Rz. 16

Stand: EL 127 – ET: 08/2021

Zur Fallgruppe der Geh- und Stehbehinderten gehört ein Mensch mit Behinderungen, dem die Versorgungsbehörde im Ausweis

einen GdB 80 und mehr ohne weitere Voraussetzungen oder
einen GdB 70 oder 75 und Merkzeichen "G" bescheinigt hat. Das ist ein in seiner Beweglichkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigter Stpfl (§ 152 Abs 1 SGB IX iVm § 3 Nr 2 SchwbAwV). Die Geh- und Stehbehinderung kann auch Folge eines inneren Leidens oder von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit sein, wenn der Stpfl dadurch nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder ohne erhebliche Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Enthält der Ausweis nicht das Merkzeichen "G", ist der entsprechende Nachweis durch einen Bescheid der zuständigen Behörde (idR Versorgungsamt) zu führen.

Ist der GdB niedriger als 70, so konnte der Aufwand für Privatfahrten von 3 000 km (> Rz 17) nicht ohne zusätzliche Nachweise (zB Eintragung eines "G" im Schwerbehindertenausweis) und Angaben darüber, welche Mehraufwendungen durch die Gehbehinderung entstehen, berücksichtigt werden (BFH 116, 378 = BStBl 1975 II, 825).

 

Rz. 17

Stand: EL 127 – ET: 08/2021

Als AgB berücksichtigt wurden nur Aufwendungen für Fahrten, die durch die Behinderung unvermeidlich veranlasst sind. Sie mussten dem FA grundsätzlich nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden und sich in einem angemessenen Rahmen halten. Ohne Weiteres erkannte das FA im Regelfall einen Aufwand für private Fahrtkosten von insgesamt 3 000 km jährlich als angemessen an (H 33.1–33.4 EStH). Das ergibt beim zulässigen Ansatz des Km-Satzes von 0,30 EUR (> Kilometer-Pauschalen Rz 5) einen Aufwand von 900 EUR. Dabei handelt es sich um eine vertretbare > Schätzung (BFH 99, 359 = BStBl 1970 II, 680 mwN). Eine höhere Fahrleistung als 3 000 km bedurfte besonderer > Glaubhaftmachung (> Rz 20).

 

Rz. 18

Stand: EL 127 – ET: 08/2021

Benutzten beide > Ehegatten denselben PKW, konnte das FA für jeden Kfz-Kosten für Privatfahrten von 3 000 km nach § 33 EStG aF berücksichtigen (EFG 1994, 251). Zur Vereinfachung wurden auch dann 3 000 km angesetzt, wenn der Stpfl selbst nicht behindert ist, auf ihn aber der Pauschbetrag des § 33b Abs 1 bis 3 EStG aF eines schwer geh- und stehbehinderten Menschen übertragen worden ist (§ 33b Abs 5 EStG aF); zusätzliche behinderungsbedingte Fahrten waren nachzuweisen. Nahm ein Kind mit Behinderungen neben anderen Familienangehörigen (ohne Behinderungen) an einer Fahrt teil, die nicht vornehmlich in seinem Interesse unternommen wurde, sondern nur, weil es auf die Betreuung der Eltern angewiesen ist, so war die Fahrt nicht durch die Behinderung veranlasst und damit nicht außergewöhnlich (BFH/NV 2008, 780); das galt zB für Fahrten der Eltern zum Einkaufen oder im Freizeitinteresse (EFG 2005, 877). Ist der Stpfl selbst schwer geh- und stehbehindert und wird zusätzlich der > Behinderten-Pauschbetrag für ein Kind auf ihn übertragen, konnte der Kilometeransatz von 3 000 km angemessen erhöht werden; das galt allerdings nur für solche Fahrten, an denen der Mensch mit Behinderungen teilgenommen hat (BFH 116, 378 = BStBl 1975 II, 825; H 33.1–33.4 EStH – Fahrtkosten behinderter Menschen); die beim Stpfl entstandenen behinderungsbedingten Zusatzkosten waren nachzuweisen (> Rz 20).

 

Rz. 19

Stand: EL 127 – ET: 08/2021

Bei Übertragung des > Behinderten-Pauschbetrag wurden Kfz-Kosten unabhängig davon als AgB iSv § 33 EStG berücksichtigt, ob der Mensch mit Behinderungen selbst oder der Stpfl, auf den der Pauschbetrag gemäß § 33b Abs 5 EStG aF übertragen worden ist, die Kfz-Kosten getragen hat (BFH 197, 455 = BStBl 2002 II, 198). Die Aufwendungen für Fahrten zum Besuch eines Kindes mit Behinderungen konnten die Eltern nur abziehen, wenn sie ausnahmsweise Krankheitskosten sind; ergänzend > Außergewöhnliche Belastungen Rz 75 Besuch von Angehörigen, > Krankheitskosten Rz 10 Besuchsfahrten.

 

Rz. 20

Stand: EL 127 – ET: 08/2021

Privatfahrten von mehr als 3 000 km jährlich konnte das FA ausnahmsweise als AgB anerkennen, wenn die Fahrten durch die Behinderung verursacht und zwangsläufig waren, weil der Stpfl mit Behinderungen zur Fortbewegung auf einen PKW angewiesen ist und die Fahrt dem Grunde nach notwendig war. Mit einem > Fahrtenbuch oder anhand einer Aufstellung musste der Umfang der behinderungsbedingten Privatfahrten nachgewiesen werden (BFH 91, 523 = BStBl 1968 II, 415; EFG 1991, 325; 1994, 488); dies galt auch für die ersten 3 000 km.

 

Rz. 21

Stand: EL 127 – ET: 08/2021

Es wurde nicht so sehr auf die Außergewöhnlichkeit der mit den Fahrten verbundenen Aufwendungen abgestellt, denn – anders als bei der Jahrzehnte zurückliegenden Einführung der Regelung – entstehen heutzutage einer großen Masse an Stpfl Aufwendungen für die Benutzung eines PKW für Privatfahrten (vgl BFH 205, 74 = BStBl 2004 II, 453). Es kam also darauf an, ob der Stpfl den Weg statt mit dem PKW – hätte er keine Behinderungen –...

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