehörde im Wege der > Elektronische Kommunikation mitgeteilt (§ 39e Abs 2 EStG). Weitere LSt-Abzugsmerkmale – Zusatzmerkmale – werden dem BZSt vom Finanzamt übermittelt (§ 39 Abs 1 Satz 2 iVm § 39e Abs 1 Satz 2 EStG). Hierbei handelt es sich vor allem um die vom FA auf Antrag des ArbN nach § 39a EStG durchgeführte Feststellungen im LSt-Ermäßigungsverfahren.
Rz. 3
Stand: EL 106 – ET: 06/2015
Durch die Steuerklasse des ArbN (> Steuerklassen) können bei der Ermittlung der vom ArbG einzubehaltenden LSt (> Lohnsteuertarif Rz 1) der > Grundfreibetrag Rz 1, der > Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, der > Arbeitnehmer-Pauschbetrag und der Sonderausgaben-Pauschbetrag (> Sonderausgaben Rz 121) berücksichtigt werden, soweit die Voraussetzungen hierfür jeweils vorliegen. Andere Frei- und Pauschbeträge werden vom ArbG beim LSt-Abzug ohne Weiteres berücksichtigt; dazu gehören der WK-Pauschbetrag von 102 EUR bei > Versorgungsbezüge, der > Altersentlastungsbetrag (> Lohnsteuertarif Rz 41) sowie die > Vorsorgepauschale (> Rz 73). Einer weiteren Feineinstellung der individuellen Steuerlast dient das vom ArbN beim FA zu beantragende Faktorverfahren (> Rz 110 ff).
Rz. 4
Stand: EL 106 – ET: 06/2015
Die Zahl der Kinderfreibeträge ermöglicht es, den SolZ und die KiSt unter Berücksichtigung der > Kinderfreibeträge zutreffend zu ermitteln. Die Zahl der Freibeträge für Kinder über 18 Jahre übermittelt das FA – auf Antrag des ArbN – als LSt-Abzugsmerkmal an das BZSt (§ 39 Abs 1 Satz 2, § 39e Abs 1 Satz 2 iVm § 38b Abs 2 EStG). Die Praxis behandelt diese Aufgabe trotz § 38b Abs 2 EStG als Teil des dem FA obliegenden Ermäßigungsverfahrens, das in § 39a EStG geregelt ist. Es wird deshalb in diese Darstellung des LSt-Ermäßigungsverfahrens einbezogen (> Rz 38 ff).
Rz. 5
Stand: EL 106 – ET: 06/2015
Auf Antrag des ArbN gewährt ihm sein FA (> Rz 85 ff) für die im Laufe des Kalenderjahres zu erwartenden erhöhten Aufwendungen einen individuellen Freibetrag. Der Freibetrag führt zu einer weiteren Minderung der Steuerabzüge, weil der ArbG ihn als LSt-Abzugsmerkmal berücksichtigen (§ 39e Abs 5 iVm § 39 Abs 4 Nr 3 EStG) und vom Arbeitslohn abziehen muss, bevor er die LSt ermittelt (§ 39b Abs 2 Satz 4 EStG; > Lohnsteuertarif Rz 3).
Rz. 6
Stand: EL 106 – ET: 06/2015
Sofern die Voraussetzungen des § 39a EStG vorliegen, hat der ArbN einen Rechtsanspruch auf Feststellung eines Freibetrags; das FA darf ihn nicht darauf verweisen, dass er den Antrag erst stellen soll, wenn die Aufwendungen angefallen sind (BFH 103, 477 = BStBl 1972 II, 139).
Rz. 7
Stand: EL 106 – ET: 06/2015
Statt einen Freibetrag zu beantragen, kann der ArbN während des laufenden Jahres darauf verzichten, steuermindernde Tatsachen geltend zu machen, und dies erst bei einer > Veranlagung von Arbeitnehmern tun. Er hat also ein Wahlrecht und kann entweder die Feststellung eines steuerfreien Betrags oder einer günstigeren Steuerklasse mit oder ohne Faktor und einer höheren Zahl von Kinderfreibeträgen beantragen und dadurch von vornherein eine geringere Steuer entrichten. Er kann aber auch zunächst eine höhere Steuer entrichten und nach Ablauf des Jahres die Erstattung der überzahlten LSt bei seiner Veranlagung zur ESt beantragen (‚Sparkasseneffekt‘). Der ArbN kann auch beide Verfahren nebeneinander anwenden, indem er einen Freibetrag feststellen lässt und andere noch nicht berücksichtigte Aufwendungen zusätzlich erst bei der Veranlagung gelt...